Hagen. 47.172 Menschen in Hagen haben keinen deutschen Pass. Sie begehen 44 Prozent der Straftaten. Die Polizei wird ziemlich deutlich.
Der Satz deutet an, in welch schwierigem Zwischenverhältnis sich das Hagener Polizeipräsidium befindet, das zurecht stolz auf die beste Aufklärungsquote bei Straftaten im ganzen Bundesland sein kann. „Wir sind keine Soziologen“, sagt Ursula Tomahogh, Chefin der 1300 Kollegen großen Behörde. Der Satz wirkt wie aus dem diplomatischen Dienst. Er ist ihre Antwort darauf, ob diese Stadt nicht dringend Hilfe braucht mit Blick auf die ungeregelte Zuwanderung in ihr Gebiet. „Die Herausforderungen werden immer größer“, sagt sie. 44 Prozent aller Straftaten in Hagen, wo rund 197.000 Menschen leben, werden von Nicht-Deutschen begangen, also von Menschen mit ausländischem Pass. Zur Einordnung: Die Zahl der Nicht-Deutschen in Hagen lag zuletzt bei 47.172.
Taschendiebstahl: 80 Prozent. Wohnungseinbruch: 63 Prozent. Ladendiebstahl: 57 Prozent. Straftaten gegen das Leben: 50 Prozent. Schwere Körperverletzungen: 47 Prozent. Gemeint ist immer der Anteil der nicht-deutschen Bevölkerung an den Gesamtaten des jeweiligen Bereiches. Auffällig dabei: Verhältnismäßig kleinere Gemeinschaften erzielen größere kriminellere Wirkung. Beispiel: die Rumänen. 4878 von ihnen leben in Hagen. Damit machen sie lediglich zehn Prozent der nicht-deutschen Bevölkerung aus. Unter allen Nicht-Deutschen, die Straftaten begehen, schaffen sie es aber auf einen Anteil von 20 Prozent. Es folgen Türken (10 Prozent), Syrer (9 Prozent) und Bulgaren (6 Prozent).
Förderprogramm läuft ersatzlos aus
„Wir nehmen hier kein Blatt vor den Mund“, sagt Tomahogh. Weswegen zum ersten Mal seit Jahrzehnten der Pressekonferenzen zur Kriminalitätsstatistik auch ein Reporter des Nachrichtenmagazins Spiegel mit am Tisch sitzt. In Hagen reden sie längst offen über die Zusammenhänge von Zuwanderung und steigender Kriminalität. Und kaum eine Stadt in NRW ist so ein Brennglas für die Entwicklungen wie Hagen. Den WP-Bericht darüber, dass das Düsseldorfer Förderprogramm, das die Integration der EU-Zuwanderer in Hagen unterstützt, zum Jahresende ersatzlos ausläuft, habe man im Polizeipräsidium deswegen mit „ziemlicher Verwunderung“ gelesen.
Reul: „Hagen braucht dringend Hilfe“
Im Februar 2023 hatte die Stadtredaktion Innenminister Herbert Reul (CDU) in die Alleestraße eingeladen. Ein Spaziergang im „Brennpunkt“, wie Reul die Straße selber nannte. Hagens OB hatte zuvor erklärt, dass die Stadt der Zuwanderung nicht mehr gewachsen sei. „Hagen schafft das nicht mehr alleine ohne Hilfe vom Land, mehr aber noch vom Bund“, sagte Reul damals. Passiert ist bis heute nichts. Angesprochen darauf, ob nicht auch die Polizeipräsidentin mit Blick auf die Kriminalitätszahlen Druck beim Minister erzeugen könnte, sagt sie, dass die Gesprächsdrähte kurz seien. Dem Minister sei das Thema bekannt.
Insgesamt geht die Kriminalität in Hagen indes zurück. 18.028 Straftaten gab es 2023. Knapp 200 weniger als im Vorjahr. Die Aufklärungsquote stieg an. Auf 60 Prozent. Der Top-Wert im Land. „Es freut mich, dass die gute Arbeit einiger Ermittlungskommissionen Früchte trägt“, sagt Ursula Tomahogh. Und: Die neu gegründeten Polizeisonderdienste funktionieren. Sie sind in den Problembereichen Hauptbahnhof, Altenhagen und Wehringhausen aktiv.
Gewaltkriminalität unverändert
Die Gewaltkriminalität bleibt unverändert hoch mit 765. Die Aufklärungsquote allerdings: knapp 80 Prozent. Die Zahl der Raubtaten sank von 242 auf 174. Die Ermittlungsarbeit diverser Kommissionen funktionierte. Ermittler des Kommissariats ließen zudem eine marrokanische Gruppe jugendlicher Täter hochgehen, die allein in Hagen 28 Straftaten begangen hatte. Die WP wird zeitnah über weitere Bereiche der Kriminalitätsstatistik in Hagen berichten.