Hohenlimburg. Seit 125 Jahren ist das Bestattungshaus Pieper in Hohenlimburg ansässig. Ein alteingesessener Familienbetrieb – mit klaren Botschaften:
125 Jahre alt zu werden, das war Sean Connery nicht vergönnt. Aktuell schmücken seine Bilder die Schaufenster eines Familienbetriebes, der selbiges Jubiläum aber in diesem Jahr feiert: Das Bestattungshaus Pieper. Alle drei Monate wird das Schaufenster von einem externen Dienstleister neu gestaltet, immer einem verstorbenen Musik- oder Filmstar zu Ehren. Hinter der „Fassade“, die der vor bald drei Jahren verstorbene Filmstar Connery zurzeit schmückt, steht ein alt eingesessener Betrieb aus Hohenlimburg mit viel Tradition.
Familienbetrieb in dritter Generation
Rudolf-Wilhelm Pieper (85) führt das Haus nunmehr in dritter Generation seit 1978, seine Frau Christa (71) ist seit 1969 dabei und Tochter Nicole Pieper-Rützel (49) blickt auch schon auf 27 Jahre zurück. Dass sie den Betrieb irgendwann in die vierte Generation führen wird, war dabei nicht selbstverständlich, denn sie hatte zunächst andere Pläne und machte eine Ausbildung zur Industriekauffrau. „Mittlerweile bin ich froh, den Weg zurück ins Familienunternehmen gegangen zu sein. Es ist ein befriedigendes Gefühl, fortzuführen, was mein Urgroßvater einst geschaffen hat“.
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Ob Rudolf-Wilhelm Pieper einen Plan B hatte für den Fall, dass seine Tochter nicht mit eingestiegen wäre? „Nein, darüber habe ich nie nachgedacht“. Auch heute noch drehe er täglich mindestens eine Runde durch die Geschäftsräume und bestelle die Urnen für die Ausstellung oder auf Kundenwunsch. „Früher haben wir die Särge selbst hergestellt, später auch Möbel und Türen“, aber die Teile der Werkstatt sind modernen Büroräumen gewichen, „heutzutage werden Särge importiert, hierzulande ist es einfach zu teuer geworden.“
Die Familie lebt das Unternehmen: Christa Pieper macht die Buchführung, während Nicole Pieper-Rützel sich mit zwei Angestellten um alles andere kümmert. Und das ist so Einiges. „Die Ausbildung zum geprüften Bestatter bzw. die später eingeführte dreijährige Ausbildung zur Bestattungsfachkraft umfasst alle Themen rund um Hygiene, Trauerfloristik, Personenstandsrecht, Grabmachertechnik, Trauerpsychologie, Betriebswirtschaftslehre“, erläutert Nicole Pieper-Rützel. „Früher waren 70 bis 80 Prozent aller Bestattungen Erd-, nur 20 bis 30 Prozent waren Urnenbeisetzungen. Heute ist es umgekehrt“.
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Mehr Urnenbestattungen
Woher kommt diese Entwicklung? „Eine Urnenbeisetzung ist je nach Grabwahl kaum günstiger, aber Viele scheuen sich vor der Verpflichtung einer 30-jährigen Grabpflege. Heute ist man mobiler, kaum einer weiß, wo er in zehn Jahren sein wird. Dabei gibt es auf städtischen und kirchlichen Friedhöfen auch pflegefreie Grabstellen.“Bürokratie hat zugenommen Christa Pieper ergänzt: „Insgesamt ist der bürokratische Anteil an der Arbeit eines Bestatters gegenüber früher enorm gestiegen“, aber was die eigentliche Arbeit ausmacht, ist auch das, was Nicole Pieper-Rützel so am Beruf schätzt.
