Hagen. Obwohl Burkhard Waldecker nie berühmt wurde, gehört er zu den großen Entdeckern der Erde. Der Forscher aus Hagen und sein abenteuerliches Leben.

Die Frage ist, warum Burkhard Waldecker nicht weltberühmt geworden ist. Und ob man ihn auf eine Stufe mit Edmund Hillary, dem Erstbezwinger des Mount Everest, oder Roald Amundsen, dem Entdecker des Südpols, stellen kann.

Was den Berühmtheitsfaktor angeht, kann man das sicherlich nicht. Aber was seine Leistung angeht, so gehört Burkhard Waldecker aus Hagen zweifellos zu den bedeutenden Entdeckern und Erforschern unseres Planeten.

Plaketten an Geburtsadresse und Wohnhaus angebracht

Der Lehrersohn entdeckte 1937 die südlichste Quelle des Nils und reihte sich damit ein in eine Liste legendärer Expeditionsreisender wie Speke, Burton oder Livingstone – nur dass sie allesamt berühmt wurden, während Waldecker gänzlich unbekannt blieb. „Vielleicht hat das damit zu tun, dass er seine Entdeckung machte, als das sogenannte heroische Zeitalter schon vorbei war“, überlegt Martin Kiel, dessen Tante einst als Angestellte bei Waldeckers Eltern in Hagen tätig und dessen Großvater mit Waldecker befreundet war.

Burkhart Waldecker als Schüler in Hagen (damals trug er noch den Vornamen Ludwig, den er später in Burkhart änderte).
Burkhart Waldecker als Schüler in Hagen (damals trug er noch den Vornamen Ludwig, den er später in Burkhart änderte). © Fernuniversität Hagen | Privatarchiv Nettmann

Selbst in seiner Geburtsstadt Hagen war Waldecker nie ein Begriff. Vielleicht ändert sich das nun, an seiner Geburtsadresse in der Bergstraße 47 und im späteren Wohnhaus der Familie in der Buscheystraße 47 ließ der Heimatbund Hagen zur Erinnerung an den großen Sohn der Stadt Plaketten anbringen. „Das ist auch angemessen, Waldecker war nicht solch ein übler Kolonialist wie Carl Peters, nach dem früher der Bergische Ring benannt war“, so Vorsitzender Jens Bergmann.

Fernuni Hagen entdeckt Waldecker neu

Dass Waldecker 58 Jahre nach seinem mysteriösen Tod aus der Anonymität auftaucht, ist dem Lehrstuhl „Geschichte Europas in der Welt“ von Professor Jürgen G. Nagel an der Hagener Fernuniversität zu verdanken. Die Wissenschaftler haben Waldecker sozusagen für die Öffentlichkeit entdeckt. „Obwohl er wenig über sich selbst geschrieben hat und sein Lebenslauf schwer zu fassen ist, war er offenbar von dem Wunsch getrieben, das ganz Große zu schaffen“, sagt der Historiker Dr. Fabian Fechner.

In der Tat enthält die Biographie von Burkhart Waldecker respektable Löcher. 1902 in Hagen geboren und aufgewachsen, wollte er nacheinander Staatenlenker, Dirigent, Anwalt und Linguist werden, studierte in Bonn, Münster und Berlin, wo er schließlich auch promovierte.

Eine Zeit lang schlug er sich als Journalist durch, ehe er 1935 aus nicht näher bekannten Gründen nach Belgisch-Kongo auswanderte und sich unter unerhörten Strapazen auf die Suche nach der eigentlichen Nilquelle begab. Aus den Quellen, die Fechner ausfindig gemacht hat, ist darauf zu schließen, dass Waldecker Hunger, Krankheiten und weitere Entbehrungen auf sich nahm, um sein Ziel in dem unwegsamen Gebiet zu erreichen.

Pyramide noch heute zu besichtigen

Als er die unscheinbare Quelle endlich entdeckt hatte, ließ Waldecker an Ort und Stelle eine kleine Pyramide errichten, die noch heute zu besichtigen ist. Was er in den darauffolgenden sechs Jahren unternahm, ist unbekannt.

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Erst 1943 taucht er wieder auf als ethnologischer Mitarbeiter des Museums in Elisabethville (dem heutigen Lubumbashi). Er erwarb die belgische Staatsangehörigkeit und veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Beiträge, aber nie wieder schrieb er in deutscher Sprache noch kehrte er jemals in seine Heimat zurück. 1964 verschwand er während eines Urlaubs am Gran Sasso in den italienischen Abruzzen, sein Leichnam wurde nie gefunden.

Wichtige touristische Attraktion in Burundi

Die Pyramide aus Feldsteinen stellt eine wichtige touristische Attraktion in Burundi dar, auf dessen Staatsgebiet sie steht. Und während Waldecker in Deutschland und erst recht in Hagen nie die ihm zustehende Popularität gewann, ehrte ihn Burundi gar mit einer Briefmarke.

Burundische Briefmarke von 1970 mit der Inschrift „Waldecker 1937
Burundische Briefmarke von 1970 mit der Inschrift „Waldecker 1937". © Fernuni Hagen

„Waldecker hat die ganz große Tat vollbracht, aber er dokumentiert sie nicht“, sagt Historiker Fechner über das eiserne Schweigen des Forschers bezüglich seiner wichtigen Entdeckung. Vielleicht hat Waldecker darauf gesetzt, dass seine Leistung durch ihre Bedeutung an sich Berühmtheit erlangen würde und war enttäuscht, dass kaum jemand Notiz davon nahm.

Das Zeitalter der Entdecker war vorbei, und obwohl Waldecker der erste Mensch an der südlichsten Nilquelle war, war er vermutlich zu spät gekommen.