Hagen. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs hat sich vieles geändert in Europa. Das spürt auch die Firma Stahlkontor aus Hagen, die Wehrtechnik produziert.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat der Rüstungsindustrie auch in Deutschland mächtig Auftrieb gegeben. Die NATO unterstützt die Ukrainer mit Waffen und Munition, auch die eigene Verteidigungsbereitschaft will das Militärbündnis stärken. Davon profitiert die Firma Stahlkontor aus Hagen, ein renommierter Hersteller in der wehrtechnischen Industrie.

Die Stahlkontor GmbH ist ein bedeutender Zulieferer von solch prominenten Rüstungskonzernen wie der Rheinmetall AG und stellt Baugruppen und fertig montierte Module wie Luken und Türen her. „Im Bereich der Panzerstahlbearbeitung gehören wir zu den international führenden Anbietern“, berichtet Heiko Drawe (56), gemeinsam mit Stefan Kröger (58) Geschäftsführer des an der Preußerstraße in Haspe beheimateten Traditionsunternehmens.

Die Firma Stahlkontor investiert viel Geld in die Weiterentwicklung ihres Standorts an der Preußerstraße.
Die Firma Stahlkontor investiert viel Geld in die Weiterentwicklung ihres Standorts an der Preußerstraße. © WP | Michael Kleinrensing

100 neue Mitarbeiter eingestellt

Der seit 2022 andauernde Krieg im östlichen Europa hat zu einem ungeahnten Aufschwung geführt. Allein in den vergangenen zwölf Monaten habe man rund 100 neue Mitarbeiter einstellen können, verweisen Drawe und Kröger auf eine erfolgreiche Personalakquise. Um den gestiegenen Bedarf decken zu können, hat das Unternehmen sowohl einen Personalrecruiter als auch einen Talentmanager sowie mehrere Schweißlehrer eingestellt und plant überdies eine Ausbildungsakademie zu gründen, um die neuen Mitarbeiter entsprechend weiter zu qualifizieren. „Damit sind wir sehr erfolgreich, wenngleich der Bewerbermarkt hart umkämpft ist“, sagt Drawe, der seit 24 Jahren bei Stahlkontor tätig ist und 2014 zum Geschäftsführer aufrückte.

Die Firma investiert aber nicht nur in Personal, sondern auch in Maschinen. So steht die Anschaffung einer gigantischen Biegepresse ebenso bevor wie die einer ebenso riesigen Fräsmaschine. Allein für letzteres Ungetüm muss ein mit 61 Tonnen Stahl versehenes Fundament angelegt werden, damit der Boden nicht nachgibt und beim Fräsen von hochfesten Stählen Stabilität und Genauigkeit gewährleistet bleiben.

Die Firma Stahlkontor ist ein Systemlieferant für Teile und Baugruppen aus hochfesten Stählen und Panzerstählen für Wehrtechnik, Schutztechnik und die Luftfahrtindustrie. 
Die Firma Stahlkontor ist ein Systemlieferant für Teile und Baugruppen aus hochfesten Stählen und Panzerstählen für Wehrtechnik, Schutztechnik und die Luftfahrtindustrie.  © WP | Michael Kleinrensing

Unternehmen investiert 20 Millionen Euro

Rund 20 Millionen Euro investiert Stahlkontor in den nächsten Jahren in den Abriss alter und den Bau neuer Hallen, die in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut geplant wurden und neben neuen Fertigungstechnologien moderne, optimale logistische Bedingungen mit sich bringen. Überhaupt scheint ja die Preußerstraße ganz im Besitz der Stahlkontor-Fabriken und -hallen zu sein, andererseits kann sich das expandierende Unternehmen hier nicht weiter entfalten. Mittlerweile hat die Firma, in der 360 Mitarbeiter im Drei-Schicht-Betrieb tätig sind, deshalb weitere Standorte in Hagen angemietet. Aber auch in Polen will Stahlkontor sich demnächst mit einer eigenen Produktionsstätte niederlassen.

Die Firma mit dem markanten Bären im Emblem ist Teil der Hasper Metalltradition und im Stadtteil ein ausgesprochen beliebter Arbeitgeber. So mancher Mitarbeiter gehört seit über 30 Jahren zum Unternehmen, das 2019 zudem als besonders familienfreundlich ausgezeichnet wurde. Produktionsleiter Manfred Günther ist jedenfalls zufrieden: „Ich wohne in Haspe und könnte es gar nicht besser treffen.“

Nicht hinterm Berg halten mit dem, was man tut

Zur Philosophie der Geschäftsführung gehört es auch, den Mitarbeitern gegenüber offen zu erläutern, welche Positionen im Markt das Unternehmen einnimmt und welche Aufträge es bekommt. Das sei besonders wichtig in dem sensiblen Bereich, in dem sich Stahlkontor bewege, betont Drawe: „Wenn man die Belegschaft nicht hinter sich hat, kann man notwendige Veränderungen nicht realisieren. Wir erarbeiten gemeinsam mit unseren Mitarbeitern die Missionen und Visionen, die für unsere tägliche Umsetzung der gestellten Herausforderungen maßgeblich sind.“

Den Stahlkontor-Managern ist natürlich nicht entgangen, dass sich die Stimmung in der Bevölkerung seit Beginn des Ukraine-Krieges grundlegend gewandelt hat und sich die wehrtechnische Industrie nicht schamhaft verstecken muss. „Wir halten nicht hinterm Berg mit dem, was wir tun.“

Die wehrtechnische Industrie findet seit Ausbruch des Ukraine-Krieges wieder Anerkennung in Politik und Bevölkerung.
Die wehrtechnische Industrie findet seit Ausbruch des Ukraine-Krieges wieder Anerkennung in Politik und Bevölkerung. © WP | Michael Kleinrensing

Komponenten für die Airbus-Flotte

Vom 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für die Bundeswehr, das Kanzler Olaf Scholz auf den Weg gebracht hat, sei in Haspe indes noch nichts angekommen, berichtet Heiko Drawe: „Immerhin stehen wir in Verhandlungen. Es dauert halt seine Zeit, bis solch ein Programm umgesetzt werden kann.“

Doch die Wehrtechnik ist neben Luftfahrt, Industrie und Schienenverkehr nur ein Standbein, auf dem die Stahlkontor GmbH steht. So kommt jeder Fluggast, der ein Airbus-Flugzeug besteigt, mittelbar mit einem Produkte made in Haspe in Berührung, denn aus der Fabrik in der Preußerstraße stammen verschiedenste Komponenten für unterschiedlichste Flugzeugtypen aus der Airbus-Flotte.

Der Stahlkontor-Bär, einst entstanden als identifizierende Prägung auf den Stahlprodukten aus der Preußerstraße, wurde über die Jahrzehnte mehrmals relauncht und soll Stärke demonstrieren. Dass er Ecken und Kanten hat, unterstreicht diese Symbolik.