Hagen. Wieder einmal zieht eine Millionen-Förderungen des Bundes an Hagen vorbei. Dabei hätte die Stadt in Berlin durchaus wichtige Unterstützer gehabt.
Was für eine glückliche Fügung: In Hagen kochen aufgrund der zuletzt gemachten Hochwasser-Erfahrungen die politischen Diskussionen rund um die Themenfelder Schwammstadt, Klimaresilienz, nachhaltige Stadtentwicklung, Stadtgrün, Kaltluftschneisen und Flächenentsiegelung hoch, und die Bundesregierung legt zeitgleich ein dafür maßgeschneidertes millionenschweres Förderprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ auf. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat daraus in der vergangenen Woche 176 Millionen Euro quer durch die Republik verteilt. Aber Hagen geht mal wieder leer aus: Der Antrag, das Freizeitrevier Seepark mit 5,5 Millionen Euro zu unterstützen, ist – ähnlich wie einst die „Grüne Infrastruktur“-Bewerbung – durchgefallen. Die Stadt betont aber, dass damit das Projekt nicht gefährdet sei.
Den Hagener Bundestagsabgeordneten Timo Schisanowski ärgert an dieser erneuten Förderpleite für Hagen am meisten, dass aus dem Rathaus nicht einmal der Versuch gestartet wurde, die Fördermittel-Bewerbung auf dem Berliner Parkett durch die heimischen Mandatsträger flankieren zu lassen: „Warum Hagen einen Förderantrag auf den Weg bringt, ohne - für die hilfreiche politische Unterstützung in Berlin - die eigenen Abgeordneten zu informieren, das ist ebenso ungewöhnlich wie unverständlich. Schließlich hätte die Stadtspitze doch gleich drei Bundestagsabgeordnete als Ansprechpartner, die aktuell noch dazu die drei in Berlin regierenden Ampel-Fraktionen repräsentieren“, erinnert er an gleich drei Chancen, erfolgreiche Lobbybegleitung zu organisieren.
285 Mitbewerber
Schisanowski persönlich hatte bereits im August vergangenen Jahres auf diesen Fördertopf hingewiesen, der schon im dritten Jahr hintereinander gefüllt wurde. Im Jahr 2020 profitierten bundesweit 107 Projekte (Volumen: 190 Millionen Euro) sowie 2021 sogar 148 Ideen (Volumen: 100 Millionen Euro). Hagen hatte sich in diesen Vorjahren gar nicht erst beteiligt und bliebt jetzt bei der fünffach überzeichneten 2020er-Ausschüttung in Konkurrenz zu 285 Mitbewerbern erfolglos.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete aus Haspe erhielt für seinen Förderhinweis aus der Hauptstadt nicht einmal eine Eingangsbestätigung aus dem Büro des Oberbürgermeisters: „Das rundet leider den wenig professionellen Eindruck ab, den die Hagener Stadtspitze um OB Schulz beim Thema Fördermittel-Akquise schon seit Jahren erweckt. Alles in allem ist dies ein weiterer Beleg dafür, dass die Stadt Hagen gut daran täte, endlich ein eigenes, zeitgemäßes Fördermittelmanagement mit Fördermittelexperten einzuführen. Andere Kommunen machen uns genau das mit Erfolg vor, was sich übrigens auch in der gesteigerten Qualität der von ihnen eingereichten Förderanträge widerspiegelt.“
Die Stadt verweist derweil darauf, dass es der Informationen aus den Berliner Abgeordneten-Büros gar nicht bedürfe, das Förderprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ sei sowohl bei den Stadtplanern als auch der Umweltverwaltung bekannt gewesen. Allerdings habe man angesichts der laufenden Aufarbeitung der Flutschäden in Höhe von 80 Millionen Euro in den Ressorts keinerlei Kapazitäten, weitere eigene Konzepte zu entwickeln, so Thomas Bleicher, Leiter des OB-Büros. Daher habe man kurzerhand einen 20-seitigen Antrag zum Seepark-Projekt auf den Weg gebracht, um in den Genuss einer 85-prozentigen Förderung zu kommen: „Eine Begründung, warum dieser jetzt durchgefallen ist, steht allerdings noch aus.“
Suche nach Klimainseln
Das von Bundesbauministerin Klara Geywitz, Parteifreundin von Schisanowski, verantwortete Förderprogramm unterstützt vorzugsweise Investitionen, mit denen die Städte auf den Klimawandel reagieren. Dabei geht es beispielsweise um die Vernetzung von Grün- und Freiräumen, die Bewahrung von Parkanlagen, die Schaffung von Klimaoasen, die ökologische Umgestaltung von Plätzen und Verkehrsräumen sowie die Umsetzung von Schwammstadtkonzepten.
„Soweit die Stadt ein Förderprojekt einreicht, lassen Sie mich dies doch bitte wissen“, hatte Schisanowski in seinem Schreiben an den Oberbürgermeister extra seine Unterstützung angeboten. „Ich würde mich freuen, wenn es uns gelingt, einige der Bundesmittel in unsere Region zu holen, um einen Beitrag dazu zu leisten, die Stadt auf die Herausforderungen sich verändernder Umweltbedingungen vorzubereiten“, formulierte er seinerzeit vergebens.
„Leider wieder einmal eine vertane Chance von vielen für Hagen. Dabei täte unserer Stadt doch jeder Förder-Euro verdammt gut, als finanzklamme Kommune erst recht“, meint der Bundestagsabgeordnete. Warum aus dem Rathaus diese Unterstützung bei den Berliner Abgeordneten nicht gesucht wurde, wollte das OB-Büro auf Anfrage der Stadtredaktion nicht kommentieren. Bleicher stellte jedoch in Aussicht, dass Hagen im nächsten Jahr einen neuen Versuch starten wolle – dafür sollen diesmal Orte für Klimainseln gesucht werden, um Plätze in der Stadt zu entsiegeln und aufzubrechen. Jena hat für ein ähnliches Projekt für einen City-Platz gerade erst 6,35 Millionen Euro Förderung abgegriffen.