Hagen-Mitte. Das Hagener Bordell hat Einblicke in das Rotlichtviertel der Stadt gegeben. Besonders Frauen interessiert der Alltag der Sexarbeiterinnen.
Ein Tag der offenen Tür in der Hagener Düppenbeckerstraße: Wer sich auskennt, mag vermuten, worum es geht. Die auch als „Wasserstraße“ bekannte Zeile beherbergt Hagens Rotlichtmilieu. Im Vordergrund: Prostitution.
Vom Sonntagsfrühstück in den Puff – zum zweiten Mal nach 2018 hat das Hagener Bordell am Sonntag zum Tag der offenen Tür geladen, um neugierigen Besuchern einen Blick hinter die Kulissen der Freudenhäuser zu gewähren. Auf der Straße zwischen den Rotlicht-Gebäuden steht bei gutem Wetter ein Bierwagen, es wird gegrillt und Musik schallt über den Platz.
Vom hellen Tageslicht geht es rein in die dunklen Räumlichkeiten des Bordells. Entlang eines langen, dunklen Flurs reihen sich zahlreiche Zimmer. Wo sonst Freier die Dienste der Frauen in Anspruch nehmen, führt Carsten Rohleder, Eigentümer der Immobilie, eine Gruppe interessierter Besucher durch ausgewählte Bereiche.
Die meisten Türen bleiben geschlossen
Die meisten Türen bleiben geschlossen. Besonders Frauen scheinen sich dafür zu interessieren, was dahinter sonst so vor sich geht. Rohleder stellt sich den Fragen der Besucher. „Das interessiert viele in Hagen“, erklärt der Immobilienbesitzer und verweist auf den Erfolg, den schon die erste dieser ungewöhnlichen Veranstaltungen 2018 hatte.
Mit dem Tag der offenen Tür wolle er „eine andere Meinung“ aufzeigen und sich den Vorurteilen stellen. Die Gesellschaft sei offener geworden in den letzten Jahren, so Rohleder: „Die Leute schämen sich nicht, wenn sie hier reinkommen“, erklärt der Eigentümer.
„Mädchen“ bezahlen eine Tagesmiete
In seiner Institution arbeiten zurzeit fünf bis sechs selbstständige „Mädchen“, berichtet er. Diese seien nicht angestellt, sondern bezahlten lediglich eine Tagesmiete für die Nutzung der Räumlichkeiten an ihn. Alles im Rahmen der Legalität, unter der Obhut der Behörden. Die Sexarbeiterinnen bekämen eine Erlaubnis von der Stadt Hagen, erklärt Sabrina Göbel, die als Sachbearbeiterin für das Prostituiertenschutzgesetz am Tag der offenen Tür Informationen rund um die rechtlichen Grundlagen liefert.
„Wir machen das freiwillig“, erklärt „Maria“ (28). „Viele denken negativ über unsere Arbeit“, kritisiert die Sexarbeiterin. Fragen zu ihrer Arbeit beantwortet sie gerne, obwohl sich die Besucher etwas zurückhaltend zeigen. Mit einem Rückgang des täglichen Umsatzes auf 100 bis 150 Euro mache sich die aktuelle wirtschaftliche Lage auch bei ihr bemerkbar, sagt sie.
Besuch führt zu unterschiedlichen Sichtweisen
„Weil man es als Frau ja sonst nicht sieht“, erklärt Daniela ihren Besuch. „Es ist wichtig, dass es dieses Gewerbe gibt und mit den Vorurteilen aufgeräumt wird“, ergänzt Janina. „Wir wollten uns ein objektives Bild verschaffen“, erklärt Alex, der mit den beiden Frauen am Tisch sitzt. Der Tag der offenen Tür biete dafür einen angemessenen und sicheren Rahmen.
„Mein Mann hat sich tierisch aufgeregt“, erzählt Petra (64) ironisch. „Reine Neugier“ habe sie mit einigen Freunden hergetrieben: „Man hört ja sonst viel über die Illegalität.“ Es sei ein Einblick in eine Parallelwelt und eine Erfahrung, die zum Abbau von Vorurteilen führen könne.
„Ein Gewerbe wie alle anderen auch“
„Sehr schmuddelig und sanierungsbedürftig“, kommentiert Sylvia (71) den Zustand des Gebäudes. Das Bild, das sie gehabt habe, habe sich durch den Besuch bestätigt. „Wir leben ja nicht mehr im vorletzten Jahrhundert“, ergänzt Renate (71). Das Gewerbe sei ein Gewerbe wie alle anderen auch und müsse genauso respektiert werden.
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„Modern, ordentlich, sauber.“ Damit wollten sie sich vom Rest der Straße abheben, erklärt Jenifer Sprung, die an den Sanierungsarbeiten des Nachbarhauses beteiligt ist. Im „Haus 7“ soll zeitnah eine neue Table-Dance-Bar entstehen. „Man soll sich bei uns wohlfühle können.“
Der Tag der offenen Tür war in Zusammenarbeit mit den benachbarten Eigentümern organisiert worden. Man stünde nicht in Konkurrenz zueinander, sondern pflege ein geordnetes Miteinander, heißt es.