Hagen. Die Selbstständigkeit hat Sara Bernhagen sich hart erarbeitet. Eine lange Elternzeit kann sie sich nicht erlauben. Wie sie Mama-Sein und Job meistert:
Nein, in diesem Job kann man nicht vom Erzählen leben. Man kann Termine auch nicht einfach so auf die lange Bank schieben, oder gar seine Zeit von dem Bildschirm absitzen. „Nein, man ist immer draußen unterwegs, bei Wind und Wetter, man macht sich auch mal die Hände schmutzig oder bricht sich die Nägel ab. Der Job ist körperlich sehr fordernd und anstrengend“, sagt Sara Bernhagen. Sie ist 41. Und hat so gesehen gleich zwei Traumjobs, die beide für sich viel Zeit in Anspruch nehmen. Sie ist Mutter und Sattlerin, stand schon wenige Monate nach der Geburt wieder in der Werkstatt, ihre Tochter immer dabei.
Manchmal erntet sie dafür irritierte, oft eher bewundernde Blicke. „Wenn man selbstständig ist, kann man sich nicht einfach ein Jahr lang eine Auszeit nehmen - dann suchen die Kunden sich einen neuen Sattler. Ich habe so viel Zeit, Herzblut und Arbeit in meine Selbstständigkeit gesteckt, dass ich es nicht riskieren konnte, alles von vorne wieder aufzubauen“, sagt die Hagenerin. Also ist ihre Tochter dabei. Fast immer zumindest.
Verbindung zwischen Reiter und Pferd
Sara Bernhagen schiebt mit einem Polsterstab die Wolle in einen schwarzen Ledersattel. „Dafür muss man ein Gefühl haben. Man kann nicht richtig erklären, wann es genug ist. Das ist immer vom Pferd und Sattel abhängig. Der Sattel ist die Verbindung zwischen Tier und Reiter, das macht so viel aus“, sagt sie. Sie lebt für den Job, der aus ihrem Kindheitshobby erwachsen ist.
„Ich war früher Reiterin, die Schule hat mir nie richtig Spaß gemacht. Ich wusste schnell, dass ich etwas Handwerkliches machen möchte“, erinnert sie sich an die Entscheidung, die sie traf, als sie gerade einmal 19 war. Drei Jahre Ausbildung zur Reitsportsattlerin, fünf Jahre als Angestellte bei einem Sattler in der Umgebung, 2010 dann der Schritt in die Selbstständigkeit. „Meine Mutter fand die Idee gar nicht gut, sie machte sich große Sorgen, dass das alles nicht klappt. Aber das hat es, ab dem ersten Tag“, sagt die 41-Jährige und lächelt.
Damals stand sie jeden Tag 15 Stunden für ihre Selbständigkeit in der Werkstatt an der Fleyer Straße oder besuchte die Kunden am Stall. Parallel kümmert sie sich um ihre eigenen beiden Pferde, Schimmel Wyome und Rappe Zsakima. „Man muss fleißig sein, das bin ich nach wie vor. Aber ich habe das Arbeitspensum etwas runtergefahren, ich möchte auch Zeit für die Familie haben.“ Alles Organisationssache.
Weite Touren für die Kunden
Mittlerweile plant sie ihre Touren so, dass es passt. Sie besucht die Kunden mit ihren Pferden am Stall, misst aus, prüft die Achsenführung (also den Mittelpunkt des Reiters im Sattel, berät, passt die Sättel an, bessert aus, bereitet auf. Handwerkliche Präzisionsarbeit, „von der viele den Aufwand nicht wirklich kennen.“ Für manche Sättel steht sie Stunden an der Werkbank, bei anderen geht es schneller. Sie näht, repariert, poliert, bearbeitet sie mit der Dampfmaschine. „Ich verkaufe aber auch neue Sättel, oder gebrauchte Sättel, die dann etwas preiswerter sind.“
Denn je nach Modell kann der Preis schnell im hohen vierstelligen Bereich liegen. „Bei gebrauchten oder Vorführ-Sätteln liegt man in der Regel aber unter 2000 Euro“, sagt die junge Mutter. Wenn eine Charge fertig ist, werden die Sättel wieder zu den Kunden ausgeliefert. Bis Bonn, Bochum, Essen, Leverkusen, Düsseldorf oder Ratingen fährt sie dann. Oft auch an den Wochenenden. Sie hat Kunden im gut 90-Kilometer-Radius rund um Hagen. „In Hagen wiederum eher weniger“, sagt die 41-Jährige. In ihrem Job habe sie auch viel mit Hufschmieden, Tierärzten oder Physiotherapeuten zu tun, „denn oft kommen mehrere Dinge zusammen“, gibt sie Einblicke. Seit der Brückensperrung (Rahmede) sei der Sauerland-Bereich völlig eingebrochen. „Aber ich hoffe, das legt sich irgendwann wieder“, möchte sie positiv bleiben.
Für sie jedenfalls steht fest, so anstrengend der Job auch ist und sein kan: „Ich könnte mir nichts anderes vorstellen - das ist mein Traumjob“, sagt sie und lächelt.