Hagen. Ein gemeinsamer Gottesdienst und ein Empfang im Rathaus Hagen brachten die christlichen Konfessionen zusammen. Was bringt 2023?

Im Hagener Rathaus an der Volme wurden am Samstagvormittag keine kontroversen Debatten geführt und auch keine politischen Entscheidungen getroffen. An diesem Tag fand im Ratssaal der traditionelle ökumenische Neujahrsempfang statt. Angehörige der beiden großen christlichen Konfessionen in Hagen hatten sich zuvor bereits in der Johanniskirche zusammengefunden, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern.

Die Ökumene soll die Gemeinschaft der Christen stärken und helfen, die Spaltung der Konfessionen zu überwinden. Lebhafte Klaviermusik erfüllt den Saal, bevor der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Hagen, Henning Waskönig, die Anwesenden aus den verschiedenen Gemeinden, Vereinen und der Politik begrüßte.

Unbesetzte Fachstellen und unbeantwortete Fragen

Als Vertretung für Oberbürgermeister Erik O. Schulz war der ehemalige Oberbürgermeister und heutige zweite stellvertretendr Bürgermeister, Dietmar Thieser, anwesend. „Beide Kirchen stehen vor großen Schwierigkeiten“, sagte er und nannte das Kind beim Namen: Die vielen Kirchenaustritte, das sinkende Kirchensteueraufkommen, unbesetzte Fachstellen und Fragen rund um die bestehenden Gebäudebestände seien Fragen, mit denen sich nicht nur die Kirchengemeinden, sondern auch die Lokalpolitik in Hagen auseinander zu setzen habe.

Dazu kämen noch „die großen Themen der aktuellen Zeitgeschichte“, wie der Krieg in der Ukraine, und die Energie- und Klimakrise, so Thieser: „Gegenseitiges Klagen und Beklagen hilft uns allen nicht weiter.“ Thieser appellierte an aller Bürgerinnen und Bürger, die Probleme mit Mut anzugehen und sich nicht vor „neuen und unkonventionellen Wegen“ zu scheuen: „Wir stehen vor gewaltigen gesellschaftlichen Herausforderungen, denen wir gerecht werden müssen.“ Die Lösung der Probleme sei nur durch die Teilnahme aller Bürger zu bewältigen.

Dialog für Stadt Hagen von großer Bedeutung

„Du bist ein Gott, der mich sieht“, lautet die Jahreslosung 2023 der evangelischen Kirchen in Deutschland. Der Satz aus dem ersten Buch Mose verspreche Hoffnung und Mut und sei herausfordernd zugleich. Hoffnungsvoll, weil man nicht alleinstehe, herausfordernd, „weil Gott möchte, dass wir unsere Zukunft selbst gestalten“, so Thieser.

Der Satz stelle die Gemeinsamkeiten der Religionen heraus. Der Dialog und das gemeinsame Schaffen zwischen den verschiedenen Religionen und Konfessionen sei für die Stadt Hagen von größter Bedeutung und mehr als wünschenswert: „Ein „ganzes starkes Zeichen“, erklärte Thieser.

Mit seinem Programm „Weckrufe“ brachte Lars Ruppel Abwechslung in die Tradition des Neujahrsempfangs. Wo sonst Professoren und Doktoren auftreten würden und Vorträge hielten, stehe heute ein Berliner und zeigt dem Publikum, was Poetry Slam sei. Neben seinen Auftritten in Altenheimen gibt er auch Vorlesungen und Fortbildungen für das Pflegepersonal. Besonders der Umgang mit Demenzkranken beschäftigt den Künstler aus der Hauptstadt. „Wenn die Sprache abhanden kommt, kommt die Welt abhanden“, sagte er.

Poesie erreicht selbst demente Menschen

Durch die Poesie sei es möglich, auch demenzkranke Menschen noch zu erreichen, die kognitiv nicht mehr in der Lage zur Kommunikation seien. „Poesie und Gedichte lösen in diesen Menschen etwas aus, worauf sie reagieren.“ Dabei bezog sich Ruppel ausdrücklich auf eigene Erfahrungen.

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Mit seinem Programm appellierte er an seine Hörerschaft und forderte sie auf, eigene Geschichten und Reime zu suchen, wenn sie mit Betroffenen sprechen. „Über die Poesie werden Dinge transportiert, die Worte nicht ausdrücken können.“

Ruppels Auftritt kam gut an. „Das war hochinteressant und auch ernsthaft und tiefgründig“, resümiert Brigitte Steden. Ruppel sei es gelungen, Humor mit ernsthaften Themen so zu verbinden, dass es nicht albern, sondern informativ und trotzdem locker rübergekommen sei.