Hagen. Taxifahrerin „Konny“ ist als einzige Frau nachts in Hagen unterwegs. Zweimal ist sie schon überfallen worden. Warum sie trotzdem weiter fährt.
Taxifahrerin Kornelia Esken fährt jedes Wochenende nachts durch Hagen. Damit sei sie die einzige weibliche Taxifahrerin, erzählt die 66-Jährige. Andere Frauen würden sich nachts nicht auf die Hagener Straßen trauen. Aber „Konny“, wie Kornelia Esken von ihren Fahrgästen genannt wird, fährt nur nachts.
Bereits zweimal überfallen worden
Zweimal ist Kornelia Esken schon überfallen worden. „Beschaffungskriminalität“, erklärt sie lapidar. Einmal sei ihr sogar ein Messer an den Hals gehalten worden. „Aber die wollten nur Geld“, war sie letztlich über das vergleichsweise glimpfliche Ende erleichtert.
Glücklicherweise hat die Hagenerin bislang keine körperlichen Verletzungen davongetragen: „Mir ist kein Leid zugefügt worden“, sagt sie.
Aber sie musste lernen, mit dem Schock umzugehen. Verarbeiten konnte sie die Raubüberfalle auch mit Hilfe ihres Berufs. Sie habe viele Gespräche mit Fahrgästen geführt und ihnen von dem erschreckenden Erlebnis erzählt. „Das hat mir sehr geholfen“, erklärt Konny, wie bedeutsam die Gespräche mit Fahrgästen für sie waren.
Und umgekehrt erzählen ihr auch die Gäste viel aus dem Leben: „Friseur, Pfarrer, Taxifahrer. Ist alles auf einer Stufe“, findet Kornelia Esken. Denn in allen drei Berufen müsse man gut zuhören können.
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Seit 38 Jahren als Fahrerin im Taxi
Angefangen hat das Berufsleben von Kornelia Esken im Büro eines Kfz-Betriebs, wo sie als kaufmännische Angestellte tätig war. Dabei kam sie in Kontakt zu Taxifahrern eines Mietwagenunternehmers. „Durch Taxifahren kannst du mehr verdienen“, wurde ihr zu einem Wechsel geraten. „Büro war nie mein direkter Fall“, sagt sie, dass ihr der Bürojob sowieso zu langweilig war.
Also machte sie einen Beförderungsschein und fing gemeinsam mit einer Freundin mit dem Taxifahren an. Das war vor 38 Jahren. Ihre Freundin fuhr tagsüber, Konny von Anfang an nachts. Für Hochzeit und Kinder legte sie eine mehrjährige Pause ein. 1988 stieg sie dann wieder ein, abermals nur nachts. „Bin dann wieder ein- bis zweimal die Woche Taxi gefahren“, berichtet sie. Kurz darauf dehnte sie die Arbeitszeit auf fünf Tage aus – natürlich nur nachts.
Mittlerweile ist Kornelia Esken nicht mehr die Einzige aus ihrer Familie, die Taxi fährt: Ihre Schwester ist ebenfalls lange Zeit Taxi Taxifahrerin gewesen, arbeitet nun im Büro einer selbstständigen Taxibasis. Seit ein paar Monaten fährt Konnys Großnichte Taxi: „Und mein Sohn fährt auch schon seit fast zehn Jahren“, so Kornelia Esken.
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Pro Nacht zehn Stunden unterwegs
Warum sie als einzige Frau nachts auf der Straße ist? „Dafür braucht man halt Charakterstärke“, erklärt Kornelia Esken, dass sich viele Frauen nicht trauen. Vor einigen Jahren, erzählt sie, seien noch zwei oder drei andere Frauen nachts gefahren. „Die Kriminalität in Hagen hat sich zugespitzt“, meint sie.
Sie selbst bleibe trotzdem Nachtfahrerin: „Man lebt sich rein in diesen Beruf“, berichtet sie. Und der Stadtverkehr in der Nacht sei deutlich entspannter.
Seit über 13 Jahren fährt sie an den Wochenenden. Jede Nacht zehn Stunden – plus eine Stunde Pause. „Was man lernt, ist Menschenkenntnis.“ Schon nach wenigen Sekunden wisse sie, ob sie einer Person vertrauen könne oder nicht. Nach fast 40 Jahren Erfahrung habe sie diese Fähigkeit perfektioniert.
Aber eigentlich nimmt sie (fast) alle mit. „Nur die nicht, die nicht mehr fähig sind zu laufen und von zwei anderen unter die Arme genommen werden müssen.“ Und auch für kurzfristige Übelkeitsanfälle hat sie schon ein Feingefühl entwickelt: „Ich halte dann ganz schnell an und dann geht auch schon die Tür auf“, erklärt sie: „In den ganzen Jahren ist mir nur zweimal ins Auto gebrochen worden.“
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Als Angestellte arbeitet Konny auf Stundenlohnbasis, ein Vorteil gegenüber vielen ihrer Kollegen, wie sie findet. Sie stehe nicht so sehr unter Druck. Wenn sie einmal nicht so viele Fahrgäste hat, erhält sie trotzdem den Mindestlohn. „Die Situation für Taxifahrer ist schwieriger geworden“, berichtet ihr Kollege Masoud Ebrahimzade. Dem kann Kornelia Esken nur zustimmen, aber: „Ich mache mir keine großen Sorgen. Ich stehe nicht so unter Druck wie die anderen Fahrer.“
Sie ist seit kurzem Rentnerin. Trotzdem wird sie weiterfahren. Taxi. Nachts.