Hagen. Es ist die Suche nach den eigenen Ursprüngen, die immer mehr Menschen in Hagen dazu bewegt, die Geschichte ihrer Vorfahren zu erforschen.

Wer bin ich? Und woher komme ich? Mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigt sich eine wachsende Zahl von Menschen in Hagen. Immer mehr Bürger wollen etwas über ihre Vorfahren herausbekommen und wissen, wo die Ursprünge ihrer Familie liegen. „Seit Jahren stellen wir ein verstärktes Interesse an der Familienforschung fest“, berichtet Jens Bergmann (71), Vorsitzender des Hagener Heimatbundes: „Vor allem immer mehr junge Menschen wollen wissen, von wem sie abstammen.“

Zu denjenigen, die sich auf die Suche nach ihren Wurzeln begeben haben, gehört Ursula Winkelmann (74). Der Hagenerin ist es tatsächlich gelungen, die Reihe ihrer Ahnen bis 1586 zurückzuverfolgen. In jenem Jahr wurde in Berge bei Osnabrück ein gewisser Johann Henze geboren, ein Urahn mütterlicherseits. Ursula Winkelmann hat in Erfahrung gebracht, dass Johann Henze Bäckermeister und als solcher in Adelebsen bei Göttingen tätig war.

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Den entscheidenden Hinweis über ihren ältesten bekannten Vorfahren fand sie denn auch nicht an dessen Geburtsstätte, sondern im Ortssippenbuch von Adelebsen. Warum er dort hingezogen ist, kann man nur vermuten. „Der Mann war ja Handwerker, deshalb ist es wahrscheinlich, dass er, wie das jahrhundertelang üblich war, auf Wanderschaft gegangen und in Adelebsen hängen geblieben ist“, so Jens Bergmann.

Kuhhirten im Schwarzwald

Der Historiker und pensionierte Lehrer hat sich selbstredend auch auf die Suche nach seinen Ursprüngen begeben. Bergmann entstammt, wie könnte es bei dem Namen anders sein, einem Geschlecht von Bergarbeitern, noch ältere Vorfahren lebten als Kuhhirten im Schwarzwald. Ein Ururgroßvater wurde in Dortmund-Oespel mit einer Picke im Schädel tot aufgefunden, heißt es in einer Urkunde. Über die Todesursache ist nichts bekannt: „Aber wahrscheinlich wurde er ermordet“, so Bergmann.

Eine Generation später war es sein Urgroßvater, der nach einem Grubenunglück verkündete, dass keines seiner Kinder je wieder im Bergbau Beschäftigung finden solle. Und tatsächlich: „Seitdem sind wir aus diesem Metier raus“, sagt Bergmann. Nur der Name ist geblieben.

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Unerquickliche Funde sind Ursula Winkelmann im Rahmen ihrer Ahnenforschung bisher erspart geblieben. Unter ihren Vorfahren hat sie keinen Räuber, keinen Mörder, auch keinen Nazi entdeckt. Apropos Nazis: Im Dritten Reich war die Vorlage einer Ahnentafel und der Nachweis der „Reinrassigkeit“ Pflicht, wenn jemand heiraten wollte. Dieser Missbrauch war denn auch der Grund dafür, dass die genealogische Forschung nach dem Zweiten Weltkrieg verpönt war. Erst nach und nach nahm das Interesse an dem Thema wieder zu. „Inzwischen kommen häufiger Leute, die mehr über ihre Familie wissen wollen“, berichtet Bergmann.

Mormonen besitzen größtes Archiv

Die Suche nach den eigenen Vorfahren ist immer auch eine Suche nach sich selbst. Manchmal macht man verblüffende Entdeckungen. So stellte Ursula Winkelmann fest, dass ihr Vater als junger Mann ihrem Neffen wie aus dem Gesicht geschnitten war.

Es sind vor allem Kirchenbücher, die den Weg in die Vergangenheit weisen, denn ein Pfarrer vermerkt jede Geburt in der Gemeinde. Staatliche Archive reichen oft nicht so weit zurück, wurde die Zivilehe in Deutschland doch erst 1875 durch das Gesetz über die Eheschließung geregelt.

Vielversprechende Quellen können Vereins- und Feuerwehrchroniken sein, aber auch das Landesarchiv in Münster entpuppt sich für manchen Familienforscher als Fundgrube, sind dort doch Testamente sowie Inventarlisten von Höfen und anderen Immobilien hinterlegt. Bisweilen kann sogar das riesige genealogische Archiv der Mormonenkirche weiterhelfen. Die Glaubensgemeinschaft besitzt die größte Sammlung an genealogischen Aufzeichnungen in der Welt, in der durchaus auch Nichtmormonen fündig werden können.

Vor-Ort-Recherche

Neben der Recherche im Internet oder per Telefon ist es aber in der Regel immer notwendig, die Akten eines Archivs vor Ort durchzusehen, vor allem wenn es um die angesprochenen Kirchenbücher geht. „Mit der Zeit findet sich dann immer wieder eine weitere Information, die man der Familiengeschichte hinzufügen kann“, sagt Ekkehard Müller-Kissing (61), dessen Stammbaum dank akribischer Forschung im Jahre 1510 seinen Anfang nimmt.

Der Heimatbund

Wer mehr über Familienforschung wissen oder sich auf die Spur seiner Vorfahren begeben will, kann Näheres erfahren beim Hagener Heimatbund, Eilper Straße 132-136, Mail: info@hagenerheimatbund.de.

Bisweilen ist Familien- auch Stadtgeschichte. Über genealogische Quellen lasse sich etwa nachweisen, dass „halb Hagen“ aus dem Hessenland stamme, so Jens Bergmann. Zahlreiche Menschen aus der strukturschwachen Waldecker Region seien einst nach Hagen ausgewandert und hätten Arbeit bei der Textildruckfabrik Elbers angenommen. Wer sich als Hagener heute auf die Suche nach seinen Ahnen macht, der sollte nicht überrascht sein, wenn er in Hessen landet. . .