Elsey. Seltener Anblick: Zwei Häuser mit 29 neuen Wohnungen entstehen zurzeit in Hohenlimburg. Ist das angesichts steigender Kosten noch wirtschaftlich?
Es ist ein seltener Anblick in diesen Tagen: Zwei mehrgeschossige Rohbauten stehen in einem Wohngebiet in Elsey, umringt von Baugerüsten und Kränen. Auf der Baustelle des Hohenlimburger Bauvereins herrscht viel Betrieb, schließlich entstehen hier zurzeit 29 neue Wohnungen, die bis zum Jahreswechsel fertig sein sollen. Die Liste an Mietinteressenten liegt laut Bauverein im dreistelligen Bereich. Es bestehe aber weiter die Chance, dass Interessenten abspringen.
Warum baut der Bauverein angesichts steigender Kosten weiter? Und ist das überhaupt noch wirtschaftlich, ohne dass die Mietpreise explodieren?
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Frühzeitige Planung
Dass man die Neubauten im Spieck weiter umsetzen kann, hänge mit einer Mischung aus frühzeitiger Planung und Glück zusammen: „Wir haben zur richtigen Zeit die richtigen Entscheidungen getroffen“, blickt Marc Fahrenkothen, Technische Leitung beim Bauverein, zurück bis zum Beginn der Planung im Sommer 2021. Damals haben die Gremien der Wohnungsbaugenossenschaft um Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen, zwei neue Mehrfamilienhäuser auf dem hauseigenen Grundstück im Spieck zu bauen. Anbieten will man einen Mix aus Zwei- und Drei-Raum-Komfortwohnungen, barrierefrei, je zwischen 57 und 91 Quadratmeter groß. Die Baugenehmigung kam Ende 2021.
Bereits zu dieser Zeit stiegen die Baukosten – Stichwort Corona-Pandemie. „Wir konnten angesichts der Entwicklung schon damals nicht sicher sein, wie verlässlich die Kostenschätzung noch ein paar Monate später sein wird“, so Fahrenkothen. Man habe dann Angebote bei Gewerken eingeholt, noch bevor der Krieg in der Ukraine begann und Preise weiter anzogen. Den richtigen Zeitpunkt erwischte man auch bei staatlichen Fördermitteln. So flossen noch rund 800.000 Euro aus dem auslaufenden KfW-Förderprogramm in das Projekt, weil der Antrag frühzeitig auf den Weg gebracht wurde.
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Mietpreise noch unklar
Unterm Strich werden die neuen Wohnhäuser im Spieck für einen Preis von grob unter 3000 Euro pro Quadratmeter gebaut, beziffert Ulrich Schulze-Witteborg, Vorstand Bauverein. „Für die heutige Zeit ist das gut“, gehe man bei neuen Projekten aktuell von rund 4000 Euro pro Quadratmeter aus. Angesichts der guten Planung sei das Projekt für die größte Hohenlimburger Wohnungsbaugesellschaft wirtschaftlich gut zu stemmen.
Wie hoch die Mieten für die neuen Wohnungen im Spieck liegen werden, steht noch nicht fest. Sie würden sich aber am Markt orientieren und unter 15 Euro pro Quadratmeter liegen, so der Bauverein.
