Hohenlimburg. „Prävention findet nicht statt.“ - Die Anwohner im Nahmertal fühlen sich von der Stadt Hagen allein gelassen. Ihre Erinnerungen an die Flut:
Bei der Erinnerung an die Flut vor zwei Jahren kommen ihr Tränen in die Augen. „Das Haus war kurz vor fertig“, erinnert sich Carima Japes aus dem Nahmertal in Hohenlimburg. Dann kam die Flut. „Wir waren zum Glück versichert“, sagt sie. 80 Zentimeter hoch stand das Wasser, eineinhalb Wochen hatte die Familie keinen Strom. Knietief waren Schlamm und Geröll, die aus dem Wald auf das Grundstück von Familie Japes gespült wurden.
Inzwischen sieht alles wieder ganz normal aus, aber so richtig fertig sei das Haus trotzdem noch nicht, sagt Carima Japes: „Zwei Jahre lang haben wir sieben Tage die Woche am Haus gearbeitet. Wir haben keine Freunde getroffen, nichts mitgemacht. Wir waren vielleicht auf zwei Veranstaltungen eine Hochzeit und ein runder Geburtstag. Sonst haben wir unsere Wochenenden damit verbracht, am Haus und am Grundstück zu arbeiten.“ Die Familie hofft, bis Ende des Jahres „mit allem fertig“ zu sein.
Carmias Mann Stephan Japes erzählt, er habe nun eine Mauer um das Grundstück gebaut, zur Selbstprävention. Davor hatte es nur eine Hecke gegeben. Von der Stadt Hagen fühle man sich allein gelassen. Die Haardtstraße sei neu gemacht worden, aber: „Prävention findet nicht statt“, ist sich das Ehepaar einig. Die Kanalisation sei zu klein, mit den Wassermengen durch Starkregen überfordert. Carima Japes zeigt ein Video auf ihrem Handy aus der letzten Woche. Das Wasser staut sich in Hohenlimburg auf der Straße, kann nicht mehr ablaufen.
Erst jetzt merkt Carima Japes, wie sehr sie die Zeit während und nach dem Hochwasser mitgenommen hat. „Zu der Zeit hast du funktioniert“, sagt sie. „Was das mit dir macht, das merkst du dann erst jetzt.“ Zu der Zeit sei „so viel los im Kopf“ gewesen, dass sie das Erlebte kaum verarbeiten konnte. „Letzte Woche, wo es so geregnet hat…“, schnell wischt sie ihre Tränen weg. Die Angst, dass es noch einmal so weit kommen könnte, ist noch immer da.
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Roland Becker von der Reinhold Schmitt GmbH, die an der Obernahmerstraße Industriemaschinen verkauft, ist da schon optimistischer. „Die Nummer wird sich nicht wiederholen“, sagt er. Die Umstände hätten zum Hochwasser geführt, dass das noch einmal passiert, fürchte er nicht. Im Nachhinein könne man sowieso nur spekulieren, woran es gelegen haben könnte. „Was kommt, das kommt“, sagt er voller Optimismus.
„Wir sind hier komplett ertrunken“, erinnert Becker sich an die Flut. Totalschaden - „Alles war Schrott.“ 120 Tonnen Schlamm und Geröll auf dem Gelände, die Rolltore der Hallen geplatzt. Eine Frage steht im Raum: „Machen wir weiter?“ Im Nachhinein sei er froh, dass man sich zum Weitermachen entschieden habe. Neben der Elementarschadenversicherung, sei auch die Unterstützung aus der Nachbarschaft eine große Hilfe gewesen. „Unbeschreiblich“, findet Becker die Hilfsbereitschaft.
Auch den Keller von Gerhard Bierek, einem Anwohner in Nahmer hat das Hochwasser getroffen. Seine Frau möchte nicht über die Flut sprechen – das Thema ist für sie noch immer zu emotional. Er jedoch hat viel zu erzählen. Das Wasser habe die Heizung, Steckdosen und Stromleitungen im Keller beschädigt – „alles kaputt“, sagt Gerhard Bierek. Sechs bis acht Wochen Wartezeit beim Klempner, Strom aus dem Aggregat. Bis alles repariert ist, muss Familie Bierek so die Zeit überbrücken.
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In der Garage sei ein bisschen Schlamm gewesen, erinnert sich Gerhard Bierek, aber den Keller, den habe es total erwischt. Heute stellt er dort nicht mehr viel rein. Im Februar 2022 dann der nächste Schock: Es brennt. Im Keller ist Wasser in den Stromkabeln oxidiert, es knallt. Wieder ist der Keller voller Wasser - nur diesmal vom Löschen der Feuerwehr. Und trotzdem sagt Bierek: „Ich habe keine Angst, dass das noch mal passiert. Ich bin mit Hochwasser bzw. an der Lenne groß geworden, daher kenne ich das. Aber so was wie vor zwei Jahren, das hatten wir noch nie.“