Hagen-Mitte. Was, wenn auf der Hochbrücke in Altenhagen keine Autos mehr fahren? Anwohner haben ihre Visionen aufgeschrieben – eine Studentin sammelt sie.

Man könnte Fußballspielen, bunte Blumen pflanzen, Fahrradfahren, oder einfach zusammensitzen und mit Nachbarn und Freunden Kaffeetrinken, statt aus dem Fenster auf vorbeifahrende Autos und Lkw zu schauen, die unentwegt im Sekundentakt an einem vorbeirauschen.

Das sind nur einige Ideen, die auf den vielen bunten Zetteln stehen, die Studentin Laura Sophie Weber gesammelt hat. „Träume deine Brücke“ steht auf diesen Zetteln. Zu sehen ist dort die Altenhagener Hochbrücke, wie sie sich an den Häusern und dem verlassenen Turm des Arbeitsamtes vorbeischlängelt. Sie verbindet die Hagener Mitte mit dem Norden.

„Ich bin vor zwei Jahren über die Brücke gefahren und habe gedacht: Es gibt hier so viel Potenzial, nicht nur die Stadtteile miteinander zu verbinden. Sie ist ein total interessanter Ort“, sagt die Architekturstudentin (RWTH Aachen/ETH Zürich). Sie hat die Idee und Diskussionen rund um die „Grünen Brücke“ mitverfolgt – und zum Thema ihrer Masterarbeit gemacht. „Es geht auch darum, nicht direkt etwas zu verteufeln, sondern der Idee, dass die Brücke ohne Verkehr für die Bürger genutzt werden kann, eine Chance zu geben“, sagt sie. „Abreißen kann man sie sonst immer noch.“

Kinder und Anwohner haben die Möglichkeit gerne genutzt, ihre Ideen für die Hochbrücke in Altenhagen auf Zetteln festzuhalten.
Kinder und Anwohner haben die Möglichkeit gerne genutzt, ihre Ideen für die Hochbrücke in Altenhagen auf Zetteln festzuhalten. © Privat | Laura Weber

Verkehrsfunktion wäre verzichtbar

Kaum eine Idee, das kann man wohl ganz objektiv gesehen sagen, wurde in den letzten zwei Jahren in Hagen so kontrovers diskutiert wie diese: Ein Stadtteilpark in luftiger Höhe, dafür keine Autos mehr und weniger Platz für den Individualverkehr – dieser Platz würde aber ebenso wegfallen, sollte man sich für einen Abriss des tristen Betonkollosses entscheiden.

Denn – so hatte zumindest ein erstes Gutachten ergeben, das bei Zeiten noch einmal erneuert werden muss – auf die Verkehrsfunktion könne man in Hagen verzichten. Die Idee eines Brückenparks hat dabei neben Befürwortern aber auch etliche Kritiker hervorgerufen. Bis es überhaupt in die Planung/Umsetzung geht, werden noch weitere Jahre verstreichen.

Dennoch hat sich in Hagen bereits in Initiativkreis aus engagierten Bürgern gebildet, um die Idee schon in einem frühen Stadium zu begleiten und in der Bürgerschaft eine konstruktive Diskussion anzustoßen.

An kleinen Tischen konnte fleißig gemalt und geschrieben werden. Aber nicht nur die Kleinen haben ihre Ideen zu Papier gebracht, auch andere Anwohner schrieben ihre Ideen auf.
An kleinen Tischen konnte fleißig gemalt und geschrieben werden. Aber nicht nur die Kleinen haben ihre Ideen zu Papier gebracht, auch andere Anwohner schrieben ihre Ideen auf. © Privat | Laura Weber

„Es geht in meiner Arbeit weder um finanzielle Fragen oder Machbarkeitsstudien. Ich beschäftige mich damit, wie ein solches Bauwerk umgenutzt werden – und dadurch auch ein Quartier verändern kann“, erklärt Laura Sophie Weber ihre Idee. „In Zeiten, in denen sich alle Diskussionen um Klimaschutz, grüne Infrastruktur und mehr Grün in den Städten drehen, kann ein solches Projekt auch ein Zeichen setzen.“

Für ihre Arbeit hat die Studentin den Kontakt zu der Bürgerinitiative gesucht, die sich für das Projekt stark macht. „Und ich habe zuletzt einen Workshop in Altenhagen durchgeführt. Er ist nicht repräsentativ – aber ich habe Ideen von Anwohnern und Bürgern gesammelt, wie die Altenhagener Brücke der Zukunft aussehen kann, wenn Autos und Verkehr wegfallen“, erinnert sie sich an die Stunden zurück. „Man sollte einfach seine Träume aufschreiben.“

Positive Resonanz aus der Nachbarschaft

Zusammengekommen sind dabei Ideen wie ein kleiner Fußballplatz, ein Café, ein Bratwurst-Stand oder eben bunte Blumenbeete. „Ich war überrascht, wie positiv das Projekt in der Nachbarschaft wahrgenommen wurde – zumindest bei den Menschen, mit denen ich gesprochen habe“, blickt sie auf ihren Workshop. Dabei gebe es auch architektonische Referenzprojekte, die zeigen würden, dass eine solche Idee durchaus umsetzbar wäre.

Das aber wird an anderer Stelle entschieden, zu einer anderen Zeit. „Unabhängig von meiner Arbeit bin ich natürlich gespannt, wie sich die Idee entwickeln wird und wie dieser Transformationsprozess aussieht. Architektonisch aber bietet die Brücke viele spannende Möglichkeiten für das Quartier“, sagt Laura Weber.

Die Ergebnisse ihrer Arbeit gehen trotz der weiter entfernten Uni aber nicht ganz an Hagen vorbei. Der Initiativkreis versichert schon jetzt: „Wir werden die Ergebnisse den Hagener Bürgerinnen und Bürgern vorstellen“, sagt Mitglied Ulf Schimmel.

Der Stand heute: Die Hochbrücke verbindet die Hagener Mitte mit dem Hagener Norden. Der Betonkollos könnte aber auch anderweitig genutzt werden.
Der Stand heute: Die Hochbrücke verbindet die Hagener Mitte mit dem Hagener Norden. Der Betonkollos könnte aber auch anderweitig genutzt werden. © WP | Michael Kleinrensing
Eine erste Visualisierung: So könnte die Grüne Brücke in Altenhagen aussehen, wenn es nach dem Initiativkreis Grüne Brücke geht.
Eine erste Visualisierung: So könnte die Grüne Brücke in Altenhagen aussehen, wenn es nach dem Initiativkreis Grüne Brücke geht. © Initiativkreis Grüne Brücke Hagen | Kamensky