Hohenlimburg. Ein Positionspapier taucht in Hagen auf und sorgt in Hohenlimburg für Ärger. Man interpretiert, dass dort der Stadtumbau gestoppt werdne soll.
Ein mit „Positionspapier“ überschriebenes Schriftstück sorgt für Irritationen in Hohenlimburg. Verfasst wurde es vom Beirat der Hagener Wirtschaftsentwicklung, unter deren Dach in Hagen die Wirtschaftsförderung betrieben wird. Der Beirat blickt mit Sorge auf die Entwicklungen in der Hagener Innenstadt und rät auch mit Blick auf das längst verabschiedete, zwölf Millionen Euro umfassende Integrierte Stadtentwicklungskonzept (INSEK) in Hohenlimburg, „dass die Politik die Priorisierung im Rahmen des INSEK nun zugunsten der Innenstadt revidiert.“
Die Kaufhof-Schließung sei ein Warnsignal, man müsse sich dem Strukturwandel stellen und Akzente setzen, erklärt der Beirat in seinem Papier. „Nicht nur der immer stärker werdende Online-Handel macht der Innenstadt zu schaffen, auch Faktoren wie die Corona-Folgen, die Energiekrise, die Konsumflaute und die noch immer spürbaren Auswirkungen des Hochwassers erfordern ein engagiertes Handeln.“ Deshalb nehme das Thema „Vitale Innenstadt“ auch im Prozess „Hagen Horizonte 2035“ einen breiten Raum ein.
Innenstadt in den Fokus
Die Innenstadt, so der Beirat weiter, müsse nun sofort in den Fokus der Stadtentwicklung genommen werden. Das mit Städtebauförderungsmitteln ausgestattete INSEK biete dafür einen guten Rahmen. „Allerdings sind die Kapazitäten hierfür bis auf Weiteres in Hohenlimburg gebunden. Für die politische Entscheidung, das INSEK Hohenlimburg dem INSEK Innenstadt vorzuziehen, gab es seinerzeit gute Gründe. Aber wir haben jetzt eine Lage, in der das Hauptzentrum Innenstadt auch das Hauptaugenmerk der Stadtentwicklung benötigt“, so der Beirat. Und dann folgt der eingangs zitierte Satz mit dem Rat, die Priorisierung zu „revidieren“.
„Wer so etwas fordert, hat keine Ahnung von den Abläufen eines solchen Förderprojekts, auf das wir in Hohenlimburg gemeinsam mit der Fachverwaltung acht Jahre lang hingearbeitet haben“, kritisiert Frank Schmidt, Mitglied der Bezirksvertretung Hohenlimburg und Sprecher seiner Fraktion Bürger für Hohenlimburg/Die Partei im Stadtentwicklungsausschuss. Dem Gremium gehören insgesamt elf führende Vertreter hochrangiger Unternehmen und Verbände an. Neben Sparkassen-Vorstand Martin Schulte noch SIHK-Geschäftsführer Ralf Geruschkat, Märkische-Bank-Vorstand-Achim Hahn, Professor Erich Behrendt (wisnet e.V.), Enervie-Vorstand Erik Höhne, Carl-Bechem-Geschäftsführer Christoph Hundertmark, Christian Isenbeck vom Unternehmerverein, Kreishandwerkerschaft-Geschäftsführer Sebastian Baranowski, Handelsverband-Geschäftsführer Klaus Wilmers, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Ahmet Yilmaz und Christian Kurrat, an der Fernuni als Studiengangskoordinator zuständig.
