Kreis Olpe. Großer Preis-Schock bei den Landwirten: Der Wegfall der günstigeren Diesel-Steuer trifft die Bauern im Kreis Olpe bis ins Mark.

Bauer Bernd Eichert aus Bebbingen nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um die angekündigte Streichung des steuerbegünstigten Agrardiesels durch die Bundesregierung geht: „Da ist jetzt richtig Dampf im Kessel. Die Bauern haben die Nase gestrichen voll.“ Der geplante Wegfall des Agrardiesels bedeutet pro Liter eine Mehrbelastung von rund 21 Cent. Das summiere sich je nach Größe der Betriebe auf mehrere tausend Euro. Wenn die Bundesregierung auf den zu erwartenden Protest nicht reagiere, so Eichert, sei ein Flächenbrand nicht auszuschließen. „Mehrere Whatsapp-Gruppen unter Landwirten, in denen ich dabei bin, sind heute morgen regelrecht explodiert, in wenigen Stunden schlugen über 200 Meldungen auf. Da brennt gerade der Baum - und zwar lichterloh.“ Kein Wunder: Auch aus Südwestfalen sind rund 30 Landwirte mit Traktoren oder Pkw zur Demo nach Berlin aufgebrochen.

Was Eichert, der auch stellv. Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Olpe ist, meint, sind bundesweite Proteste gegen das geplante „Streich-Konzert“ aus Berlin. Neben dem Wegfall der steuerlichen Entlastung beim Diesel müssen Land- und Forstwirte wohl auch ihre bisher grünen Kfz-Schilder mit schwarzen ersetzen und fortan Kfz-Steuer zahlen. Eichert ist seine Wut durchs Telefon anzumerken: „Im EU-Ausland bleibt es bei den Steuererleichterungen. Wie sollen wir diesen Wettbewerbsnachteil verkraften?“ Auf alternative Antriebe wie die E-Mobilität könnten Landwirte nicht ausweichen: „E-Trecker? Ein Witz.“ Bei etwa 30 bis 50 Mutterkühen und 40 Schweinen bewirtschafte er etwa 30 Hektar Grünland: „Pro Jahr verbrauche ich rund 7.000 Liter Diesel.“ Allein der Wegfall der Steuerbegünstigung koste ihn rund 1.500 Euro pro Jahr: „Dazu kommt dann noch die Kfz-Besteuerung.“

Agrardiesel derzeit 21,48 Cent billiger

Der von der Ampel-Koalition beschlossene Wegfall der günstigeren Diesel-Steuer für Land- und Forstwirte sorgt für eine finanzielle Mehrbelastung von rund 21 Cent je Liter. Die Dieselsteuer für Otto-Normal-Verbraucher steht derzeit bei 47 Cent je Liter. Land- und Forstwirte müssen bislang nur 25,55 Cent pro Liter zahlen. Darüberhinaus soll die Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge fallen.

Im Bundeshaushalt tauchen die Agrardiesel-Steuerbegünstigungen bisher mit rund 440 Millionen Euro auf, die Kfz-Steuerbefreiung mit rund 485 Millionen. Zusammen will die Ampel also mehr als 900 Millionen Euro im Sektor der Land- und Forstwirtschaft einsparen.

Bernd Eichert aus Bebbingen nimmt kein Blatt vor den Mund: „Es ist Dampf im Kessel.“
Bernd Eichert aus Bebbingen nimmt kein Blatt vor den Mund: „Es ist Dampf im Kessel.“ © WP Olpe

Eicherts Kollege Michael Richard aus Grevenbrück bläst ins gleiche Horn. Richard ist Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Olpe: „Wir Landwirte werden überproportional belastet. Bei mir bedeutet das einen Verlust von rund 3.000 bis 3.500 Euro pro Jahr. “ Bei der politischen Diskussion müsse berücksichtigt werden, dass Landwirte mit ihren Fahrzeugen und Maschinen kaum auf öffentlichen Straßen unterwegs seien: „Die Spritsteuer soll ja in erster Linie dafür verwendet werden, Straßen und Brücken zu unterhalten.“ Zu deren Verschleiß würden die Bauern aber nur unwesentlich beitragen. Das sei erst der Grund für die Steuerbegünstigung von derzeit rund 21 Cent pro Liter gewesen. Günter Pulte aus dem Rahrbachtal pflichtet Richard bei: „Ich fahre mit meinen landwirtschaftlichen Fahrzeugen zu mehr als 80 Prozent auf eigenem Acker- und Weideland, zu höchsten 20 Prozent auf Straßen.“ Pulte bewirtschaftet über 80 Hektar Grünland, hält ca. 75 Milchkühe: „Mein jährlicher Dieselverbrauch dürfte bei etwa 8.000 bis 9.000 Liter liegen.“

Michael Alterauge (Drolshagen), unter anderem im Bundesverband Deutscher Milchviehhalter engagiert, weist daraufhin, dass der Deutsche Bauernverband für Montag, 18. Dezember zur großen Demo in Berlin aufgerufen habe: „Um 11 Uhr geht es los.“

Protestler

Die Pressestelle des Westfälisch-Lippischen Bauernverbandes für die Kreise Olpe, Siegen, Hochsauerland- und Märkischer Kreis, informierte am Montag, dass sich etwa 30 Landwirte aus Südwestfalen auf den weiten Weg nach Berlin gemacht hätten. Ob und wie viele Bauern aus dem Kreis Olpe dabei seien, konnte die Pressestelle nicht mitteilen.

Dr. Gregor Kaiser auf seinem Platz im Düsseldorfer Landtag.
Dr. Gregor Kaiser auf seinem Platz im Düsseldorfer Landtag. © Grünen-Fraktion im Landtag | Grünen-Fraktion im Landtag

Dr. Gregor Kaiser aus Lennestadt-Oberelspe ist Landtagsabgeordneter der Grünen, betreibt gleichzeitig aber auch einen Forstbetrieb. Im Gespräch mit unserer Redaktion versicherte Kaiser, das Gerücht, der Vorschlag zum Agrar-Diesel-Wegfall komme nicht aus dem grünen Landwirtschaftsministerium von Cem Özdemir. Kaiser: „Das stimmt nicht, Özdemir war auch dagegen.“ Wie er selbst, was er nach Bekanntwerden der Pläne aus Berlin zeitnah auf facebook postete. Dort hieß es unter anderem: „Die nun notwendigen Preise für landwirtschaftliche Produkte lassen sich am Markt nicht erwirtschaften. 900 Millionen Euro werden auf die Landwirtschaft abgewälzt.“ Die Bauern müssten damit mehr als 5 Prozent des Milliarden Euro-Lochs stopfen, bei nur 1,5 Prozent Bevölkerungsanteil. Die beschlossenen Streichungen seien nicht zu vermitteln. Er selbst hätte eine gestaffelte Lösung bevorzugt: „Bis zu einem gewissen Dieselverbrauch hätte die niedrigere Steuer beibehalten werden sollen, die Grenze wäre dann Verhandlungssache.“

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