Hagen. Werden die Müllwagen in Hagen demnächst mit Strom oder Wasserstoff angetrieben? Noch ist keine Entscheidung gefallen.

Man sieht sie nicht, hört sie nicht und erst recht riecht man sie nicht, die beiden Datensammler, die in zwei Fahrzeugen des Hagener Entsorgungsbetriebs (HEB) seit einigen Tagen im Einsatz sind. Trotz ihrer Unscheinbarkeit haben sie großen Einfluss auf das zukünftige Beschaffungskalkül und die Fahrzeugflotte des Müllunternehmens. „Sie sollen uns helfen, das beste Antriebssystem für die Zukunft zu finden“, sagt HEB-Geschäftsführer Uwe Unterseher-Herold.

Die Hagener Straßenbahn AG will bekanntlich bereits im nächsten Jahr die ersten Elektrobusse auf die Straßen der Stadt schicken, beim HEB ist man noch lange nicht so weit. Das hat nicht etwa in einer lethargischen Unternehmensführung seinen Grund, sondern die Abfuhrbranche ist mit der Umrüstung ihrer Fuhrparke generell noch nicht so weit.

Derzeit alle Wagen mit Diesel betrieben

Außerdem will Unterseher-Herold als weitsichtiger Unternehmensstratege gar nicht unbedingt der Erste sein, wenn es um umweltfreundlichere Fahrzeugantriebe geht. „Es wird ja bei den neuen Techniken Wandlungsprobleme geben, die erste Generation der Fahrzeuge wird sicherlich nicht ausgereift sein.“

Noch steht deshalb nicht fest, ob die derzeit allesamt mit Diesel betriebenen Müllwagen und Kehrmaschinen des Entsorgungsbetriebs mittelfristig mit Strom oder aber Wasserstoff fahren. Die in den beiden Fahrzeugen verbaute Messtechnik soll Hinweise liefern, welche Antriebstechnik sich für die tägliche Arbeit im Hagener Stadtgebiet mit den vielen Steigungen und engen Straßen am besten eignet und wie Fahrwege und Aufbaukennzahlen des Einsatzgebietes nach dem Energiebedarf zu sondieren sind. Entsprechend dieser Parameter kann nach der Testphase ein wirtschaftliches Antriebskonzept hinsichtlich des Batteriespeichers, der Brennstoffzelle und des Wasserstoffreservoirs festgelegt werden.

Ein Dutzend Müllabfuhrwagen und 13 Kehrmaschinen

Auch wenn in Wuppertal und Herne bereits Wasserstofffahrzeuge unterwegs seien, will sich Unterseher-Herold klugerweise noch nicht festlegen: „Erstens verfügen wir in unserer Branche nicht über ausreichende Erfahrungswerte. Und außerdem hat Hagen seine spezifische Topographie.“

Fahrgestell, Mischtrommel und Lift (hebt die Tonnen an und befördert den Abfall ins Wageninnere) sind nach Auskunft von HEB-Bereichsleiter Winfried Sasse die drei größten Energiefresser eines Müllautos. Derzeit sind ein Dutzend Müllabfuhrwagen und 13 Kehrmaschinen im Dienste des Hagener Entsorgers unterwegs, alle besitzen Dieselantrieb.

Dass bei der Anschaffung neuer bzw der Umrüstung alter Fahrzeuge besondere Sorgfalt gefragt ist, versteht sich schon mit Blick auf die Kosten. Rund 250.000 Euro kostet ein neuer Diesel-Müllwagen, so Unterseher-Herold, mit Wasserstoff betrieben seien dagegen rund 900.000 Euro fällig. „Mein Wunsch wäre es, dass wir den Fuhrpark mit Blick auf die Umwelt in sechs bis acht Jahren auf erneuerbare Energien umgestellt haben, aber realistischer sind, glaube ich, zehn bis zwölf Jahre.“

Clean Vehicle Directive (CVD)

Der Hagener Entsorgungsbetrieb muss den gesetzlichen Vorgaben der Clean Vehicle Directive (CVD) nachkommen. Durch die CVD, die seit dem 2. August 2021 gilt, soll der Einsatz alternativer Antriebe in kommunalen Fuhrparks beschleunigt werden. So wurden in dem von der Europäischen Union verabschiedeten Gesetz erstmals verbindliche Mindestziele für emissionsarme und -freie Pkw sowie leichte und schwere Nutzfahrzeuge für die Beschaffung vorgegeben.

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Um die Vorgaben einzuhalten, müssen beispielsweise bis 2025 zehn Prozent der neu beschafften Lkw des HEB mit alternativen Antrieben ausgerüstet sein. „Für uns Fahrer wird sich wohl nicht viel ändern, denke ich“, sagt Olaf Schulz, Kehrmaschinenfahrer beim HEB. Doch selbst das könnte sich als frommer Wunsch erweisen, wenn nämlich beispielsweise die Pausen der Mitarbeiter zukünftig von der Ladedauer einer Batterie abhängig sind. Dem HEB steht eine ereignisreiche Unternehmensentwicklung bevor.