Hohenlimburg. Täglich fährt Marco Heppe mit seinem Lastwagen von Hohenlimburg durch die Region. Baustellen und Sperrungen kosten dabei viel wertvolle Zeit:
Vielen Autofahrern ist sein Arbeitsgerät ein Dorn im Auge: Marco Heppe ist Lastwagenfahrer und fährt tonnenschweres Frachtgut durch die Region. Dabei kämpft er zunehmend gegen Baustellen, Sperrungen, Staus und Überholmanöver von genervten Sprintern und Pkws. Der Verkehr ist rauer geworden in den dreißig Jahren, in denen der Hohenlimburger hinter dem Lenkrad eines Lastwagens sitzt. Und dieser Tage machen ihn gerade die Umwege zu schaffen, die er wegen der Baustellen und Sperrungen zu fahren hat – und die viel Zeit kosten.
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Fracht aus Plettenberg
Es ist kurz nach 7 Uhr, Marco Heppe steht vor seinem Lastwagen und raucht noch eine Zigarette in den frühen Morgen. Er fährt Schrott für die Spedition Fritsch in Oege, heute soll Fracht aus Plettenberg abgeholt werden.
Heppe steigt in die Fahrerkabine, die angesichts ihrer Größe jedem Pkw-Fahrer fast wie ein kleines Wohnmobil vorkommt. Der Wagen wird gehegt und gepflegt, ist sein ganzer stolz. Unter den Schuhen des Beifahrers liegt ein Handtuch, um das Leder zu schützen. Echt Leder. Dazu Lichtinstallationen rundherum. Gut 11.000 Euro hat die Innenausstattung gekostet. Der 53-Jährige steigt ein, dreht den Zündschlüssel, der Motor brummt und die 16-Tonnen Zugmaschine mit Auflieger rollt los.
Umweg durch die Dörfer
Um zum Kunden nach Plettenberg zu kommen, wäre er früher über die Sauerlandlinie oder Altena gefahren. Beide Wege sind aber gesperrt. Stichwort: Neubau der Rahmedetalbrücke. Stichwort: Sperrung der maroden Bahnbrücke in Altena für den Lkw-Verkehr. Es bleibt nur der Umweg durch die Dörfer und kleinen Städte rundherum. Knapp drei Stunden dauert die Fahrt hin zum Kunden, aufladen und zurück, fast doppelt so lang wie früher. „Wir fahren deshalb eine Tour am Tag weniger“, sagt Heppe. Seine Fracht ist Schrott, der recycelt und weiterverarbeitet wird. Es geht vorbei an der Hünenpforte weiter durch das Volmetal.
Schmale Fahrbahn
Er reiht sich ein in die Lkw-Kolonnen, die täglich durch Dahl und Priorei fahren. Dort gilt inzwischen Tempo 30 wegen des Lärmschutzes. Für den überregionalen Lastwagenverkehr ist die Strecke tabu. Wenn Lastwagen von der Polizei erwischt werden, müssen sie umdrehen. In der Fahrerkabine dudelt Elektromusik, an den Fenstern ziehen die Wohnhäuser rechts und links vorbei. „Ich kann die Anwohner verstehen“, sagt Heppe, „aber es gibt kaum Ausweichwege.“ Eine Freude ist die teils für Lastwagen sehr schmale Strecke auch für ihn nicht. Schwarze Streifen an den Randstreifen stehen wie Wunden, an denen Reifen der Schwerlastfahrzeuge entlang geschabt sind.
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Fahrten werden aufgezeichnet
Hinter Schalksmühle kommt ein Tunnel. Es wird eng. Die Durchfahrt ist kaum groß genug für zwei Fahrzeuge nebeneinander. Langsam lenkt Marco Heppe seinen Sattelschlepper durch das Nadelöhr. Dann geht es weiter, meist bleibt der Tacho unter 60 Kilometer pro Stunde. Rasen ist trotz Zeitdrucks keine Option, der Fahrtenschreiber zeichnet jeden Meter des Sattelschleppers auf. „Alle 48 Tage wird das Gerät ausgelesen“, sagt Heppe, „und bei Fehlverhalten können wir nachträglich belangt werden.“ Heißt: Bußgeld. Es geht vorbei am Ortsschild von Stüttinghausen vor Lüdenscheid. Rund 45 Minuten Fahrtzeit sind seit dem Start in Hohenlimburg vergangen.
