Hagen. Seit 15 Jahren sucht Jürgen Hofrichter einen Nachfolger für seine Hagener Werkstatt - erfolglos. Schweren Herzens bleibt nur noch die Schließung
Nein, die Entscheidung ist ihm nicht leicht gefallen. Das zeigt allein die Tatsache, dass er seit 15 Jahren keinen Nachfolger findet - und trotzdem weitermacht. Weitermacht, weil sein Herz an der Werkstatt und dem Motorradhandel hängt, den er so mühevoll in all den Jahren aufgebaut hat. „Aber die Hoffnung schwindet. Ich bin an einem Punkt, wo ich mehr von der Familie und meinen Enkelkindern haben möchte. Das ist in all den Jahren leider oft zu kurz gekommen“, sagt Jürgen Hofrichter.
Er ist jetzt 71 - oder wie er scherzhaft sagen würde: „69 b“. Er möchte noch in diesem Jahr seine Werkstatt final abschließen, „obwohl ich das wirklich ungern tue. Viele Kunden kenne ich schon etliche Jahre - mittlerweile kommen sie mit ihren Kindern oder Enkeln“, sagt der Hagener, der 1978 in Delstern angefangen hat und seit 1992 am jetzigen Standort seinen Motorradhandel samt Werkstatt im Gewerbegebiet betreibt.
Viele Erinnerungen
In den besten Zeiten beschäftigte er hier 14 Mitarbeiter und Lehrlinge. Aktuell sind sie nur noch zu zweit. „Wir haben so viel zu tun, dass wir momentan auch Aufträge ablehnen müssen, wir schaffen es nicht mehr“, gibt der 71-Jährige Einblicke.
Er hat eine kaufmännische Lehre im Kfz-Bereich absolviert, viele Jahre als Angestellter gearbeitet. „Dabei bin ich immer gerne selbst Motorrad gefahren. In Hagen gab es damals kaum Zubehör oder Bekleidung. So fing eigentlich alles an“, blickt Jürgen Hofrichter zurück und lächelt. Er eröffnete damals zunächst ein kleines Ladengeschäft mit Bekleidungsartikeln und Zubehör. Der Betrieb wuchs - erst kamen Montage, dann Technik hinzu. Und irgendwann wurde aus dem Ein-Mann-Betrieb eine freie Werkstatt. Seit 1988 ist er Vertragshändler von Kawasaki, lange Jahre auch von großen Marken wie BMW oder Ktm.
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Zu tun gab es in all den Jahren reichlich. „Damals haben an jeder Hebebühne ein Lehrling und ein Mitarbeiter gestanden - wir haben jahrzehntelang ausgebildet“, sagt der Hagener. Und wie das mit der Selbstständigkeit so ist: „Man ist stetig der Erste, der kommt. Und der Letzte, der Feierabend macht. Aber wir hatten hier tolle Jahre, haben viel erlebt.“ Er und sein Team hatten beispielsweise mal einen eigenen Wagen beim Karnevalsumzug. Bilder an der Wand in der Werkstatt dokumentieren all die schönen und kuriosen Momente.
Die Hoffnung auf ein Wunder
Der Betrieb läuft aktuell noch normal - mit dem Unterschied, dass Jürgen Hofrichter weniger Aufträge annimmt. Denn neben Verkauf von Neu- und Gebrauchträdern bietet er Reparaturen, Ersatzzeile (auch im Onlineshop), Bekleidung und mehr an. „Wir haben hier knapp 1500 Quadratmeter Grundstück“, blickt er auf seinen Betrieb, der ihm in all den Jahren viel Freude bereitet habe, auch wenn es Herausforderungen wie die Jahrhundertflut zu bewältigen gab. Aber es wäre gelogen, wenn man sagen würde, dass es nicht zumindest noch einen klitzekleinen Funken Hoffnung geben würde. „Natürlich hoffe ich auch jetzt noch auf ein Wunder. Aber ich glaube nicht, dass das wirklich realistisch ist“, so Hofrichter mit Blick auf seine intensiven Bemühungen, neues Personal zu finden.
„Es gab mal zwei vielversprechende Anwärter - aber daraus wurde dann leider nichts, weil die Banken nicht mitspielten.“ Woran es liege, dass die Personalsuche so schwierig geworden sei, könne er selbst nicht sagen. Denn der Betrieb laufe, die Auftragszahlen stimmten, „aber ich habe das Gefühl, die jungen Menschen möchten heutzutage weniger arbeiten. Der Trend geht ja mehr in Richtung Vier-Tage-Woche. Aber wer weiß. Vielleicht passiert ja doch noch ein Wunder.“