Neben Fachkräftemangel und Lieferengpässen macht der Branche besonders ein Dreiklang aus steigenden Zinsen, steigenden Baukosten und weniger Förderung zu schaffen. Allein die Bauzinsen stiegen in den vergangenen zwei Jahren von ein Prozent auf knapp vier Prozent. „Häufig wird gesagt, die Zinsen waren schonmal auf dem Niveau und es habe Zeiten gegeben, wo sie bei zehn Prozent lagen“, sagt Schulze-Witteborg. „Das stimmt auch, allerdings waren die Baukosten damals geringer.“
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Baukosten steigen
So stiegen die Preise für Arbeiten im Rohbau an Wohngebäuden im November 2022 verglichen zum Vorjahr um 16 Prozent, beziffert das Statistische Bundesamt. Betonarbeiten seien in dem Zeitraum rund 17 Prozent teurer geworden, Dacharbeiten gut 20 Prozent. Zudem fällt das von der Bundesregierung für dieses Frühjahr neu aufgelegte Förderprogramm für energetisches Sanieren und Bauen kleiner aus als sein Vorgänger und knüpft staatliche Unterstützung an hohe energetische Standards. „Die Debatte um Nachhaltigkeit ist richtig und sinnvoll“, betont Mark Fahrenkothen, Technischer Leiter Bauverein, „aber sie wird das Bauen auch weiter verteuern.“
Energetische Standards
So entwickle sich aktuell zum Beispiel ein neuer Zweig an Dienstleistungen rund um neue Gesetzgebung, die Nachhaltigkeit von Baustoffen einfordert: Für Neubauten müssten nun Belege vorgelegt werden, wie nachhaltig die verwendeten Baustoffe sind – was zusätzliche Kosten für die Erhebung durch Gutachter bedeutet.
Hoher Bedarf
Die Folge all solcher Entwicklungen ist weniger Bautätigkeit, während auf der anderen Seite der Bedarf an Wohnungen nicht zuletzt aufgrund des Zuzugs von Geflüchteten weiter steigt. „Es kann nicht so bleiben, wenn man im größeren Kontext sieht, dass 400.000 Wohnungen jedes Jahr neu gebaut werden müssten“, verweist Ulrich Schulze-Witteborg auf ein Ziel der Bundesregierung, das schon in den beiden Vorjahren um mehr als 100.000 Wohnungen unterschritten wurde. „Man bewegt sich weiter weg von Zielen, die man sich gesetzt hat.“
Modernisierung im Blick
Vor der eigenen Haustür gibt sich der Bauverein dagegen zufrieden, im Rahmen der Möglichkeiten das Beste auszuschöpfen. Neben dem Neubauprojekt steht die Modernisierung von Bestandsimmobilien auf dem Plan.
Und perspektivisch geht der Blick auf die Wiese, die gegenüber der Neubauten Im Spieck liegt und ebenfalls dem Bauverein gehört. Hier könnten drei weitere Wohnhäuser entstehen. „Wir behalten dieses Thema im Auge“, sagt Schulze-Witteborg. „Nur muss es auch wirtschaftlich für uns vertretbar sein und die Rahmenbedingungen müssen stimmen, damit wir die Fläche bebauen können. Aber das ist im Moment schwierig.“
Viele Neubauprojekte gestoppt
Aktuell haben Neubauprojekte bei Wohnungsgesellschaften Seltenheitswert. Das Unternehmen Vonovia meldete vergangene Woche einen Neubau-Stopp. Auch der Hagener Wohnungsverein hat den Neubau auf absehbare Zeit eingestellt, so Matthias Lüdecke, Vorstandsvorsitzender, auf Anfrage. „Aufgrund der stark gestiegenen Baukosten sind Neubauvorhaben, die zu vertretbaren Mieten führen, zur Zeit nicht umsetzbar.“
Die Gemeinnützige Wohnstättengenossenschaft Hagen (GWG) baut aktuell an dem Projekt „Terra1“ mit einer 8-zügigen Kita und einer 3-zügigen Grundschule. „Alle weiteren Neubauvorhaben haben wir, obwohl teilweise schon Baugenehmigungen vorliegen, gestoppt und werden diese auch in absehbarer Zeit nicht realisieren“, so Christoph Rehrmann, Vorstand GWG. An Plänen zu Instandhaltung- und Modernisierung im Bestand halte man aber fest, wenngleich auch im reduzierten Umfang.
Dagegen will die Hagener Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft (HWG) dieses Jahr an der Bauernstraße am Loxbaum ein Gebäude mit 15 Wohneinheiten errichten. Die Gesamtwohnfläche beläuft sich auf 1.254 Quadratmeter, davon 364 Quadratmeter öffentlich gefördert.