Breckerfeld. 100 Tonnen wiegt ein Schwertransport, der einen 67 Meter langen Flügel für ein Windrad durch Breckerfeld bringt. Wie hat‘s funktioniert.
All das weckt Erinnerungen an die Kindheit: Fernbedienung in der Hand, Steuerknüppel, Gas geben, abbremsen, lenken. Dieses ferngesteuerte Auto aber hat Dimensionen, die man kaum greifen kann. 100 Tonnen schwer, 70 Meter lang. Dabei rollt der Transporter nicht mal so schnell wie ein ferngesteuerter Flitzer.
Windrad: Schwertransport durch Breckerfeld in Bildern
Ferngesteuert ist aber auch dieses Gefährt der Firma Adams aus Luxemburg, das sich an den Kreisverkehren in Breckerfeld nur Zentimeter für Zentimeter voran bewegt. Es ist der erste von insgesamt sechs Schwertransporten, der die Flügel für zwei Windräder bringt, die gerade am Rafflenbeuler Kopf direkt hinter der Stadtgrenze auf Hagener Gebiet entstehen.
Zehn Windräder in Hagen
Ferngesteuert ist es gleich zweifach. Weil das Gefährt selbst voranrollen muss. „Und weil es möglich ist, die Ladung, also den Flügel, zu drehen und ihn anzuheben“, sagt Bauleiter Salvador Villalpando von der Firma SL Windenergie, die das Projekt realisiert. „Das funktioniert bis zu einem Winkel von 60 Grad.“
Villaplando steht in gelber Warnweste am Straßenrand, geht immer wieder ein paar Schritte mit, blickt den Flügel empor, der sich in den Nachthimmel über der Hansestadt reckt und wieder hinab auf das außergewöhnliche Gefährt, das mit all seinen Reifen und Achsen, die das Gewicht tragen, wie ein Tausendfüßler mit Wanderrucksack wirkt. Für ihn ist es das letzte Stück, die Finale Etappe, des Transports, der an einer Baustelle in einem Waldstück enden wird.
Zehn Windräder baut SL Windenrgie insgesamt in Hagen. Das Projekt, das über Zurstraße und vorbei am kleinen Örtchen Rafflenbeul angefahren werden muss, zählt zu den aufwändigsten.
Was vor allem mit der komplexen Route zu tun hat, die dieser und die kommenden Schwertransporte nehmen müssen. „Eigentlich hätten wir von der Autobahn 45 in Hagen Süd abfahren können“, sagt Stefanie Flam, Sprecherin von SL Windenergie, „von dort aus wären es nur acht Kilometer bis zur Baustelle gewesen. Wenn das funktioniert hätte, wären längst alle Flügel an der Baustelle.“
Langer Umweg wegen maroder Brücke
Daraus aber wurde nichts. Der Grund: eine marode Brücke, die Bauleiter Villalpando mit zwei Fingern auf seinem Smartphone heranzoomt. Es ist die Passage, die von der Eilper Straße hinauf führt auf die Bundesstraße 54 in Richtung Süden, die der Schwertransport entgegen der Fahrtrichtung hätte nehmen sollen, um dann über die Selbecker Straße hoch nach Zurstraße zu gelangen.
„Das sind vielleicht 30 Meter, die offenbar nicht tragfähig sind“, sagt Villalpando. „Das ist schon Wahnsinn. Dafür müssen wir nun von der Autobahnabfahrt Schwelm 44 Kilometer fahren.“ Dabei, so sagt er, würden Transporte wie dieser Straße nicht derart belasten, wie man allgemein annehmen könnte. „Ja, sie wiegen schwer. Aber sie rollen ja sehr langsam.“
Drei Nächte ist der Transport, der nur zwischen 22 und 6 Uhr bei vollgesperrter Straße mit maximal 15 Stundenkilometern rollen darf und von Fahrzeugen, die Abschnitte freihalten begleitet wird, unterwegs. Der Abschnitt über die L 528 von Grünenbaum bis Zurstraße ist der letzte. Einer, der wie all die anderen im Vorfeld sorgfältig geplant wurde - alles festgehalten in einem Protokoll. „Wir können nicht einfach losfahren und gucken, was uns erwartet“, sagt Salvador Villalpando.
Schwertransport kommt gut voran
Daher ist der Transport durch Breckerfeld einer, der relativ schnell vonstatten geht. „Wir sind gut unterwegs“, sagt Salvador Villalpando. Keine engen Kurven. Und keine Leitungen über der Straße, an denen die Straßenbeleuchtung aufgehängt ist. „Das hat uns in Schwelm Zeit gekostet. Aber 150 Kilometer Kabel runterzuholen, wäre zu viel Aufwand gewesen.“
In Breckerfeld, wo mehr als 100 Zuschauer an den Straßen stehen, müssen nur Ampeln verschwenkt und wieder in die richtige Position gebracht werden, als der Transport durch ist.
Windradflügel vorbei an Windmühle
Der rollt aus dem Ort heraus, symbolisch an der alten Bockwindmühle, die ja nach demselben Prinzip wie später das Windrad funktioniert, vorbei, und wird schließlich auf einem Bypass, einem eigens über eine Weide hinweg geschaffenen Weg, der von der Landstraße in Richtung des kleinen Rafflenbeul abzweigt, geparkt.
„Bis zur Baustelle fahren wir die letzten Meter bei Tageslicht“, sagt Stefanie Flam, „das ist übersichtlicher. Dort stehen viele Bäume.“ Die Windräder, gegen die sich Anwohner einst vergeblich gewehrt hatten, entstehen mitten im Wald oberhalb des Freilichtmuseums. Am Ende des Sommers sollen sie - wenn alles gut läuft - ans Netz gehen.
In Breckerfeld werden in der Zwischenzeit die Masten der Fußgängerampel im Ortskern wieder zurückverschwenkt. Ingo Strör und seine Kollegen vom Team Oberländer, einer Firma, die sich auf die Begleitung solcher Transporte spezilalisiert hat, bilden diese Nachhut. „Wir sind wirklich gut durchgekommen. Die Leute am Rand haben mitgespielt, sind an der Seite geblieben. Alles bestens.“