Hagen. Männer meiden oft den Gang zum Urologen. Über Probleme mit der Prostata oder der Blase spricht man nicht gerne. Dabei kann Vorsorge Leben retten:

Über Probleme mit der Prostata oder der Blase spricht man nicht gerne. Gerade Männer meiden den Gang zum Urologen so lange es geht, sei es aus Scham oder einfach aus Nachlässigkeit. Die Urologie beschäftigt sich mit den harnbildenden und harnableitenden Organen sowie den männlichen Geschlechtsorganen und der Prostata.

Dr. Wilfried Martin, Chefarzt der Klinik für Urologie, urologische Onkologie und Kinderurologie am Agaplesion Klinikum Hagen weist auf den meist unbekannten Schwerpunkt der Eingriffe im Klinikum hin: „Der größte Teil unserer Patienten sind Tumorpatienten – Prostata, Blase, Niere, Penis und Hoden. Bis auf bei Hodenkrebs sind die meisten Patienten schon älter. Dabei wird in der Grünstraße neben der operativen Therapie auch die komplette Chemotherapie in eigener Regie durchgeführt. Die urologischen Abteilungen des Klinikums sind die einzigen auf diesem Fachgebiet in Hagen.“

Darüber hinaus betreuen sie Patienten, die mit urologischen Erkrankungen in der hauseigenen Klinik für Kinder- und Jugendmedizin aufgenommen wurden. „Die Urologen sind diejenigen, die eigentlich immer schon minimalinvasiv behandelt haben. Wir stecken unsere Instrumente durch natürliche Körperöffnungen wie die Harnröhre oder von außen in die Niere hinein, um Steine zu behandeln“, erklärt Dr. Martin nicht ohne Stolz. „Die minimalinvasive Therapie ist unser Hauptgeschäft. Dabei sind die Instrumente nicht dicker als ein Bleistift“, ergänzt er.

Vorsorge ist lebenswichtig

„Häufige Erkrankungen sind gutartige Prostatavergrößerungen, die Gott sei Dank nicht alle operativ behandelt werden müssen“, erklärt Dr. Martin. Probleme beim Wasserlassen ließen sich oft gut medikamentös über Jahre behandeln und betreffen rund ein Drittel aller Männer über 50 Jahren. Eine Operation ist nur dann notwendig, wenn Schmerzen, Harnsperre, wiederholte Infektionen oder Blasensteinbildung auftreten. Die OP erfolgt dabei überwiegend endoskopisch durch die Harnröhre. Die häufigste bösartige Erkrankung des Mannes ist der Prostatakrebs. „Nur 20 Prozent der Männer gehen regelmäßig zur Vorsorge. Das ist recht traurig. Frauen sind mehr als doppelt so häufig dabei“, ergänzt Dr. Martin.

Das Modell einer Harnblase.
Das Modell einer Harnblase. © WP Michael Kleinrensing | KLEINRENSING, Michael

Die Vorsorge startet beim Mann mit 45 Jahren und beinhaltet nicht nur die Untersuchung der Prostata, sondern auch die Urinuntersuchung auf Blut, eine Ultraschalluntersuchung der Nieren auf Nierensteine, Tumore oder Stauungen, das Abtasten der Genitalien und der Prostata. Dr. Martin empfiehlt, die Untersuchung beim Facharzt für Urologie durchzuführen und den PSA-Test – den die Krankenkassen nicht bezahlen – auf jeden Fall machen zu lassen. „Der PSA-Wert ist der einzige Blutwert, wo sie Krebs im Frühstadium erkennen können“, meint dazu Dr. Martin.

Der Urologe ist in der Lage, den Wert zusammen mit den Ergebnissen der Prostatauntersuchung zu interpretieren. Das Problem sei, dass ein bösartiger Prostatatumor lange Zeit überhaupt nicht wehtue und keine Symptome verursache. „Wenn dann Schmerzen auftreten, ist er oft schon fortgeschritten“, weist Dr. Martin nochmals auf die wichtige Vorsorge hin. Ein großer Vorteil bei einer frühen Diagnose seien nämlich erheblich verbesserte Heilungsmöglichkeiten.

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    Nierensteine vermeiden

    „Nierensteine sind eine Volkskrankheit, man kann davon ausgehen, dass 10 bis 20 Prozent der Menschen einmal im Leben davon betroffen sind“, erklärt Dr. Martin. Die meisten Steine gehen spontan mit Schmerzen ab. Für 70 Prozent der Menschen ist das Thema Nierensteine damit erledigt. Bei 30 Prozent kommt die Nierensteinproblematik immer wieder.

    Wie kann man Nierensteine vermeiden? „Ballaststoffreiche Kost, gesunde Mischkost, Körpergewicht normalisieren, körperliche Bewegung und eine Trinkmenge von Minimum zwei Litern täglich“, empfiehlt Dr. Martin. Bei einer Therapie in der Klinik werden die Steine durch verschiedene Eingriffe entfernt, fast immer minimalinvasiv. Dabei kommt es darauf an, ob die Steine im Harnleiter oder in der Niere sind. In unserer Region treten relativ viele Tumore auf. „Die Risikofaktoren sind Rauchen, Übergewicht und der Kontakt mit Lösungsmitteln“, informiert Dr. Martin.

    Nierentumore können gut durch eine Ultraschalluntersuchung im Rahmen der urologischen Vorsorge erkannt werden. Werden sie rechtzeitig entdeckt, kann im Klinikum oft nierenerhaltend operiert werden. Glücklicherweise hat der Mensch zwei Nieren und lebt auch bei Entfernung einer Niere normal weiter. Bekanntes Beispiel: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der eine Niere seiner Frau gespendet hat.

    Rauchen wirkt sich auch in anderen Bereichen deutlich negativ aus: „80 bis 90 Prozent der Patienten mit Blasenkrebs sind Raucher“, weist Dr. Martin auf die größte Gefahrenquelle für Blasenkrebs hin. Erstes erkennbares Alarmzeichen ist sichtbares Blut ohne Schmerzen im Urin. Es ist das häufigste Symptom, aber kein Frühsymptom. Hier gilt es, nicht abzuwarten, sondern sofort den Urologen aufzusuchen. Schmerzhafte Blutungen können auf Blasenentzündungen und Steine hinweisen. Die Blasenentzündung tritt häufiger bei Frauen auf. Bei einer Früherkennungsuntersuchung des Urins wird auch festgestellt, ob Blut im Urin vorhanden ist. Auch bei einer Ultraschalluntersuchung der Blase wird ein größerer Blasentumor erkannt. Wird er rechtzeitig entdeckt, dann kann der Tumor oft endoskopisch mit guten Heilungschancen entfernt werden. Im weit fortgeschrittenen Stadium hilft nur noch die chirurgische Blasenentfernung.

    Im Agaplesion Klinikum Hagen ist sogar die Rekonstruktion einer neuen Blase mit einem Stück des eigenen Dünndarms möglich. „Das ist Handarbeit, das geht nicht maschinell“, weist Dr. Martin auf die hohe Kompetenz der Urologie im Klinikum hin, die von der einfachen Steinbehandlung bis zur rekonstruktiven Tumorchirurgie reicht.