Hohe Spritkosten
„Früher wäre ich nach dieser Zeit in Plettenberg angekommen.“ Nun liegt noch reichlich Weg vor ihm. Heute gibt es nur wenige Staus auf der Strecke. Generell: Nach dem ersten Schock, als die Rahmedetalbrücke gesperrt wurde, ist es besser geworden. Anfangs habe er zwei Stunden für die Fahrt nach Plettenberg gebraucht. Dennoch: Die neuen Wege haben ihren Preis. Längere Fahrtwege und viel Stop-and-Go gehen auf den Motor: Alle drei Tage tankt Heppe für 1000 Euro.
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Pausen vorgeschrieben
Nach einer Stunde und 25 Minuten fährt der Sattelschlepper auf den Hof des Kunden in Plettenberg, um Schrott einzuladen. Ein Bagger krallt die Ware und legt sie in den Aufleger. Heppe stellt den Motor ab und beobachtet den Gewichtsmesser des Fahrzeugs: 17 Tonnen, 19 Tonnen, 20 Tonnen – mit jedem Schrottbündel mehr steigt die Zahl. Auch die Ruhezeiten der Fahrer werden aufgezeichnet und müssen eingehalten werden. Generell gilt: Nach 4,5 Stunden Fahrt sind 45 Minuten Pause für den Fahrer vorgeschrieben. Wer die Lenkzeit überzieht, zahlt ein Bußgeld.
Rastplätze überfüllt
Das bedeutet viel Planung im Vorfeld, gerade weil es an Parkplätzen für die großen Sattelschlepper mangelt. „Aber je nach Situation vor Ort passt es nicht oder der anvisierte Rastplatz ist voll“, sagt Heppe. Ab 18 Uhr brauche man gar nicht erst zu suchen, dann seien alle Plätze voll. „Je nachdem, wo man gerade ist, bleibt dann nur der Straßenrand.“ Auch deshalb fährt Heppe am liebsten in der Nacht, vor dem Berufsverkehr. Aber auch hier ist Zeitplanung bei der Abfahrt gefragt: „15 Minuten später kann entscheiden, ob du in einen Stau kommst oder nicht.“
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Steiler Anstieg
Das Aufladen ist beendet, der Auflieger ist voll. Zurück nach Hohenlimburg geht es über Balve. Die Serpentinen hinauf schnaubt der Motor mit seinen 600 PS. Rund 40 Tonnen gilt es den Berg hinauf zu bewegen. Der Lastwagen quält sich mit kaum 40 Kilometer pro Stunde an der Steigung. Im Rückspiegel sieht Heppe, wie sich Pkws und Sprinter hinter ihm stauen. Er kennt diesen Anblick. „Ich kann es nicht ändern. Ich würde solche Wege nicht fahren, wenn ich nicht müsste.“
Viele Sperrungen
In Hemer fährt er auf die Autobahn 46, die finale Etappe vor Hohenlimburg. Ein letzter Umweg wird nötig, weil die Bahnschranke in Oege und damit ein Zufahrtsweg gesperrt ist. So fährt Heppe über den Bahnübergang bei Grothe wieder zurück auf das Gelände des Schrotthändlers Fritsch ein. Die Rückfahrt über Balve hat gut 1 Stunde und 20 Minuten gedauert.
Neubau geplant
Bis die für Lkw gesperrte Bahnbrücke in Altena erneuert ist, wird es derweil noch dauern: Dort laufen bisher noch Voruntersuchungen. Konkreter wird es beim Neubau der Rahmedetalbrücke. Dieser soll in drei Jahren fertig sein, sodass der Verkehr 2026 wieder fließen kann – so der aktuelle Plan. Der 53-Jährige ist skeptisch, dass er künftig weniger Warnbaken auf seinem Weg sieht. „Ich glaube, die Sauerlandlinie ohne Baustellen werde ich nicht mehr erleben.“