Elsey. Zahlreiche Erbpachtgrundstücke in einem Wohngebiet in Hohenlimburg sollen plötzlich verkauft werden. Dahinter steckt eine Erbengemeinschaft:
In dem Wohngebiet hinter Kaufland in Elsey haben zum Jahresende viele Hausbesitzer Post von der Sparkasse bekommen: „Möchten Sie Eigentümer ihres Hausgrundstücks werden?“, fragt das hiesige Bankhaus in dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt. Ein Wohnviertel steht zum Verkauf.
Besitz aus Erbengemeinschaft
Der Hintergrund: Die Erbpachtgrundstücke im Areal um die Straßen Im Gersegge und Am Hange wurden den Eigentümern zum Kauf angeboten. Grundstücke, die aus dem Besitz der Erbengemeinschaft Koch stammen, deren Vorfahren einst viele Hektar an Fläche in Elsey gehörte.
99 Jahre Laufzeit
Beim Erbbaurecht wird das Grundstück gepachtet und die Immobilie darauf gekauft oder ein Neubau finanziert. Um das Grundstück zu nutzen, wird eine Gebühr erhoben: der Erbbauzins. In den 1970er-Jahren lag dieser in dem Wohngebiet bei grob zwei Deutschen Mark pro Quadratmeter. Im Regelfall ist das Erbbaurecht auf 99 Jahre ausgelegt, davon ist bei vielen Verträgen in der Straße Im Gersegge erst rund die Hälfte der Laufzeit rum.
Der Preis für die Grundstücke orientiere sich laut dem Schreiben der Sparkasse, die im Auftrag der Erbengemeinschaft Grundstücke zum Kauf anbietet, an der aktuellen Bodenrichtwertkarte. Im Falle der Straße Im Gersegge: rund 150 Euro pro Quadratmeter.
Viele Grundstücke
Nach Informationen dieser Zeitung handelt es sich um weit über hundert Grundstücke, die in dem gesamten Areal und rundherum den Hauseigentümern zum Verkauf angeboten wurden. Zu der genauen Größenordnung wollte sich der Eigentümer der Flächen auf Anfrage nicht äußern. Die Sorge, die Grundstücke könnten bei Desinteresse der Hauseigentümer an externe Interessenten weiterveräußert werden, sei aber nicht berechtigt: „Es stand nie zur Debatte, an eine große Immobiliengesellschaft zu veräußern“, beruhigt Christof Küllenberg aus Dinslaken, der die Grundstücke in dem Wohngebiet einst geerbt hat. Das Vorkaufsrecht liegt vertraglich geregelt beim Erbpächter – und darüber hinaus sollten die Grundstücke auch nicht angeboten werden, versichert er.
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Angebot nur für Erbpachtnehmer
Heißt: Die Hausbesitzer wurden angeschrieben und wer Interesse hatte, das Grundstück zu seinem Haus zu erwerben, an den wurde verkauft. Abgewickelt und vermittelt wird alles über Dritte, sprich Kanzlei und Sparkasse. Die meisten Erbpächter in der Straße wollen auf Anfrage unserer Zeitung nur im Hintergrund über die Verkaufsangebote und ihre persönliche Situation sprechen. In jedem individuellen Fall ist es eine Entscheidung mit vielen Variablen, von Lauf- und Lebenszeit über finanzielle Fragen bis zur Frage nach möglichen Erben in der Zukunft.
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Persönliche Entscheidung
Eine Anwohnerin erklärt, dass ihr Erbpachtvertrag noch 30 Jahre laufe und deshalb gar keine Not bestünde, das Grundstück zu kaufen. Zumal das mit erheblichen finanziellen Aufwänden verbunden wäre, die man möglicherweise nicht mehr auf sich nimmt, weil Lebenszeit und Abzahlzeit nicht mehr im guten Verhältnis stehen. Ähnlich äußerte sich ein weiterer Anwohner. Seine Kinder hätten selbst Eigentum, würden das Grundstück später auch nicht übernehmen.
Fragen unbeantwortet
Um mehr Hintergründe zum Umfang der Grundstücksverkäufe und über die Historie der Erbengemeinschaft zu bekommen, hatte diese Zeitung bereits vor Weihnachten einen Fragenkatalog an die Kanzlei geschickt, die mit der Abwicklung betraut ist. Dieser enthielt Fragen zur Anzahl der Grundstücke, den betroffenen Straßenzügen, geschichtlichen Hintergründen der Erbengemeinschaft sowie Tendenzen, wie viele Grundstücke an die Hauseigentümer verkauft wurden. Der Fragenkatalog blieb unbeantwortet.
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Historie von Hof Koch
Die Hohenlimburger Heimatblätter streifen in mehreren Ausgaben die Geschichte des Hofs Koch in Elsey. Demnach umfassten die gepachteten landwirtschaftlichen Flächen des Hofes einst gut 50 Hektar. Seine Ländereien gingen zurück auf den einstigen Vikarienhof, auf Linien, die noch bis in das Elseyer Stift reichten. Die Flächen erstreckten sich über den Kirchenberg und den Löhenbusch bis hinüber zum Ostfeld und Steltenberg.
Bebauung ab den 1960ern
Die Gebäude des Bauernhofs lagen im alten Elseyer Oberdorf, linksseitig am Beginn der Wiesenstraße, die dort von der Möllerstraße abzweigt, in Richtung Emsenbach. Mitgliedern der Familie Koch gehörten im alten Elsey auch Flächen, die schon vor bald hundert und mehr Jahren verkauft wurden. So ist die Elseyer Firma Ignaz C. Koch im Jahre 1907 als Verkäufer der Fläche an die Pfarrgemeinde St. Bonifatius Hohenlimburg dokumentiert, berichtet Widbert Felka, Vorsitzender des Heimatvereins. Auf der Fläche wurde dann der katholische Friedhof eingerichtet – der heutige Heide-Friedhof. „Das westlich daran angrenzende unbebaute Krahenbrink-Areal verkaufte die Firma Ignaz C. Koch im Jahre 1929 an den jungen Hohenlimburger Bauverein, der darauf die Krahenbrink-Siedlung errichtete, später umbenannt in „Georg-Scheer-Straße”, den Gründer des Bauvereins“.
Flächen geschrumpft
Neue Wohngebiete, ob am Kirchenberg, Löhenbusch oder Steltenberg, ließen die gepachtete landwirtschaftliche Fläche in den 1960er und 1970ern immer mehr schrumpfen. Ein Teil ging auch Mitte der 1960er mit dem Bau der Autobahn 46 verloren. Heute liegt verbliebener Besitz der Familie in den Händen einer Erbengemeinschaft.