Hagen. Einer der verhafteten Iraner, die einen Giftgas-Anschlag geplant haben sollen, lebt in Hagen. Er wird in einer Klinik therapiert.
Eine Spur des am Wochenende von den Behörden in Castrop-Rauxel offenkundig vereitelten Biowaffen-Anschlags führt nach Hagen. Der jüngere Mann (25) des festgenommenen Brüderpaars lebt zurzeit in der AWO-Volmeklinik an der Volmestraße. Offizielle Details zu den lokalen Umständen sind aktuell jedoch nicht zu erfahren, weil das NRW-Innenministerium angesichts der noch laufenden Ermittlungen keine weiteren Nachrichten bekannt gibt.
Nach Informationen der Stadtredaktion galt der Terrorverdächtige in der Hagener Klinik bislang als absolut unauffällig und durchaus islamkritisch. Der aus dem Iran stammende 25-Jährige soll dem Mullah-Staat nicht zuletzt deshalb den Rücken gekehrt haben, weil er dort immer wieder mit der Führungsmacht in Konflikt geriet.
Wegen versuchten Mordes verurteilt
Es ist nicht das erste Mal, dass der Asylbewerber, der seit dem Wochenende nach einem Tipp des US-amerikanischen FBI wegen der mutmaßlichen Planung eines Giftanschlags hinter Gittern sitzt, mit dem Gesetz in Konflikt geriet. So wurde er bereits 2019 wegen versuchten Mordes zu einer siebenjährigen Haftstraße verurteilt.
Somit war er auch an diesem Wochenende nicht wirklich auf freiem Fuß, sondern durfte im Rahmen des Aufenthalts in der Hagener Entzugsklinik angesichts entsprechender Wochenendlockerungen bei Verwandten übernachten. Da der ältere Bruder in Castrop-Rauxel nach Informationen unserer Zeitung das einzige Familienmitglied des Iraners hier in Deutschland ist, führte sein Weg somit ins Ruhrgebiet.
Dicken Ast auf Autobahn geworfen
Der 25-Jährige hatte im Sommer 2018 bei Dortmund von einer Brücke aus einen stattlichen Ast auf die Sauerlandlinie (A 45) geworfen und dabei ein Fahrzeug getroffen, so dass dessen Fahrerin durch Glassplitter Verletzungen erlitt. Bei der Tat war er nicht bloß stark betrunken, sondern es stellte sich heraus, dass er auch regelmäßig Cannabis konsumierte. Entsprechend entschied nach anderthalb Jahren ein Psychologe im Maßregelvollzug, den Mann in den offenen Vollzug in der Hagener AWO-Entziehungsklinik zwischen Innenstadt und Kratzkopf zu überweisen.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurde zuletzt im November entschieden, dass die Unterbringung in der Hagener Einrichtung weiter andauern solle. Allerdings erlaubt ihm der sogenannte Übernachtungsstatus, am Wochenende bei seinem Bruder zu nächtigen, wo in der Nacht zum Sonntag jetzt erneut die Handschellen klickten.
Vorwurf: Giftgas für Anschlag besorgt
Die beiden Iraner sollen versucht haben, die Giftstoffe Cyanid und Rizin für einen islamistisch motivierten Anschlag zu besorgen. Allerdings wurden derartige Stoffe bislang noch nicht ausfindig gemacht. Auch in Hagen sollen nach Informationen der Stadtredaktion inzwischen in den Räumen des 25-Jährigen in der Volmeklinik Durchsuchungen der Ermittlungsbehörden stattgefunden haben – ebenfalls ohne konkrete Ergebnisse. Zudem wurden die postalischen Verbindungen des Terrorverdächtigen durchleuchtet.
Anti-Terror-Einsatz in Castrop-Rauxel
Allerdings haben weder die Durchsuchungen in Hagen noch in Castrop-Rauxel Hinweise darauf ergeben, dass sich die Brüder auch tatsächlich Gift haben beschaffen können. In der Ruhrgebietsstadt waren neben einer Wohnung noch am Montag zwei Garagen durchsucht worden. Es sei nichts Relevantes gefunden worden, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf. Die Brüder bleiben weiter in Untersuchungshaft.
Hinweise von US-Sicherheitsbehörden
Bei der Durchsuchung der Garagen in der Nähe der Wohnung des 32-Jährigen seien umliegende Häuser evakuiert worden, um eine mögliche Gefährdung auszuschließen, sagte der Sprecher. Es sei ein Paket gefunden worden, das man zunächst habe untersuchen müssen. Darin war aber nichts Gefährliches. Der 32-Jährige soll die Garagen demnach nicht angemietet, aber Zugriff darauf gehabt haben.
Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Sicherheitskreisen erfahren haben will, werde vermutet, dass der 32-jährige Bruder Anhänger einer sunnitischen islamistischen Terrorgruppe sei. Er soll demnach nicht im Auftrag staatlicher iranischer Behörden gehandelt haben. Laut dem Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft hatte es einen Hinweis einer US-amerikanischen Sicherheitsbehörde auf den 32-Jährigen gegeben. Die Brüder waren 2015 nach Deutschland gekommen.
Anschlag auf Synagoge in Hagen: Bewährung für 17-Jährigen
Es ist nicht das erste Mal in der jüngeren Vergangenheit, dass der Blick in Zusammenhang mit vereitelten Terror-Anschlägen auf Hagen fällt: Am 28. März 2022 war ein 17-Jähriger mit syrischen Wurzeln vom Landgericht Hagen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden. Er hatte einen Sprengstoffanschlag auf die jüdische Synagoge in der Potthofstraße geplant.
Verurteilt wurde der Jugendliche, der am 15. September 2021, zum jüdischen Feiertag Jom Kipur, für einen Großeinsatz mit hunderten Polizisten in der Hagener Innenstadt gesorgt hatte, wegen der „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ (Paragraph 89 Strafgesetzbuch). Das Erwachsenenstrafrecht sieht hier eine Freiheitsstraße von bis zu zehn Jahren vor. Anklage hatte die Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf erhoben.