Hagen. Das Hochwasser hat Hallen und Gelände der Schmiedag in Hagen geflutet. Jetzt wird eine neuer Hammer aufgestellt. So sieht die Zukunft aus.
Ohne Schutz für die Ohren – nicht auszudenken. Die Hammerteile schlagen aufeinander. Der Boden scheint wie bei einem Erdbeben zu vibrieren. Und natürlich ist gedämpft zu hören, wie diese Maschine arbeitet. Heraus purzelt ein glühendes Teil, das bereits jetzt an die Kupplung für einen Pkw erinnert.
Im Auftrag des Volkswagenkonzern wird hier unter anderem produziert. Hier in Hagen, in Eckesey, bei der Firma Schmiedag, deren Gelände durch die Volme geteilt wird und vor 15 Monaten beim Jahrhunderthochwasser in einem Ausmaß geflutet wurde, wie es sich selbst diejenigen, die seit Jahrzehnten hier arbeiten, wohl nicht hätten ausmalen können.
14 Meter tiefes Fundament
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Aus der Flut, aus einem der bittersten Tage in der Firmengeschichte, erwächst Neues. Das Fundament für einen Hammer in der Produktionshalle jenseits des Flusses, der sich in einen reißenden Strom verwandelt hatte, ragt tief in die Erde. 14 Meter tief um genau zu sein. Und oben am Rand dieses Kraters steht neben der Geschäftsleitung, neben Journalisten mit Mona Neubauer (Grüne) auch die NRW-Ministerin für Wirtschaft und Klimaschutz in Personalunion.
Geschäftsführer Heinz Klenen spricht in ein Mikrofon. Seine Worte werden in der Halle in Kopfhörer übertragen. „In ganz Deutschland gibt es vielleicht vier bis fünf Hämmer dieser Art“, sagt er. „Die Schlagkraft liegt noch einmal 25 bis 30 Prozent höher, als es bei unseren bisherigen der Fall ist.“
Produktion aktuell bei 85 Prozent
Überhaupt Prozentzahlen. Die spielen in diesen Tagen durchaus eine Rolle, wenn Spitze und Mitarbeiter des Unternehmens auf die Produktion blicken. „Nach der Flut im Juli ging erst einmal gar nichts mehr“, blickt Klenen zurück. „Im Herbst des letzten Jahres lagen wir dann wieder bei rund 75 Prozent unserer Leistung. Jetzt sind es gut 85 Prozent.“
Aussagen, die unterstreichen, dass es bei allen Fortschritten gerade am Ende des Prozesses eine Herausforderung ist, die letzten Prozentpunkte herauszukitzeln. „Das Wasser aus der Halle zu bekommen, war das eine“, sagt Klenen, „der Schlamm war am schlimmsten. Es bleibt am Ende trockener Staub. Daran arbeiten wir bis heute.“
50 Millionen Euro Schaden durch die Flut
Bei 50 Millionen Euro liegt laut Gutachten am Ende der Schaden bei der Firma Schmiedag – Sachschaden und Ertragsausfall addiert. „Zwei wesentliche Bausteine helfen uns – die Fluthilfe und die Versicherung“, sagt Detlef Müller, Leiter der Instandhaltung bei Schmiedag.
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Während allerdings die Versicherung für rund die Hälfte des Schadens aufkommt, ist noch nicht klar, wie hoch die Fluthilfe am Ende ausfällt und wann sie fließt. Ohne die GMH-Gruppe (Georgsmarienhütte Unternehmensgruppe) wäre die Schmiedag in Gefahr geraten.
Dabei geht es bei Schmiedag nicht nur um den reinen Wiederaufbau. Im Fokus der Überlegungen steht auch, wie man sich wirksam vor künftigen Hochwassern schützen kann. „Was Ausdehnungsflächen angeht, sind wir im Austausch mit der Stadt“, sagt Müller, „daneben geht es natürlich um die Frage, was wir selber tun können. Wir sind dabei, ein Konzept zu erarbeiten und tauschen uns da auch mit unseren Nachbarn aus.“
Grüner Wasserstoff als Alternative zu Gas
Daneben spielt bei Schmiedag und in der GMH-Gruppe das Thema Energie gerade eine große Rolle. „Das meiste Gas brauchen wir für die Wärmebehandlung“, sagt Alexander Becker, Geschäftsführer der GMH-Gruppe. Für das Schmieden selbst nutze man lediglich Strom. Temperaturen von 1200 bis 1300 Grad seien schließlich in der Vorbehandlung des Materials erforderlich.
Grüner Wasserstoff könnte auch am Standort Hagen zu einer Alternative für Erdgas werden – wenn auch eher mittelfristig. „Theoretisch ist das möglich“, so Becker, „praktisch aber fehlt es an Erfahrung. Im Grundsatz ist Wasserstoff der Feind der Stahlherstellung. Das führt zu Porositäten.“
Der ersten Ofen, der Wasserstoff nutzen könne, sei jetzt bestellt. Allerdings gebe es den nicht von der Stange. Darüber hinaus fehle ihm, so Becker, an Phantasie, wie bis 2030 grüner Wasserstoff in Mengen zur Verfügung stehen solle, wie er benötigt werde. „Eigentlich bräuchte es zur Produktion riesige Solarparks in Nordafrika oder Südspanien. Ich denke, es wird 2035, bevor wir auf grünen Wasserstoff zurückgreifen können.“