Boele. In einer Burg mitten in Hagen lebt ein Maler. Die Wohnung ist mit seinen Bildern geschmückt. Wir erzählen von seinem fantastischen Leben:

Andreas Weische (57) aus Hagen ist ein widersprüchlicher Mensch. Während er malt, läuft der Fernseher, immerzu: „So kriege ich wenigstens mal was mit von der Außenwelt.“ Ob er etwa ein einsamer Mensch sei, ein Eigenbrötler, ein Sonderling, wollen wir wissen. „Keineswegs, ich pflege viele soziale Kontakte“, lautet die Antwort.

Er sei auch überhaupt kein ordentlicher Mensch, sagt Weische und deutet auf einen Schreibtisch: „Hier arbeitet meine Sekretärin. Ohne sie käme ich nicht zurecht, ich habe es nicht so mit dem Papierkram.“ Doch ein Blick auf seine geschätzt 800 Bilder, die in seiner Wohnung hängen, genügt, um sofort festzustellen, dass hier ein ausgesprochen ordentlicher, akribischer, ja pedantischer Maler am Werk ist: „Das stimmt“, gesteht er ohne Umschweife: „In meiner Kunst geht es immer ums Abfüllen, ums Intarsieren, ums Sortieren.“

Maler Andreas Weische empfängt seine Gäste im Salon. 
Maler Andreas Weische empfängt seine Gäste im Salon.  © WP | Michael Kleinrensing

Die Wohnung von Andreas Weische ist 240 Quadratmeter groß. Er lebt in einer Burg, in einer fantastischen Welt. Haus Ruhreck ist ebenso exklusiv wie unsichtbar, ein kleines Wäldchen umgibt und verbirgt die auf einem Hügel in Boele thronende Immobilie aus dem 19. Jahrhundert, erbaut 1871 bis 1878 von dem Waggonfabrikanten Caspar Diedrich Killing im Stile der Tudorgotik.

Zinnen, Ecktürmchen und ein runder Treppenturm

Ein Gebäude wie gemalt mit Zinnen, Ecktürmchen und einem runden Treppenturm, durch den 116 Wendelstufen zur Aussichtsplattform führen. Hier könnte sich ein einziger Ritter, lebten wir noch im Mittelalter, verschanzen und den Aufgang gegen ein ganzes Heer verteidigen. Als hätte König Ludwig II. von Bayern, der Schlossherr von Neuschwanstein, beim Bau die Hände im Spiel gehabt. Andreas Weische weiß, in welch märchenhaftem Ambiente er lebt: „Es ist eine andere Welt, man lebt hier wie entführt. Es entspricht dem, was ich bin.“

Fotostrecke- Ein fantastisches Leben - Maler Andreas Weische

Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
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Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
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Künstler Andreas Weische.
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Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
Künstler Andreas Weische.
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Dass es so ein sagenhaftes Haus gibt in Hagen! Es spukt in dem Gemäuer, behauptet Weische. Er gehöre zur Wiener Schule von Ernst Fuchs, sagt er, sein Metier ist die fantastische, visionäre Malerei. Er malt Einhörner, Augen, Vögel.

Der Maler in seinem Atelier.
Der Maler in seinem Atelier. © WP | Michael Kleinrensing

Meist beginnt er mit einer Landschaft, auf der er, wie der Regisseur auf der Theaterbühne, seine Protagonisten platziert, und wenn es fliegende Bücher sind. Immer herrscht eine gewisse Ästhetik vor, eine harmonische Komposition – das muss man anerkennen, auch wenn man sonst mit fliegenden Büchern nicht viel anfangen kann.

Dreispitz und Stulpenstiefel

Andreas Weische ist keine verschrobene Existenz, er weiß sich zu verkaufen. Dass er seit Jahrzehnten von seiner Malerei leben könne, habe damit zu tun, dass er Geschäftssinn besitze: „Als Maler musst du dafür sorgen, zur richtigen Zeit an den richtigen Stellen präsent zu sein. Es kommt nichts von alleine.“

Er kann sich verkaufen, jahrelang trug er einen Dreispitz, der zu seinem Markenzeichen wurde. Nachdem er ihn abgelegt hatte, trat er in Stulpenstiefeln auf. Er raucht und empfängt Gäste im Salon, auf der Tischdecke aus Pannesamt liegt ein Bilderrahmen, in dem sich zwei Rabenskulpturen und ein fünfteiliger Kerzenleuchter befinden. Das hat Stil.

Überall Bilder und Skulpturen – ein Blick in den Flur der Wohnung von Andreas Weische.
Überall Bilder und Skulpturen – ein Blick in den Flur der Wohnung von Andreas Weische. © WP | Michael Kleinrensing

Ein Künstler muss es verstehen, sich auf unbekanntes Terrain einzulassen, auf einen irren Hut, auf irre Stiefel, auf einen Mohrenkopfpapagei, mit dem er 30 Jahre lang zusammenlebte, auf Bilder, von denen er nicht weiß, wohin sie ihn führen. Die 800 Gemälde in seiner riesigen Wohnung, alle Wände und Winkel sind mit ihnen zugepflastert, bezeichnet er als seine Kinder: „Sie wachsen, werden flügge und müssen irgendwann aus dem Haus.“

Mitglied bei den Freimaurern in Hagen

Ein Fabrikant aus Altena habe ihn vor acht Jahren mit einem 400 Quadratmeter großen Atelier nach Hagen gelockt, berichtet Weische, der lange in Wien und München gelebt und gearbeitet hat. Als er ins Haus Ruhreck zog, verkleinerte er sich also um 160 Quadratmeter. Ihm fällt ein, dass unter den Spukgestalten im Haus ein kleiner Junge sei: „Keine Ahnung, wer das ist.“

Andreas Weische hat sich den Freimaurern in Hagen angeschlossen, er gehört zur Johannisloge Victoria zur Morgenröthe und strebt nach Einsicht in sein eigenes Ich: „Das eigentlich Böse an unserer Zeit ist ja das Desinteresse an Gesellschaftlichkeit, die Unverbindlichkeit der Menschen untereinander. Als Freimaurer hat mein Leben eine andere Richtung bekommen, ich habe die Probleme anderer Menschen viel stärker im Blick. Die Freimaurerei ist für mich ein individuelles Persönlichkeitstraining.“

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Andreas Weische ist ein fantastischer Maler, der eine fantastische Kunst verfolgt. Und das in einem fantastischen Schloss. Fast unsichtbar auf einem Hügel inmitten eines Wäldchens. Eine fantastische Welt mitten in Hagen.