Hagen. Der Beachclub mit Steg am Strandhaus in Hagen-Hengstey wird deutlich teurer. Gründe, die die Kostenexplosion zu rechtfertigen, gibt es reichlich.

Manchmal glaubt man als Hagener Bürger, dass es ein unabänderliches Naturgesetz sei, dass in dieser Stadt die Kosten für Investitionsprojekte von der ursprünglichen Idee bis zum tatsächlichen Baubeginn permanent rasant ansteigen, um dann während der Realisierung endgültig explosionsartig durch die Decke zu schießen. Jüngstes Beispiel: die Modernisierung des Familien-Freibades in Hengstey mit angrenzendem Beachclub. Ursprünglich hatte man in Reihen der Planer die ambitionierte Vorstellung, die Baumaßnahme bereits für 2,75 Millionen Euro den Hagenern bescheren zu können. Jetzt hat der Haupt- und Finanzausschuss zum wiederholten Male grünes Licht für Mehrkosten gegeben. Mit der Bewilligung weiterer 950.000 Euro sind die Kosten für Strandhaus, Steg, Promenade und Beachclub auf inzwischen 5,7 Millionen geklettert – eine Gesamtsteigerung von satten 107 Prozent. Damit erreicht die Investition allein für diesen Facette des künftigen Hengsteyseeufers fast das finanzielle Volumen des gesamten übrigen Seeparks, der zurzeit mit 6,2 Millionen Euro veranschlagt wird.

Anspruchsvoller Entwurf

Im Herbst 2019 konnte Oberbürgermeister Erik O. Schulz, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Hagener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (HVG), unter deren Dach auch Hagenbad agiert, stolz verkünden, dass das endgültige Konzept für die Umgestaltung des Familienbades Hengstey sowie die parallel verlaufende Uferpromenade am Hengsteysee stehe. Politik und HVG-Aufsichtsrat hatten sich auf einen anspruchsvollen Entwurf des Paderborner Landschaftsarchitekten-Büros Gasse/Schumacher/Schramm verständigt. „Dieser gestaltet den öffentlichen Raum dort komplett neu und schafft vor allem Anreize, die Gastronomie des Strandhauses zu besuchen“, hielt der Verwaltungschef seinerzeit die von den ursprünglich angepeilten 2,75 auf etwa 3,7 Millionen Euro gestiegenen Kosten angesichts der verbesserten Gestaltungsidee für angemessen.

Mit dem Beachclub wird das Ufer des Hengsteysees auf Höhe des Freibades ganz wesentlich sein Gesicht verändern.
Mit dem Beachclub wird das Ufer des Hengsteysees auf Höhe des Freibades ganz wesentlich sein Gesicht verändern. © Landschaftsarchitekten Gasse/Schumacher/Schramm

Damit, so die damalige Einschätzung, könne ein echter Schlüsselimpuls für die weitere Entwicklung des Hengsteysee-Südufers hin zu einem zeitgemäßen Freizeit- und Naherholungsgebiet gegeben werden. Gemeint war zwischen Freibad-Strandhaus und Seeufer eine attraktiv gestaltete Freizeitfläche mit Beachvolleyball-Feld, Kinderspielbereich, Fahrradständern und Sitzgelegenheiten auf einem künstlich geschaffenen, abgestuften Sandstrand-Areal. Hinzu kam ein Beachclub aus Container-Elementen mit passenden gastronomischen Angeboten. Zum optischen Blickfang sollte eine ausladende Steganlage mit Aussichtsplattform werden, die eine barrierefreie Verbindung von der Uferpromenade über eine Aussichtsplattform und die Köpfe der Beach-Lounge-Besucher hinweg zur völlig neu gestalteten Terrasse des Strandhauses schafft.

Immer wieder Überraschungen

Doch bei diesem Kostenrahmen blieb es nicht: nur 15 Monate später fühlte sich der Rat gezwungen, das Budget auf 4,75 Millionen Euro hochzusetzen. Wesentlicher Kostentreiber war die energetische Sanierung des in die Jahre gekommenen Strandhauses – ein Gutachten hatte festgestellt, dass sowohl das Dach als auch die Außenwände und die Terrasse der Immobilie unzureichend gedämmt seien und auch die meisten Fenster nach 40 Jahren nicht mehr dem Standard entsprächen. Zudem sollten die Gründungsarbeiten für die Steganlage im Ruhrwasser etwa 550.000 Euro teurer werden.

In Kombination mit der verbreiterten Uferpromenade und der See-Plattform werden Steg und Beachclub zu einem Besuchermagneten.
In Kombination mit der verbreiterten Uferpromenade und der See-Plattform werden Steg und Beachclub zu einem Besuchermagneten. © Landschaftsarchitekten Gasse/Schumacher/Schramm

Aber auch das, so stellt sich jetzt heraus, war noch nicht das letzte Kostensteigerungskapitel: Weil vor allem die Materialkosten für Stahl rasant geklettert sind und es zudem weitere Auflagen für das Ab- und Regenwasserkonzept des Beachclubs, den Wiederaufbau der Fischfauna, die Entsorgung kontaminierter Erde sowie für das Beleuchtungskonzept zum Schutz von Fledermäusen und Wassergetier gibt, werden für Steg, Beachclub und Planer weitere 770.000 Euro fällig. Hinzu kommen noch ein sechsstelliger Extra-Betrag für die teurer gewordene Sanierung des Strandhauses.

HVG trägt die Hauptbelastung

Damit addieren sich die Gesamtkosten des Projektes auf inzwischen 5,7 Millionen Euro, ein erneutes Plus in Relation zur jüngsten Kalkulation von etwa 20 Prozent. 16,4 Prozent der Investitionssumme trägt die Stadt (932.520 Euro), den Rest muss die ohnehin mit Roten Zahlen operierende Stadttochter übernehmen. Vor diesem Hintergrund hat der HVG-Bauausschuss bei seiner Abwägung einerseits eine Verschiebung des Projektes beraten, aber angesichts kaum besserer Preisperspektive auch gleich wieder verworfen. Andererseits wurde sogar das Aus der Investition debattiert. Allerdings sah man hier die Gefahr, dass ohne Beachclub und Steg das Strandhaus wirtschaftlich gefährdet würde. Somit bleibt es – Stand heute – bei einem Preis von 5,7 Millionen Euro.