Hohenlimburg. Der Bau neuer Windräder im Landschaftsschutzgebiet Stoppelberg geht an der Natur nicht spurlos vorbei. Eine Klage endete mit Zugeständnissen:
Dass vier neue Windräder am Stoppelberg entstehen, geht an der Natur nicht spurlos vorbei: Für jede Anlage ist Wald in etwa der Größe eines Fußballfeldes gerodet worden. Wälder, die bei Garenfeld wieder aufgeforstet werden sollen, aber eine bleibende Lücke im Waldgebiet am Stoppelberg hinterlassen.
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Nicht nur deshalb sehen Naturschützer bis heute mit Sorge, was am Stoppelberg passiert. Eine Klage des Naturschutzbundes NRW gegen den Bau von zwei der Anlagen endete aber mit einem Vergleich:
Klage gegen Windräder
Dass die Anlagen am Stoppelberg nicht genehmigt werden dürfen, darauf pochten hiesige Naturschützer noch während des Verfahrens. „Die Energiewende muss sein, das steht außer Frage“, will Antje Selter die Windkraft per se nicht verteufeln. „Aber bei diesen Flächen hatte ich Bauchschmerzen.“ Auch deshalb unterstützte sie die Klage des Naturschutzbundes NRW gegen den Bau von zwei der Anlagen am Stoppelberg. „Wenn es um Windkraft geht, bitte nicht unbedingt in den Wald“, stellt Selter ihre Position klar.
Sie ist Geologin und Vorsitzende des Naturschutzbeirats, spricht hier aber von ihrer persönlichen Meinung. Wohlwissend, dass es im Beirat und auch unter Naturschützern an sich unterschiedliche Ansichten gibt, wie weit die Landschaften für grünen Strom umgebaut werden sollten.
Keine Flächen für Aufforstung
Dass die gerodeten Flächen an anderer Stelle wieder aufgeforstet werden, das ist für sie nur ein schwacher Trost. „Das Problem ist, dass wir im Hagener Stadtgebiet kaum noch Flächen haben, um aufzuforsten.“ So müsse auch eine mögliche Erweiterung des Steinbruchs Donnerkuhle mit dem vierfachen an Fläche ersetzt werden. „Doch dafür gibt es nicht die Kapazitäten“, müsse das Aufforsten von verlorenen Wäldern vor Ort dann künftig in anderen Kommunen stattfinden.
Artenschutz nicht berücksichtigt
Dass am Stoppelberg keine Anlagen hätten gebaut werden sollen, findet auch Andreas Welzel vom Nabu Hagen. „Es handelt sich hier um einen erheblichen Eingriff in die Natur“, hätte er die neuen Windräder nicht in dem sensiblen Waldstück, sondern lieber an anderer Stelle gesehen. Auch weil er vor Ort seit Jahren die Rotmilane beobachtet, die in den Wäldern nisten. Viel zu nah werden die Anlagen an einen Horst gebaut, das war auch einer der Hauptkritikpunkte, mit denen der Naturschutzbund NRW gegen die Anlagen geklagt hat.
Umweltschutz nicht berücksichtigt
Der Artenschutz sei im Genehmigungsverfahren von der Stadt Hagen nur unzureichend geprüft worden, hieß es damals. Ein Vorwurf, den die Stadt zurückweist. Man habe umfangreiche natur- und artenschutzrechtliche Auflagen in die Genehmigung aufgenommen, welche die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen sicherstellen. Andernfalls wäre eine Genehmigung nicht erteilt worden, heißt es auf Anfrage.
Klage endet mit Kompromiss
Die angestrengte Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Münster endete diesen Sommer per Vergleich. Der Betreiber SL Naturenergie und der Naturschutzbund einigten sich auf ein Maßnahmenpaket, das vorrangig den Schutz der Rotmilane vor Ort im Blick hat. Demnach werden die Anlagen in Nähe des Rotmilan-Horstes zeitweise abgeschaltet, insbesondere in der Brutzeit und bei hoher Flugaktivität, berichtet Birgit Königs, Nabu NRW, auf Anfrage.
„Darüber hinaus müssen attraktive Nahrungsflächen für die Rotmilane in der Nähe geschaffen werden, um die Tiere möglichst von den Anlagen wegzuführen“, so Königs weiter. Auf Anfrage wollte sich der Betreiber SL Naturenergie nicht zu dem Vergleich vor Gericht äußern. Eine gemeinsame Presseerklärung von Betreiber, Nabu und Stadt Hagen, die gerichtlich vorgesehen war, ist bisher nicht erschienen. „Eine final abgestimmte Presseerklärung liegt uns noch nicht vor“, sagt dazu die Stadt Hagen auf Anfrage.
Gemeinsame Lösung
Zeitweise Abschaltung der Anlagen in der Brutzeit und neue Nahrungsflächen für die Tiere: für den Naturschutzbund die Maßnahmen, die Artenschutz und Biodiversität gewährleistet wird. Aus Sicht des Verbandes ein seltener Kompromiss, der da zwischen Windrad-Betreiber und Verband zustande kam und „ein beispielhafter Weg, um eine gemeinsame Lösung zu finden“, so Königs. Wie sich die Population der Rotmilane am Stoppelberg künftig weiter entwickelt, das will Andreas Welzel mit Blick auf den Bau der Windräder vor Ort beobachten.
Gräben gezogen
Sichtbar sind die Anlagen derweil auch für die Wanderer, die regelmäßig auf den Pfaden am Stoppelberg unterwegs sind, wie Wolfgang Humpert. Gerade am Wanderweg A3 oberhalb von Schloss Hohenlimburg kam er bei seinen Touren zuletzt auch an Baggern vorbei, die Gräben am Wegesrand ziehen – für die Erdkabel, über die künftig der erzeugte Strom der Windräder zum Umspannwerk in Oege fließen soll.
Eingriff in die Natur
„In ihrer Tiefe und Breite gesehen sind die Erdkabel von ihrem Flächenverbrauch her schon gigantisch“, sagt Humpert. „Man muss abwarten, wie das regeneriert wird.“ Betreiber SL Naturenergie hat angekündigt, alle Gräben nach Verlegung der Kabel wieder zuzuschütten.
Derzeit laufen die Bauarbeiten an vier neuen Windenergieanlagen auf dem Stoppelberg. Bis zum Ende dieses Jahres sollen die Anlagen stehen.