Gräben zwischen den „Städten“
Frank Schmidt hinterfragt in diesem Zusammenhang die Legitimation des Beirates, der „sein Dasein in den vergangenen Jahren entweder im Tiefschlaf oder aber unterhalb des Wahrnehmungsradars der Öffentlichkeit gefristet“ habe. Und weiter: „Wenn die Kapazitäten innerhalb der Verwaltung für beide Aufgaben nicht ausreichen, dann müssen die Kapazitäten eben ausgeweitet oder andere Lösungen gefunden werden. Der Vorschlag der Wirtschaftsbosse ist letztlich nur geeignet, neue Gräben zwischen Hagen und Hohenlimburg aufzureißen.“
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Hohenlimburgs Bezirksbürgermeister Jochen Eisermann (CDU) sagt: „Man kann einem Beirat ja nicht das Denken verbieten.“ Er halte den Vorschlag dennoch für „an Schwachsinn nicht zu überbieten“ und verweist auf eine Klausurtagung, die Mitte der Woche im Hohenlimburger Rathaus zum INSEK stattgefunden habe und die dokumentiere, wie final und ernst alles sei. Doch auch außerhalb der Gremien-Tische werden in Hohenlimburg längst Fakten geschaffen, die direkt mit der Hoffnung auf Insek in Verbindung stehen: Wie etwa das Großprojekt am Langenkamp, wo eine neue Kita, Seniorenzentrum, Betreutes Wohnen und Wohnhäuser entstehen.
Die Hagener City erachtet Eisermann überdies als „gut aufgestellt“.
Kreative Lösungen finden
Den stellvertretenden Bezirksbürgermeister Mark Krippner (SPD) überrasche der Vorstoß“. Weil ein maroder Konzern ein Kaufhaus in der Innenstadt schließt, soll jetzt die jahrelang geplante Aufwertung eines ganzen Stadtteils, unseres Hohenlimburgs, zugunsten der Nachnutzung eines Kaufhauses gestoppt werden? Meiner Meinung nach können solche Fördermittel nicht auf Zuruf verändert werden. In der Vergangenheit haben andere Innenstädte kreative und gute Lösungen für die Nachnutzung eines solchen Leerstandes gefunden. Nur gut, dass wir klare politische Beschlüsse zur Priorisierung von Maßnahmen haben.“
Der Beiratsvorsitzende Martin Schulte war für die Redaktion seit Dienstag nicht zu erreichen. Beiratsmitglied und Märkische-Bank-Vorstand Achim Hahn verweist auf Anfrage zunächst darauf, dass er nicht Vorsitzender des Beirates sei und die Redaktion die Fragen diesem stellen möge. Aus dem Kreise anderer Beiratsmitglieder äußert sich Christian Isenbeck vom Unternehmerverein letztlich mit seiner persönlichen Meinung: „Das Positionspapier ist aus einer depressiven Stimmung entstanden. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht klar, ob die Rathaus-Galerie geöffnet werden kann. Mein persönlicher Vorschlag ist, dass man das Planungsbüro ,Planlokal’ parallel zum INSEK Hohenlimburg damit beauftragt, ein INSEK Innenstadt vorzubereiten.“ Einen Konflikt mit Hohenlimburg möchte Isenbeck vermeiden.
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„Als Geschäftsführer der Hagen Wirtschaftsentwicklung kann ich zwar nicht für deren Beirat sprechen, aber zur Aufklärung beitragen“, erklärt indes Christopher Schmitt. „Nach meinem Verständnis geht es dem Beirat darum, das INSEK Innenstadt zu beschleunigen. Dafür können verschiedene Möglichkeiten betrachtet werden, wie ein Umsteuern personeller Kapazitäten oder die Beauftragung Dritter. Der richtige Weg kann nur im Rahmen einer offenen politischen Diskussion im Dialog mit der Verwaltung gefunden werden. Eine Festlegung auf eine Umwidmung von Fördermitteln ist ihr ebenso wenig zu entnehmen wie die auf einen Abbruch des INSEK Hohenlimburg. Der Beirat hatte seine konstituierende Sitzung im September 2022.“
Zuvor saßen im Beirat die Gesellschafter der Hagen-Agentur. Oberbürgermeister Erik O. Schulz erklärt: „Die Verwaltung wird sich mit dem Vorschlag aus dem Kreise der im Beirat vertretenden Institutionen auseinandersetzen insbesondere, was die Zeitschiene betrifft und ob der gemachte Vorschlag faktisch umsetzbar ist.“