Hagen. In einer gemeinsamen Resolution hat der Hagener Rat – außer der AfD – den Rücktritt eines Ratsherrn eingefordert. Doch der zeigt sich beharrlich.

Die Affäre rund um den Hagener AfD-Ratsherrn Andreas Geitz und dessen Beteiligung am „Sturm auf den Reichstag“ im August 2020 hatte am Donnerstag im Rat ein in dieser Form bislang einmaliges politisches Nachspiel: Sämtliche Fraktionen und Ratsgruppen – naturgemäß außer der AfD selbst – unterzeichneten eine Resolution, in der der Lokalpolitiker aus Haspe aufgefordert wird, sein Mandat sofort niederzulegen.

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Dabei wird dem 57-Jährigen zum einen vorgeworfen, sich in die Gruppe von mehreren hundert Rechtsextremen, Reichsbürgern und Verschwörungsideologen eingereiht zu haben. Zum anderen habe er nachweislich gegenüber der Öffentlichkeit die Unwahrheit behauptet, so die Argumentation von SPD, CDU, Grünen, Hagen Aktiv, Bürger für Hohenlimburg, Die Partei, FDP, Linke und Hagener Aktivistenkreis. Den eindringlichen Appell von SPD-Fraktionschef Claus Rudel „Legen Sie Ihr Mandat nieder!“ lehnte der Angesprochene prompt ab.

Bereits vor Beginn der Ratssitzung in Hagen hat Andreas Geitz eine persönliche Erklärung in den Händen, dass er nicht gedenke, seine Mandate abzugeben.
Bereits vor Beginn der Ratssitzung in Hagen hat Andreas Geitz eine persönliche Erklärung in den Händen, dass er nicht gedenke, seine Mandate abzugeben. © WP | Michael Kleinrensing

Gegenüber der Stadtredaktion Hagen hatte der AfDler zunächst eingeräumt, dass er an dem fraglichen August-Samstag zwar die Hauptstadt besucht habe, dort jedoch lediglich in der Nähe des Reichstags unterwegs gewesen sei und von dem Polizeieinsatz erst im Nachhinein erfahren habe. Als dann jedoch in den Medien Fotos und Videos auftauchten, auf denen Geitz in einem markanten USA-T-Shirt mit Stars-and-Stripes-Banner und Handy an der Hand sich auf der Bundestagtreppe in der Gruppe der Erstürmer bewegt, räumte er plötzlich ein, durchaus für die Aktion extra nach Berlin gereist zu sein.

Vorwurf: Zynische Haltung

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„Seine vorherige Einlassung war also eine Lüge“, schlussfolgern die Resolutionsunterstützer: „Herr Geitz hat sich in aller Öffentlichkeit hier eingereiht und damit dokumentiert, dass er nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland steht, sondern mit Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretikern gemeinsame Sache macht.“ Weiter heißt es: „Geradezu zynisch ist es, wenn Herr Geitz das Niederreißen von Absperrgittern und das Eindringen in eine Sicherheitszone des Reichstags als ,Schlendern‘ und ,Happening‘ abtut.“

Andreas Geitz kandidierte in Hagen für die AfD sowohl für den Bundes- als auch für den Landtag.
Andreas Geitz kandidierte in Hagen für die AfD sowohl für den Bundes- als auch für den Landtag. © WP | Michael Kleinrensing

Entsprechend verurteilen die Mitglieder des Rates „das unwürdige und undemokratische Verhalten auf das Schärfste“. Geitz habe damit gegenüber der Öffentlichkeit bewiesen, dass er unglaubwürdig agiere. Damit sei er, so der Resolutionstext, „für die Arbeit in den politischen Gremien und den Kontrollorganen der Stadt Hagen moralisch nicht geeignet“.

Alle Ämter niederlegen

Vor diesem Hintergrund fordern die Fraktionen und Gruppen im Rat abseits der AfD Andreas Geitz auf, nicht bloß sein Mandat im Rat und in der Bezirksvertretung Haspe, sondern zugleich auch in sämtlichen Ausschüssen, Beiräten und Aufsichts- und Verwaltungsräten niederzulegen. „Kommt Herr Geitz der persönlichen Aufforderung nicht nach, so liegt die Verantwortung bei der AfD-Fraktion, ihn als Mitglied zu entlassen“, heißt es in der Resolution. Parallel appellieren die Ratsmitglieder an den Hohenlimburger Partnerschaftsverein HoLiBru, dem Ratsherrn, der 2021 sogar für den Bundestag kandidierte und fast 10.000 Stimmen einsammeln konnte, das Vertrauen zu entziehen und ihn aus dem Vorstand zu entlassen.

Geitz selbst reklamierte in einer persönlichen Erklärung für sich, lediglich als Dokumentarfilmer einen siebenminütigen Videobeitrag auf der Reichstagstreppe produziert zu haben. Jeder könne sich dieses Bildmaterial anschauen, das ihn von jeglichen Vorwürfen entlaste. Daher komme er der Rücktrittsforderung auch nicht nach. Zugleich kündigte er an, sich wegen Verleumdung alle juristischen Wege offenhalten zu wollen. AfD-Fraktionschef Michael Eiche zeigte sich zugleich enttäuscht vom politischen Umgang mit dem Vorfall: Der eigentliche Skandal sei, dass die Argumente seiner Partei gar nicht erst angehört worden seien.