Hagen. Mit modernen Verfahren werden in Hagen künstliche Befruchtungen durchgeführt. Abgeordnete Helling-Plahr spricht mit den Betreibern über Umbrüche:

In diesem Labor werden die Wünsche vieler Familien oder alleinstehender Mütter wahr. Für Dr. Birgit Lühr oder Dr. Reza Soleimani ist das ihre tägliche Arbeit. Mit hochkomplexen und modernen Verfahren werden im Labor des Kinderwunschzentrums „Freya“ (wie die nordische Fruchtbarkeitsgöttin) künstliche Befruchtungen durchgeführt.

Dr. Reza Soleimani. Der Mediziner ist erfahrener Embryologe.
Dr. Reza Soleimani. Der Mediziner ist erfahrener Embryologe. © WP | Michael Kleinrensing

Im Behandlungsraum nebenan werde die Eizellen entnommen. Im Labor werden sie dann unter dem Mikroskop mit den Spermien des Mannes zusammengeführt. Millimeterarbeit. „Und die Arbeit muss schnell gehen, es darf maximal eine Minute dauern – die Eizelle darf sich nicht lange außerhalb des Inkubators befinden“, erklärt der Embryologe Dr. Reza Soleimani. Anschließend beziehen sie in einem Inkubator ihre eigenen „Appartment-Suites“.

Ein paar Räume weiter können zudem Eizellen (befruchtet und unbefruchtet) eingefroren werden – „wir können Tausende Eizellen hier lagern“, gibt Dr. Lühr Einblicke – gelagert werden sie in flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad Celsius. Das alles ist sehr technisch, sehr medizinisch. Für die Frauen und Familien, die herkommen, entsteht aus den Besuchen, wenn alles funktioniert, aber ein echtes Wunder: ihr eigenes Kind. Rund 80 Prozent der Patientinnen werden innerhalb von drei Behandlungen schwanger.

Bessere Finanzierung

Ein Thema, das die Bundestagsabgeordnete von dem Termin zusätzlich mitnahm, ist die bessere Finanzierung der Praxen. Sie erhalten zwar Behandlungspauschalen, diese reichen aber bei weitem (vor allem angesichts gestiegener Material- oder Stromkosten) nicht mehr aus, um auf Dauer wirtschaftlich zu arbeiten.


Katrin Helling-Plahr betonte, dass der Gesetzgeber bei Förderungen für Patienten bereits nachgesteuert habe – Patienten, sowohl Privat- als auch Kassenpatienten, profitieren und können somit auf mehr finanzielle Unterstützung beim Thema Kinderwunsch hoffen: „So soll ein Besuch im Kinderwunschzentrum für jeden möglich sein, auch wenn die Personen finanziell nicht so gut aufgestellt sind.“

„Das ist keine Ausnahme mehr, es gibt immer mehr Kinder aus einer künstlichen Befruchtung“, sagt die FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr, die sich schon seit mehreren Jahren für neue Möglichkeiten in der modernen Reproduktionsmedizin einsetzt. Unter anderem für die Eizellspende und die altruistische Leihmutterschaft (also ohne Bezahlung). „Wir stehen schon länger digital im Austausch, heute wollte ich aber persönlich in Hagen vorbeischauen und mir ein Bild von der Arbeit des Kinderwunschzentrums Freya machen“, sagt die Abgeordnete. Zumal das Thema immer wichtiger wird: „Immer mehr Familien haben Probleme, auf natürlichem Weg schwanger zu werden. Die Spermienkonzentration bei Männern ist weltweit, so belegen auch Studien, seit dem zweiten Weltkrieg ganz deutlich gesunken.“

Mehr Toleranz in der Gesellschaft

Dr. Birgit Lühr leitet das Kinderwunschzentrum Freya in Hagen
Dr. Birgit Lühr leitet das Kinderwunschzentrum Freya in Hagen © WP | Michael Kleinrensing

Das Hagener Kinderwunschzentrum (mit Samenspenderbank) erstreckt sich in der Bahnhofstraße über zwei Etagen und hat insgesamt 750 Quadratmeter. „Es war uns wichtig, hier ein solches Angebot zu schaffen. Auch, weil ich Hagenerin bin – ich habe zwar 15 Jahre im Ausland gearbeitet, wollte aber wieder zurück in die Heimat“, erklärt Dr. Birgit Lühr, die 2015 das Zentrum in der Volmestadt als reine Privat-Praxis eröffnen musste, da sie keine Genehmigung erhalten hat, Kinderwunschtherapien über die gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen.

Rund um die Kinderwunschzentren ist vieles im Umbruch, die Gesellschaft öffnet sich, „es gibt mehr Toleranz“, so Dr. Lühr: Für eine Öffnung von Fördermöglichkeiten auch für andere Personengruppen setzte sich auch Helling-Plahr ein. Was nicht bedeutet, dass alle Diskussionen um die Branche vom Tisch sind. Auf Initiative der Bundestagsabgeordneten hat sich beispielsweise nun eine Kommission gegründet, die sich unter anderem mit den Themen Eizellspende und Leihmutterschaft beschäftigt. „Wir sind das einzige Land neben Luxemburg in der EU, in der Eizellspenden nicht legalisiert sind – Samenspenden hingegen schon. Viele Paare gehen also dafür ins Ausland. Wir verschließen die Augen vor der Realität“, findet Helling-Plahr.

Sie sehe das als Selbstbestimmungsrecht der Frau, aber bei vielen gebe es noch Vorbehalte. „Früher war Eizellen-Entnahme risikoreicher, mittlerweile geht die Komplikationsrate gen Null.“ Auch Dr. Lühr betont, dass die Verfahren zwischenzeitlich mit weniger medizinischen Komplikationen verbunden seien: „Wir machen beispielsweise auch Entnahmen im natürlichen Zyklus, Frauen müssen dafür nicht zwanghaft mit Hormonen stimulieren“.

Ergebnisse nach einem Jahr

Beim Thema Leihmutterschaft gehe es nicht darum, dass jeder problemlos eine „Leihmutter aus Lifestylegründen engagieren kann. Es müsste klare rechtlichen Rahmenbedingungen geben. Aber auch hier gilt: Viele Deutsche fliegen ins Ausland, beispielsweise in die USA oder nach Indien. Da sollten wir drüber diskutieren“, so Katrin Helling-Plahr.

Die Kommission wird nach einem Jahr erste Beratungsergebnisse vorlegen. „Bei der Eizellspende bin ich sehr optimistisch, dass am Ende ein positiver Beschluss stehen wird. Bei der Leihmutterschaft müssen wir abwarten und diskutieren“, ist die Abgeordnete gespannt auf das Ergebnis. In der Kinderwunschpraxis würde man diese Entwicklungen begrüßen – und könnte mit der Eizellspende weiteren Familien bei ihrem Kinderwunsch helfen.