Haspe. Der Unternehmerrat würdigt beim Motions Award nicht bloß verdiente Hagener, sondern sendet auch klare Signale ins Rathaus.

Der Kontrastreichtum der Location an der Enneper Straße in Haspe hätte kaum treffender gewählt werden können: Vor der Tür der erbarmungswürdige Anblick des verfallenden, einstigen Brandt-Zwiebackwerks, hinter der Tür eine moderne, hoch technisierte Veranstaltungsstätte, die der Immobilie eines einstigen Supermarktes wieder eine Zukunft gibt. In diesem symbolhaft-würdigen Rahmen hat der Hagener Unternehmerrat an diesem Wochenende bereits zum fünften Mal die Motions Awards an Menschen verliehen, die durch ihr Wirken in Hagen beeindruckt und/oder den Standort ein Stück besser sowie liebens- und lebenswerter gemacht haben.

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Damit hat die noch junge, aus dem Kreis der heimischen Wirtschaft formierte Initiative vor etwa 150 Gästen aus Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Kultur unter dem Leitwort des Abends „Gemeinsam stark für Hagen“ im „Go4it!“-Studio die Chance genutzt, durch konstruktive Signale ihre Bereitschaft zu demonstrieren, sich zum Wohle der Stadtentwicklung in die Zukunftsprozesse einbringen zu wollen. Während zur Überraschung weniger Oberbürgermeister Erik O. Schulz aufgrund anderweitiger Verpflichtungen fehlte, aber zumindest seinen Technischen Beigeordneten Henning Keune entsandt hatte, blieb die CDU als größte Ratsfraktion in Hagen der Veranstaltung leider ganz fern.

Impulse aus der Wirtschaft

Dabei sorgte SIHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Geruschkat mit seinem Eingangsstatement gleich dafür, dass zumindest auf dem Podium eher die moderaten Töne den Abend der Preisverleihung – immer wieder garniert mit kleinen Couch-Talkrunden – beherrschten. Nachdem dem Unternehmerrat in seinen Gründungsjahren aus dem Rathaus noch reichlich Skepsis entgegen schlug, stellte der Kammer-Chef nach fünf Jahren immerhin fest: „Sie sind gekommen, um zu bleiben. Und es tut uns gut, auch mal andere Impulse zu bekommen.“

SIHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Geruschkat nutzte seinen Auftritt beim Motions Award 2023, um für mehr Miteinander in Hagen zu werben.
SIHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Geruschkat nutzte seinen Auftritt beim Motions Award 2023, um für mehr Miteinander in Hagen zu werben. © Bahn Kommunikation | Matthias Kaiser

Ein durchaus symbolisch gemeinter Umarmungsversuch passend zum Gemeinsamkeitsmotto des Abends, denn es gelte, in Hagen alle Gruppen mitzunehmen. Zugleich vergaß Geruschkat vor dem von Unternehmern geprägten Auditorium nicht, angesichts einer „Industrienation im Abschwung“ in Berlin eine Reform der Wirtschaftspolitik einzufordern, um damit die Basis für die gesellschaftliche Transformation zu schaffen – eine Forderung mit Applausgarantie. Zudem mahnte er ganz im Sinne von Hagen einen Altschuldenschnitt an, um die Handlungsfähigkeit der Stadt zu bewahren – ansonsten verzichtete er schamvoll auf lokalpolitische Aussagen.

Starke Typen aus Hagen gewürdigt

Bei der Vergabe der Motions Awards 2023 wurde angesichts der gesellschaftlichen Strukturen in Hagen erstmals ein Integrationspreis vergeben, über den sich Anja Schöne, Leiterin des Kinder- und Jugendtheaters Lutz, freuen durfte. Sie wurde für ihre integrative Arbeit, mit der sie Kinder und Jugendliche verschiedener Herkünfte und sozialer Schichten zusammenbringt, gewürdigt.

Stadtheimatpfleger, Historiker und Journalist Michael Eckhoff erhielt den Motions Award in der Kategorie „Bürgerschaftliches Engagement“: Mit zahlreichen Aktivitäten trage er entscheidend dazu bei, das historische Erbe der Stadt zu bewahren, sodass seine Arbeit identitätsstiftend wirke, hieß es in der Laudatio zur Auszeichnung.

Als bestes Start-up wurde das Unternehmen „helviX“ prämiert. Dessen Gründer Felix Schachi und Marcus Zeumer haben eine innovative Vertriebssoftware entwickelt, die zahlreiche Vorteile für den Stahlhandel bietet.

Der Ehrenpreis des Abends ging an Dirk Hildebrandt, Geschäftsführer der gastgebenden Firma „GO4IT!“. Während seiner unternehmerischen Laufbahn habe er wiederholt Flexibilität und Mut zur Veränderung bewiesen, sodass er exemplarisch für Unternehmergeist und Innovationskraft stehe.

Ganz im Gegensatz zu Immobilien-Unternehmer Ömer Oral, der dringend anmahnte, den Fokus in Hagen auf jene Bezirke zu werfen, die zu sozialen Brennpunkten zu verkommen drohen: „Wir müssen Parallelgesellschaften verhindern, die Kinder viel besser in unser Bildungssystem integrieren und die Sprache in den Mittelpunkt der Bildung rücken.“ Bildung lautete naturgemäß auch das Schwerpunktthema bei Prof. Ada Pellert, Rektorin der Fernuni, die in einer Stadt wie Hagen sich eine deutlich bessere Vernetzung der Anbieter wünschte. Zudem gelte es, die Zivilgesellschaft in Hagen zu stärken: „Das Engagement der Bürger ist ein Riesenschatz.“ Mit Unverständnis reagierte sie nicht zuletzt vor dem Hintergrund des WM-Titelgewinns, dass Hagen seine Basketball-Tradition nicht viel offensiver als Identifikationsfaktor nutze. Wenn Bundestrainer Gordon Herbert an der Volme lebe, weil ihn das so sehr an seine kanadische Heimat erinnere, müsse man dies viel besser nutzen, ließ sie Erinnerungen an jene Zeiten aufleben, als Hagen über den Basketball als Kommune in der gesamten Republik ein Begriff war.

Bremsende Grabenkämpfe

Rasmus Breinhild-Olsen, Geschäftsführer des Modeanbieters Søren, kritisierte wiederum, den verdreckten und maroden Zustand der Innenstadt: „Wir brauchen mehr Dynamik und einen Plan für die Stadt, den man auch erkennen kann“, signalisierte er aus dem Einzelhandel durchaus eine gewisse Unterstützungsbereitschaft, wenn es denn ein wahrnehmbares Konzept gäbe. Dazu gehört in den Augen von Cosi-Stahllogistik-Geschäftsführer Marc Simon ebenso eine serviceorientiertere, stringent geführte Stadtverwaltung, die viel konsequenter auf Digitalisierung setzen müsse und dafür weniger durch ideologische Grabenkämpfe der Politik ausgebremst werde.

Den Willen zu Innovationen in Hagen vermisste wiederum Makler Lucas Gebler. Damit hob er keineswegs bloß auf Start-ups ab, sondern auch auf eine konsequentere Bestandspflege der Unternehmen und besser Rahmenbedingungen für echte Zukunftsbranchen: „Hier erzeugt eine nachhaltige Förderung wirtschaftliches Wachstum und Arbeitsplatzsicherheit.“ Alles diskutable Thesen, die bei Livemusik der Coverband „CrunChic“, kühlen Getränken und kulinarischen Köstlichkeiten vom Flying Buffet bis spät in die Nacht für Gesprächsstoff sorgten.