Hagen. Die Sekundarschule Altenhagen ist in Hagen so etwas wie die Pilotschule in Sachen Digitalisierung. Ein Blick in den MINT-Kurs der Klasse 10.
Im MINT-Kurs der Klasse 10 an der Sekundarschule Altenhagen in Hagen hat die Zukunft begonnen. Die Zukunft des Unterrichts. Lehrer Björn Herbers (39) und seine Schüler arbeiten nahezu ausschließlich digital. Sie programmieren. Fertigen 3-D-Konstruktionen. Erstellen Tabellenkalkulationen.
Und nutzen Schreibsoftware, um Anleitungen und Tutorials zu erschaffen. „Was wir machen, empfinde ich als gute Vorbereitung aufs Arbeitsleben“, sagt Fatima Mousa (16): „Ich glaube nicht, dass in den meisten Berufen noch mit Papier gearbeitet wird.“
Die Sekundarschule Altenhagen ist in Hagen so etwas wie die Pilotschule in Sachen Digitalisierung. Was hier umgesetzt wird, soll früher oder später in allen Schulen realisiert werden. „Wir sind eine Art Versuchslabor“, sagt Schulleiter Theo Kleinhofer.
Schule ist digital bestens ausgerüstet
Die Erfahrungen, die in diesem Labor gesammelt werden, sind vielfältig. Die Probleme, mit denen Schüler und Lehrer zu kämpfen haben, auch: „Aber das ist normal“, sagt Kleinhofer: „Jeder Anfang ist schwer.“
Um ihre Vorreiterrolle ausfüllen zu können, wurde die Sekundarschule von der Stadt Hagen digital bestens ausgerüstet. Die WLAN-Ausleuchtung im Schulgebäude ist perfekt, in jedem Raum befindet sich ein Pointer. Alle Klassenzimmer sind mit einer digitalen Anzeigetafel ausgestattet. Im nächsten Jahr soll die Schule schnelles Internet erhalten, Glasfaserkabel liegen bereits in der Erde.
Vor allem aber wird allen 477 Schülern sowie den 54 Lehrkräften kostenlos ein iPad zur Verfügung gestellt. Die Tablets aus dem Hause Apple wurden aus dem „REACT.EU“ genannten Krisenbewältigungsprogramm der Europäischen Union finanziert, das aufgelegt wurde, um die sozialen Folgen der Corona-Pandemie abzufedern und eine grüne, digitale und stabile Erholung der Wirtschaft vorzubereiten. An den Schulen in Hagen läuten sie ein neues Zeitalter ein.
Präzise Zeichensoftware statt Lineal und Bleistift
Haben die MINT-Schüler der Sekundarschule Altenhagen früher mit einem Kuli oder Füller auf Papier geschrieben, nutzten sie jetzt einen Eingabestift zum Bedienen des Touchscreens. Haben sie früher auf karierten Blättern gerechnet, öffnen sie jetzt digitale Tafeln. Haben sie früher mit Lineal und Bleistift gearbeitet, verwenden sie nun präzise Zeichensoftware. „Schwierig ist es dagegen nach wie vor, mit einem Geodreieck auf einem iPad zu zeichnen“, sagt Lehrer Herbers, der auch didaktischer Leiter der Schule ist: „Ich glaube, Analoges und Digitales haben beide Relevanz.“
MINT-Schüler Felix Kuzulu (14) fasst die Vorteile des digitalen Lernens in prägnanten Stichworten zusammen: „Es ist praktisch, einfach und schnell. Man hat nicht viel zu schleppen. Und es macht Spaß.“
Schüler können frei im Internet surfen
Sobald ein Schüler sein iPad einschaltet, verbindet es sich automatisch mit dem Mobile Device Management der Stadt Hagen, der die für den Unterricht notwendige Software aufspielt. Zwar sind in die Geräte Jugendschutzfilter integriert, doch über den Safari-Browser, der bei allen Apple-Geräten obligatorisch ist, können die Jugendlichen außerhalb der Schule frei im Internet surfen. „Und natürlich ist nicht auszuschließen, dass sie dabei auch Blödsinn machen“, sagt Herbers.
Aus medienpädagogischer Sicht sei es jedoch falsch und weltfremd, den Zugang zum Internet einzuschränken, vielmehr hätten die Schulen den Auftrag, die Schüler über digitale Medien aufzuklären und auf problematische Inhalten hinzuweisen. Die Sekundarschule Altenhagen hat eine „AG Medienscouts“ eingerichtet, in der Schüler unter Anleitung von zwei Pädagogen entsprechend ausgebildet werden.
Stadt Hagen übernimmt Support der Endgeräte
Die Stadt Hagen hat sich im Gegenzug für die 6,69 Millionen Euro, die ihr seitens der EU für die Anschaffung von Schul-iPads bereitgestellt wurden, verpflichten müssen, mindestens vier Jahre lang den IT-Support der Geräte zu übernehmen.
Dazu gehört beispielsweise die Wartung der iPads, das Aufspielen von Apps, das Beheben von Bedienfehlern und das Zurücksetzen von Passwörtern.
Dies bringt erhebliche Folgekosten mit sich, müssen doch dafür zehn neue IT-Mitarbeiter eingestellt werden. Die ersten sechs von ihnen sollen noch im Dezember ihren Dienst antreten.
Die Stadt könnte die Aufgabe auch an einen externen IT-Dienstleister vergeben, aber: „So oder so handelt es sich also um ein vergiftetes Geschenk, denn wir bleiben auf den Kosten sitzen“, sagt Kämmerer Christoph Gerbersmann, dem natürlich dennoch bewusst ist, dass die Stadt Hagen eine Förderung in dieser Größenordnung nicht ablehnen konnte.
iPads werden nur leihweise überlassen
Grundsätzlich gilt, dass die iPads, von denen ein jedes einen Neuwert von rund 500 Euro besitzt, den Schülern (und auch vielen Lehrern) nur leihweise überlassen werden. Die Eltern müssen deshalb unterschreiben, dass sie im Falle des Verlustes oder bei mutwilliger Beschädigung für den Schaden aufkommen – eine Bedingung, die so manchen Erziehungsberechtigten von der Annahme des Gerätes Abstand hat nehmen lassen.
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Die Sekundarschule Altenhagen räumt den Eltern diese Möglichkeit erst gar nicht ein: „Wer sein Kind anmeldet, muss unterschreiben, dass es das iPad annimmt und damit arbeitet“, berichtet Schulleiter Kleinhofer. Eltern, die damit nicht einverstanden sind, müssen sich nach einer anderen Schule umsehen.