Wehringhausen. Fünf Jahre nach der großen öffentlichen Debatte um den Bau eines Maßregelvollzugs geht man bei der Klinik im Deerth andere Wege. Und man baut.

„Sieg für die Bürgerinitiative, Niederlage für die AWO“, schrieb unsere Zeitung am 30. November 2017. Die Erweiterung der bestehenden Drogenklinik im Deerth im Stadtwald in Wehringhausen um einen geschlossenen Maßregelvollzug war vom Rat der Stadt abgelehnt worden. Die Klinik, die im Wald schon konzeptionell eher unbeleuchtet agiert, war zu einem Politikum geworden, über das die ganze Stadt diskutierte. „Gefängnis im Wald“ oder „Waldsterben für Klinik-Erweiterung“ waren die steilen Thesen jener Zeit. Fünf Jahre später trauert man bei der AWO im Deerth der Erweiterungschance von damals nicht mehr hinterher. Man geht neue Wege der Kooperation.

Die Klinik im Deerth gibt es seit mittlerweile 40 Jahren.
Die Klinik im Deerth gibt es seit mittlerweile 40 Jahren. © Michael Kleinrensing

„An der räumlichen Lage von vor fünf Jahren hat sich eigentlich nichts geändert“, sagt Markus Stremmel-Thoran. Er ist Leiter der Suchthilfe bei der AWO, arbeitet auch mit den Menschen, die hier in den Deerth kommen. Einen Ort, „nach dessen Charakter es keine weitere Einrichtungen in NRW gibt“, sagt Stremmel-Thoran. In der Klinik im Deerth Klinik werden suchtmittelabhängige Straftäter therapiert, die zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verurteilt wurden. In der im Stadtwald von Hagen gelegenen Klinik startet die Behandlung. Die Patienten werden aus anderen Kliniken in NRW aufgenommen und setzen sich unter engen therapeutischen Bedingungen mit ihren Lebensstilen auseinander.

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Maßregelvollzug seit 90er-Jahren

Das Behandlungsprogramm umfasst medizinische, psychotherapeutische, ergo- und arbeitstherapeutische sowie freizeitpädagogische Angebote. 40 Jahre nach ihrer Gründung bleibt die Fachklinik Klinik Deerth einzigartig mit ihrer Herangehensweise: Vor 40 Jahren startete die Einrichtung im Bereich der medizinischen Rehabilitation, in den 90er-Jahren wurde der Maßregelvollzug integriert. 2001 schließt das Land NRW einen Beleihungsvertrag mit der AWO Hagen-Märkischer Kreis und macht das Maßregelvollzugskonzept somit zur hoheitlichen Aufgabe durch einen freien Träger. 2009 kommt die „Adaptionsklinik“ mit dem Namen „Volmeklinik“ in Hagen dazu. Nach erfolgreicher Behandlung in der Klinik Deerth oder einer kooperierenden Einrichtung starten die Patienten hier mit der Wiedereingliederung.

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Kooperation in Hemer gefunden

Weil ein geschlossener Bereich für das Team des Deerths weiter wichtig ist, ist die AWO eine noch engere Kooperation mit der Hans-Prinzhorn-Klinik in Hemer eingegangen. „Dort wird die bereits bestehende geschlossene Suchtstation erweitert“, erklärt Astrid Schröder, Leiterin der Klinik im Deerth. Sie dient der Behandlungsvorbereitung sowie der Stabilisierung der Patientinnen und Patienten, die in die Klinik Deerth verlegt werden. „Wir bringen in diese Kooperation unseren psychotherapeutischen Ansatz mit“, sagt Markus Stremmel-Thoran mit Blick auf die Kooperation der vom LWL getragenen Klinik in Hemer.

Das Haus am Rande des Geländes wird abgerissen. An gleicher Stelle entsteht ein Ersatzbau.
Das Haus am Rande des Geländes wird abgerissen. An gleicher Stelle entsteht ein Ersatzbau. © Michael Kleinrensing

Nach wie vor sei es so, dass es im Deerth schlichtweg zu wenig räumlichen Platz gebe. „Die Gebäude haben sich ja nie verändert, die Bedarfe aber“, sagt Markus Stremmel-Thoran. Erfolgreich sei man „hier oben“ dennoch. Gerade wegen der Lage im Wald, wegen der friedlichen Abgeschiedenheit, wegen der Nähe zur Natur. Dass es hier oben gerade doch rege Bautätigkeit gibt, hat nichts damit zu tun, dass nun doch noch die damals umstrittene Erweiterung kommt. Aktuell wird ein Gebäude im vorderen Teil des Geländes abgerissen.

50 Arbeitsplätze wären entstanden

„Hier entsteht ein Ersatzbau mit zehn Einzelzimmern, Besucherräumen, Rehasportmöglichkeiten und Kunsttherapie“, sagt Klinikleiterin Astrid Schröder. Die Klinik im Deerth hat einen anderen, einen neuen Weg gefunden, ihr erfolgreiches Konzept weiterzuentwickeln. „Mit dem Bau eines Maßregelvollzugsgebäudes hier hätten wir die Infrastruktur erhalten und absichern können. Das schaffen wir nun auch, aber an unterschiedlichen Standorten“, blickt Markus Stremmel-Thoran darauf zurück, dass 2017 hier oben im Wald rund 50 neue Arbeitsplätze entstehen hätten können.