Haspe. Unterrichtsbeginn um 9.13 Uhr oder 13.47 Uhr: Laufen die Uhren anders an der Gesamtschule Haspe? Die Zeiten sind jedenfalls gewöhnungsbedürftig.

Wer einen Blick auf den Stundenplan an der Gesamtschule Haspe in Hagen wirft, wird stutzig. Statt der herkömmlichen „runden“ Anfangszeiten zeigt das Stundenraster Unterrichts- und Pausenzeiten mit „krummen“ Zahlen: So beginnt die zweite Stunde um 9.13 Uhr, die dritte um 10.26, die vierte um 11.49 Uhr und die fünfte Unterrichtsstunde um 13.47 Uhr.

Gehen die Uhren in Haspe anders als an anderen Schulen? Ist die Gesamtschule besonders pedantisch? Oder haben die krummen Anfangszeiten gar etwas mit Karneval oder Zirkus zu tun?

Nichts von alledem ist richtig. Vielmehr hat sich die Schulgemeinschaft aus verschiedenen Gründen für eine Abkehr von den konventionellen 45-Minuten-Einheiten entschieden. Stattdessen dauert eine Unterrichtsstunde an der Gesamtschule Haspe genau 67,5 Minuten. Und aus dieser verlängerten Unterrichtseinheit resultieren die vom gewöhnlichen 5-Minuten-Takt abweichenden, nicht gerade alltäglichen Anfangszeiten.

Gruppen-, Partner- und Freiarbeit

Für die Einführung der 67,5-Stunden-Unterrichtseinheit gebe es gute Gründe, erläutert Schulleiterin Asgard Franz. Lehrer und Schüler könnten im jeweiligen Fach längere Zeit konzentriert durcharbeiten, zudem könnten einzelne Themen vertieft behandelt werden. Gruppen-, Partner- und Freiarbeit seien wesentlich effizienter umzusetzen als wenn die Unterrichtsstunde nach 45 Minuten beendet sei: „Auch was die Differenzierung angeht, sind die Vorteile gar nicht wegzudiskutieren.“ Das sei durch mehrere wissenschaftliche Studien belegt.

Hektik und Alltagsstress an der Hasper Gesamtschule haben seit Einführung der 67,5-Stunden deutlich abgenommen, es sei eine gewisse Entschleunigung eingekehrt, die dem Lernklima ausgesprochen gut tue: „Es bleibt mehr Zeit für aufwändigere Projekte und Versuche“, so Asgard Franz. Hinzu komme, dass die Rucksäcke der Schülerinnen und Schüler nun deutlich leichter seien, weil sich die Zahl der Fächer pro Tag reduziert habe.

Modell hat sich bewährt

Andererseits hat sich die Zahl der Unterrichtsminuten pro Fach nicht verringert. Die 67,5-Einheit hängt denn auch eng mit der Vorgabe zusammen, dass ein Grundkurs in der Oberstufe 135 Minuten pro Woche einnehmen muss – das entspricht genau drei herkömmlichen 45-Minuten-Einheiten. Und 67,5 Minuten entsprechen genau eineinhalb alten Unterrichtsstunden.

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Die ebenfalls vorgeschriebenen Pausen- bzw. Erholungszeiten mitberücksichtigt, ergeben sich aus den längeren Unterrichtseinheiten die gewöhnungsbedürftigen Anfangszeiten, die allerdings in der Praxis eine untergeordnete Rolle spielen. Nach Bedarf könne eine Stunde auch mal nur 67 Minuten oder aber auch 68 Minuten dauern, so Schulleiterin Franz: „Das entscheidet der Lehrer.“

Mit Karneval oder Pedanterie hat das Modell also nichts zu tun. Und da es sich bewährt hat, will die Schulgemeinde auch in Zukunft daran festhalten.