Hagen. Vor zwei Jahren übernahm Felix Urban den Metallbetrieb seiner Familie in Hagen. Das Unternehmen expandiert in atemberaubendem Tempo.

Eines Tages raffte sich Felix Urban auf, trat zu seinem Onkel ins Büro und fragte ihn gerade heraus, ob er ihm die Firma nicht übertragen wolle. Zu seiner Überraschung habe der Onkel postwendend zugesagt: „Es war, als habe er nur darauf gewartet, dass ich ihn anspreche.“ Ein Jahr später war der junge Mann aus Hagen Inhaber der Firma Urban Metallverarbeitung mit 25 Mitarbeitern in Delstern.

In Windeseile expandierte Felix Urban. Obwohl ihm die Jahrhundertflut im Juli 2021, die mit seiner Betriebsübernahme fast zeitgleich zusammenfiel und das an die Volme grenzende Firmengelände meterhoch unter Wasser setzte, einen denkbar schlechten Start erwischte, gelang ihm das Kunststück, den Umsatz zu steigern und die Mitarbeiterzahl zu verdoppeln. „Damals habe ich mir eine hohe Arbeitsgeschwindigkeit zugelegt, die ich bis heute beibehalten habe.“

Komplexer Generationenwechsel

Die Übergabe der Verantwortung vom Onkel an den Neffen bei der Firma in Delstern dient der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK) in Hagen als Beispiel für eine gelungene Nachfolgeregelung. Vielen Chefs werde erst zu spät bewusst, wie komplex der Generationenwechsel im Unternehmen sein könne, sagt SIHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Geruschkat: „Es ist eine der schwierigsten Phasen in einem Unternehmensleben – eine Phase zudem, die mit unheimlich vielen Emotionen verbunden ist.“

Ralf Geruschkat und Fabian Schleithoff von der Industrie- und Handelskammer in Hagen zu Besuch bei Felix Urban (von links).
Ralf Geruschkat und Fabian Schleithoff von der Industrie- und Handelskammer in Hagen zu Besuch bei Felix Urban (von links). © WP | Michael Kleinrensing

Auch wenn die Unternehmensleitung bei der Urban Metallverarbeitung GmbH in der Familie blieb, so sei die Übernahme doch ein komplexer, sich über Monate hinziehender Prozess gewesen, berichtet Felix Urban: „Ich wollte nichts geschenkt bekommen. Für mich war es wichtig, keine Vorteile zu genießen, nur weil ich zur Familie gehöre.“

Zudem habe er Vater und Onkel finanziell abgesichert aufs Altenteil schicken wollen. Zunächst fand er keine Bank, die ihm den notwendigen Kredit einräumen wollte. Erst als sich seine Vorgänger mit einem Verkäuferdarlehen einverstanden erklärten, kam das Geschäft zustande.

Eine gehörige Portion Unternehmergeist

Vertragliche, erbschaftsrechtliche, wirtschaftliche und steuerliche Aspekte müssen bei einer Nachfolgeregelung beachtet werden. Und man benötigt eine gehörige Portion Unternehmergeist, den Felix Urban (36) zweifellos besitzt: „Ich sehe mich sozusagen als Coach, ich bin ein Meister im Delegieren. Ich kann eine bestimmte Arbeit vielleicht zehnmal schneller als ein Mitarbeiter erledigen, aber das wäre der falsche Ansatz. Ich besitze die Fähigkeit Macht abzugeben, und die muss ich als Unternehmer besitzen.“

Das Unternehmen Urban Metallverarbeitung hat seinen Sitz in Hagen-Delstern.
Das Unternehmen Urban Metallverarbeitung hat seinen Sitz in Hagen-Delstern. © WP | Michael Kleinrensing

Auf die Übernahme der Firma, die Panzerstahlbleche bearbeitet und die Rüstungsindustrie beliefert, hat er sich lange vorbereiten können. Seit seinem 18. Lebensjahr arbeitet der ebenso hemdsärmelige wie blitzgescheite Urban bereits im Betrieb, absolvierte eine Lehre als Zerspanungsmechaniker und studierte Maschinenbau – ohne Abschluss: „Das Studium abzuschließen war für mich nicht von Bedeutung. Ich wollte ja Unternehmer werden.“

Etwas schaffen oder scheitern

Urban berichtet, er habe sein ganzes Leben rund um die Firma herum geplant. Früher wohnte er direkt neben der Fabrik an der Delsterner Straße, bis ihm der ständige Maschinenlärm denn doch zu viel wurde und er sich mit seiner Frau, die als Lehrerin an einer Gesamtschule tätig ist, ein anderes Zuhause suchte. Den vielbezeugten Respekt, den Unternehmer einst genossen, gebe es heute nicht mehr, sagt er.

Aber er hat die Firma auch nicht übernommen, um Anerkennung einzuheimsen. Seine Vision sei es, wenn er einst im Sterbebett liege, auf etwas zurückblicken zu können, das er geschaffen habe. Er sei ein risikofreudiger Mensch, ja, er habe täglich Angst zu scheitern, ja, aber noch größer sei seine Angst davor, am Ende seines Lebens nichts geleistet zu haben: „Mein Unternehmersein ist ja keine Luftblase. Mir ist bewusst, dass ich Verantwortung trage und 50 Familien zu ernähren habe. Und eines Tages will ich meine Schulden vollständig abbezahlt haben, da bin ich ganz ein Unternehmer alter Schule.“

Urban arbeitet im Beschleunigungsgang, er befindet sich auf der Überholspur. In Holland will er eine neue Fabrik hochziehen, außerdem betreibt er eine Immobilienfirma. Er hat zwei neue Fertigungshallen errichten lassen und zwei riesige Maschinen gekauft: „Alles schon wieder ausgelastet.“

Ob er scheitern könnte? „Das wird einfach nicht passieren.“