„Es ist der tägliche Umgang mit den Menschen und der Respekt gegenüber den Lebenden und den Toten, Hilfestellung in Zeiten tiefster Trauer geben zu können oder auch schon davor.“ Nicole Pieper-Rützel rät, sich schon zu Lebzeiten Gedanken zu machen, gegebenenfalls Bestattungsvorsorge zu treffen, damit der oder die Verstorbene das Begräbnis bekommt, was er sich wünscht, ohne seine Angehörigen mit der Organisation oder finanziell zu belasten. „Alles kann man zu Lebzeiten festlegen, Streitigkeiten vermeiden und über die Deutsche Bestattungsvorsorge Treuhand AG finanziell absichern.“ Weitere Infos unter www.bestatter.de.
„Wir beraten gerne, möglich ist die Beratung aber bei allen Bestattungsunternehmen, die dem Bundesverband Deutscher Bestatter e. V. angehören“, fügt Christa Pieper hinzu.
„Tod ist immer noch Tabuthema“
Geht man anders mit dem Tod um, wenn er quasi Geschäftspartner ist? „Der Tod ist immer noch ein Tabuthema, daran werden auch Fernsehformate wie aktuell „Sterben für Anfänger“ mit Steffen Hallaschka und Olivia Jones (RTL) so schnell nichts ändern“, da sind sich alle drei einig. Sie bedauern das, denn der Tod ist etwas Normales, er gehört zum Leben dazu. Die Statistik sagt, dass alle 33 Sekunden ein Mensch in Deutschland stirbt.
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Im Jahr sind das fast 955.000. Bei ihnen gehörten Leben und Sterben schon immer zusammen, sie kennen es nicht anders, beruflich und räumlich. Sie haben beides unter einem Dach vereint, und erst 2021 mussten sie die zweitgeborene Tochter, Nicole Pieper-Rützels jüngere Schwester, nach schwerer Krankheit selbst zu Grabe tragen. Das haben sie nur schwer verkraftet. „Wir wissen nicht, ob es ein Leben nach dem Tod gibt“ sagt Rudolf Pieper, „aber wir wissen ganz sicher, dass es ein Leben vor dem Tod gibt. Das sollten wir genießen, jeden einzelnen Tag.“
Feier im kleinen Rahmen
Gefeiert wird das 125. Jubiläum im Betrieb nur im kleinen Rahmen mit der Familie, den Angestellten und ein paar guten Freunden. Nicole Pieper-Rützel hat einen 12-jährigen Sohn. Ob er das Unternehmen eines Tages in die fünfte Generation führen wird, das ist noch nicht abzusehen. Aber dass die Möglichkeit grundsätzlich besteht, erfüllt Rudolf-Wilhelm Pieper und seine Frau mit Zuversicht. Neben der alten Werkstatt, die heute ein Lagerraum ist, gibt es auch einen Abschiednahmeraum. Hier bekommen Angehörige auf Wunsch die Gelegenheit, sich am offenen Sarg bei Kerzenlicht in Ruhe vom Verstorbenen zu verabschieden. Manchmal sind auch Kinder beim Abschiednehmen dabei – und Familie Pieper begrüßt das ausdrücklich.
Sie finden es wichtig, auch die junge Generation früh mit dem Thema Tod vertraut zu machen, haben etwa einen kindgerechten Film auf der hauseigenen Homepage bereitgestellt. Der Tod, eben ein Teil des Lebens – und für die Familie Pieper seit vielen Jahrzehnten die Existenz.
Friedhöfe in Hohenlimburg
Mehrere Begräbnisstätten halten die Kirchengemeinden in Hohenlimburg vor. Hierzu zählen die Friedhöfe an der Esserstraße und im Niederfeld; an der Iserlohner Straße im Ostfeld, am Boeckwaag und der Heide-Friedhof. Darüber hinaus gibt es Begräbnisstätten in Holthausen und in Berchum.
Im gesamten Stadtgebiet gibt es 60 Hektar städtische Friedhofsflächen, was etwa 84 Fußballfeldern entspricht. Den Großteil (40 bis 50 Hektar) nehmen kirchliche Friedhöfe ein.
Insgesamt 2.644 Sterbefälle gab es vergangenes Jahr im gesamten Hagener Stadtgebiet. 2.765 Sterbefälle waren es stadtweit im ersten Corona-Jahr 2020 – so viele wie seit 1980 nicht mehr.