Hagen. Immer wieder fällt die Betreuung in Hagener Kita aus – Eltern sind frustriert und bangen teilweise um ihre Jobs. Jetzt starten sie eine Petition:
All die Probleme, die dieses eine Problem nach sich zieht, lassen sich nicht in ein paar Sätzen zusammenfassen. Weil sie mit jeder Familie, mit jedem betroffenen Kind etwas anderes machen. Hier beispielhaft die Geschichten von einigen Eltern am Kuhlerkamp in Hagen.
Lisa-Marie Stange ist alleinerziehend. Sie arbeitet in Vollzeit, ihr Sohn geht in die Kita. Eigentlich. Denn an der Kita am Kuhlerkamp (Maria Königin des Friedens) können die Kinder seit den Ferien nicht mehr regelmäßig betreut werden. Wegen des hohen Krankheitsstandes haben aktuell nur 45 statt 72 Kinder einen täglichen Platz, nachmittags waren es teilweise sogar nur 15. „Und wenn ich immer wieder auf der Arbeit spontan ausfalle, dann ist mein Job in Gefahr. Bei allem Verständnis das es gibt: Das kann man keinem Arbeitgeber erklären“, sagt Lisa-Marie Stange.
Ihre Geschichte steht beispielhaft auch für die Geschichten von Sarah Rügemer, Stefan Peesel, Julia Travaschio, Rita Dressel, Sabrina Balkenhol oder Christian Dabrowski. Einige Eltern haben sich an diesem Tag auf dem Spielplatz vor der Einrichtung versammelt. Weil sie auf das Problem aufmerksam machen wollen, von dem nicht nur sie betroffen sind – und für das auch die Einrichtungen selbst nichts können: der drastische Personalmangel in den Kitas.
Keine Alltagsstruktur mehr
„Da die Situation bereits so lange anhält, wirkt sich dies auch auf unsere körperliche und mentale Verfassung aus“, sagt Vater Christian Dabrowski. Seine beiden Söhne sind hier in der Kita mit 45 Wochenstunden angemeldet.
„Wir hatten seit den Sommerferien fast durchgängig Notbetreuung. In der Praxis bedeutet es, dass wir die Kinder bereits um 12 oder 14 Uhr anstatt um 16 Uhr abholen müssen. Für arbeitende Eltern ist das eine extreme Belastung: Meine Frau und ich können unseren Arbeitsalltag kaum planen, da Ausfälle nur kurzfristig bekanntgegeben werden, was natürlich zu einer angespannten Situation zu Hause sowie auf der Arbeit führt“, sagt der Vater.
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Die Geschichten der Eltern, die hier stehen, ähneln sich. Und doch macht diese Situation mit jedem etwas anderes. „Mein kleiner weint ständig, wenn er in die Kita gehen soll. Weil die Betreuer so oft wechseln und er auch selbst keine verlässliche Alltagsstruktur mehr hat, dadurch dass die Betreuung immer wieder ausfällt“, sagt auch Sarah Rügemer. „Das kann kein Dauerzustand sein. Weder für die Kinder, noch das Personal, noch für uns als Eltern.“
Aktuell müssten Eltern jeden Tag um 12 Uhr anrufen, um einen Betreuungsplatz für den nächsten Tag zu ergattern – und das nach den Corona-Jahren, die mit Blick auf die Kinderbetreuung ohnehin schon eine Herausforderung waren. „Einen Tag habe ich 168 Mal angerufen“, erinnert sich Mutter Lisa-Marie Stange zurück. „Ich bin auf diesen Platz wirklich angewiesen.“ Viele Eltern erhielten Unterstützung von Großeltern oder helfen untereinander aus. „Aber die Krankheitszeit steht uns ja erst noch bevor“, befürchtet Sabrina Balkenhol im Winter eine Verschärfung der Situation.
Petition zur Erstattung von Beiträgen
Sabrina Balkenhol, Vorsitzende des Elternbeirates, erklärt, worum es den Eltern geht. „Es geht nicht darum, dass die Kita was falsch gemacht hat oder irgendjemand hier der Böse ist. Es geht um ein grundsätzliches Problem. Es fehlt Personal. Aber wir als Eltern können es auch nicht weiter hinnehmen, dass wir die vollen Beiträge zahlen, ohne dass wir ansatzweise die volle Leistung erhalten“, sagt die Vorsitzende, die eine Petition (Änderung der Satzung zu Kita-Beiträgen/Rückerstattung von Elternbeiträgen) gestartet hat, die bereits rund 1200 Unterstützer gefunden hat.
„Wir zahlen in Hagen nicht nur die höchsten Beiträge im Umkreis sondern sollen auch noch zahlen obwohl wir nicht mal die gebuchten Leistungen in Anspruch nehmen können“, so die Vorsitzende des Elternbeirats. Man müsse sein Privatleben komplett an den Personalausfall der Kita anpassen. Die Eltern fordern daher in der Petition eine Reformierung der Satzung der Stadt, um in diesen schweren Zeiten, wo ohnehin alles teurer wird, die Familien zu entlasten. Eine Erstattung der Elternbeiträge löse natürlich nicht das Grundproblem „allerdings ist es für uns als Eltern eine finanzielle Erleichterung.“
Die Petition ist zu finden unter: www.change.org/p/rückerstattung-von-elternbeiträgen-bei-unzureichender-kita-betreuung