Hohenlimburg. Antje Münch-Lieblang hat lange Zeit mit ihrem Wohnmobil im Lennepark in Hohenlimburg gelebt. Wie es dazu gekommen ist.
Wer den Stellplatz für Wohnmobile am Lennepark sieht, würde hier wohl kaum langfristig leben wollen. Kein Strom, kein Wasser, keine Toilette - und die von Graffiti gezierten Mauern sehen auch nicht gerade ansehnlich aus. Antje Münch-Lieblang war das egal. Acht Monate hat sie auf diesem Stellplatz in ihrem Wohnmobil gelebt, von Februar bis in den September. Wie kommt man dazu?
Ein Stellplatz in Hagen
Wir erreichen Antje Münch-Lieblang am Telefon, während sie sich die Sonne Spaniens aufs Gesicht scheinen lässt. Als der Herbst mit seinen kühlen Temperaturen in Hohenlimburg einzog, fuhr sie mit ihrem Wohnmobil weiter nach Spanien. Hohenlimburg hat sie aber noch gut in Erinnerung, schließlich hat sie die acht Monate zuvor vom Frühjahr bis in den Spätsommer auf dem Stellplatz am Lennepark mit ihrem Wohnmobil gestanden und dort gelebt.
„Es ist nicht der schönste Stellplatz“, sagt sie, „aber eben der einzige in Hagen“. Vor zwei Jahren hat sich die Arnsbergerin entschlossen, ihre Wohnung gegen ein Wohnmobil zu tauschen. Wie ein Zugvogel wollte sie in den Wintermonaten gen Süden ziehen und im Sommer in ihrer deutschen Heimat leben. In der Hochphase der Pandemie kaufte sie ein altes Wohnmobil - Marke Hymer, 44 Jahre alt. „Ich war schockverliebt“, sagt sie über das Gefährt, das sie nur liebevoll „Wilma“ nennt. „Aber ich hatte auch keine Ahnung“.
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Altes Wohnmobil
Denn „Wilma“ ist eben sehr alt und pflegebedürftig: Sie brauchte neue Fenster, neue Rahmen. Mehrere tausend Euro fielen unterm Strich für Reparaturen an. Antje Münch-Lieblang startete eine Spendenaktion über das Soziale Netzwerk Instagram. „Rettet Wilma“ kam an und viele Leute spendeten, damit das alte Wohnmobil noch viele Jahre auf den Straßen rollen kann. Dass fremde Leute ihr Geld für ihren Traum geschenkt haben, dafür ist Antje Münch-Lieblang bis heute dankbar. Selbst hat sie lange als Erzieherin gearbeitet. Nun, in ihrem neuen Leben, macht sie eine Ausbildung im Webdesign.
Eine Arbeit, die sich mobil machen lässt - und damit wie gemacht ist für das Leben, das Antje jetzt führt. Auf den Stellplatz nach Hohenlimburg zog es sie schließlich diesen Februar, weil sie Freunde in Hagen hat. Sie war damals auf Arbeitssuche und heuerte in der Stadthalle und in einem Biomarkt an.
In Hagen gejobbt
„Ich hatte zwei Jobs in der Zeit und habe auf dem Stellplatz gearbeitet und gewohnt“, sagt sie. Das fremde Wohnmobil blieb nicht unbemerkt und es dauerte nicht lange, bis Gerüchte aufkamen. Wohnt da wer auf der Flucht? Bietet da eine Dame ihre Dienste im horizontalen Gewerbe an? „Einmal war die Polizei da“, erinnert sich Antje zurück und lacht. Sie hätten viele Fragen gestellt und Antje räumte mit den Gerüchten auf. Mit der Zeit richtete sie sich ein, schloss etwa ein Abo für das Fitnessstudio Injoy ab - auch um dort duschen zu können.
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Profil auf Instagram
Nach den aufwendigen Reparaturen an „Wilma“ war Hohenlimburg für sie die erste Station, in der sie sich von ihrem alten Leben gelöst und in ihrem neuen Leben eingefunden hat - mit allen Problemen, die das mit sich brachte. „Die erste Zeit in Hohenlimburg hatte ich wenig soziale Kontakte“, sagt die 47-Jährige. Die Familie weit weg am Niederrhein und in Ostdeutschland, fehlte ihr zunächst das soziale Gefüge. Viele Freundschaften pflegt sie über die Sozialen Netzwerke. Auf Instagram hat sie auch einen Blog, in dem sie ihre Erlebnisse mit der Welt teilt. „Wortwaerts mit Wilma“ hat derzeit 658 Follower (Stand: 10. November 2023).
Verwaister Parkplatz
Die vier Stellplätze am Lennepark stehen ganzjährig rund um die Uhr gebührenfrei zur Verfügung - und Antje hat in ihren acht Monaten viele Gäste dort erlebt. „Mal kam tagelang niemand, mal waren alle Plätze voll“. Wobei trotz der charmanten Lage mit Lenneblick hier wenig für die Gäste geboten wird. „Der Parkplatz ist schon sehr verwaist“, sagt Antje.
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Wildpinkler, Graffiti, Müll - hier wird viel Potenzial verschenkt. „Häufig kamen auch Wohnmobile und sind direkt wieder gefahren“, sagt Antje. Für sie ging es Ende September weiter in den Süden. Das Weihnachtsfest und den Jahreswechsel wird sie in Spanien verbringen, das steht fest. Wenn sie ihre Weiterbildung als Webdesignerin abgeschlossen hat, will sie im IT-Bereich einen Job suchen.
Rückkehr geplant
Den Stellplatz in Hohenlimburg will sie auch im nächsten Jahr wieder besuchen. In den Monaten dort seien neue Kontakte und Freundschaften entstanden, „und wenn ich nach Hagen zurückkomme, dann habe ich Menschen, auf die ich mich freuen kann.“