Hagen. Manfred Krink ist seit jeher in Hagen-Vorhalle zu Hause. Bei seiner Geburt gab es die A1 noch gar nicht. Jetzt macht sie ihm das Leben zur Hölle.
Zeitlebens wohnt Manfred Krink (68) an der Nöhstraße in Vorhalle. Er hat miterlebt, wie die A1 gebaut wurde, wie sie immer wieder erweitert, mit Lärmschutzwänden versehen und trotzdem lauter wurde. „Früher herrschte ja nicht so viel Verkehr“, sagt Krink: „Aber in den letzten Jahren ist es richtig schlimm geworden.“
Wohlgemerkt: Krink lebte schon an der Nöhstraße, als es die A1 in Hagen noch gar nicht gab. 50 Meter von seinem Grundstück entfernt rauscht sie nun vorbei. Der Lärm verschluckt fast das Plätschern des kleinen Springbrunnens im Garten und treibt einen dazu die Stimme zu heben, damit der Gesprächspartner versteht, was man sagt. „Wenn wir Besuch bekommen, fragen die Gäste uns immer, wie wir das bloß aushalten“, sagt Krink.
Zuerst wird die Brücke erneuert
Gemeinsam mit seiner Frau Sabine besuchte Manfred Krink am Donnerstag die Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative zur Verbesserung des Lärmschutzes an den Hagener Autobahnen im Gemeindesaal der Liebfrauen-Gemeinde. Das Ergebnis: Ernüchterung. Von einer Verbesserung der Lärm-Lage in Vorhalle kann zumindest in den nächsten Jahren keine Rede sein.
Bevor die Sanierung der A1 überhaupt in Angriff genommen werden kann, muss die Brücke, die über die Nöhstraße führt, abgerissen und erneuert werden. Das soll, so stellten es die Vertreter der Autobahn GmbH am Donnerstag in Aussicht, in Rekordzeit geschehen: „Wir fangen im Frühjahr 2024 an und werden im Herbst desselben Jahres fertig sein“, versprach Teamleiter Carsten Spreemann.
Verengte Fahrstreifen während der Bauarbeiten
Die Fahrstreifen auf der Autobahn werden während der Bauarbeiten verengt, der Verkehr wird aber weiterrollen. Und auch die Zuwegung (für Autos und Fußgänger) zum Agnesheim, zur Kita Funckenhausen und zum Friedhof bleibe gewährleistet.
Ab 2025 könnte dann die Lärmsanierung beginnen, die A1 mit Flüsterasphalt und neuen, wirksameren Lärmschutzwänden ausgestattet werden. Die Varianten, die Janina Sauermann von der Autobahn GmbH den Bürgern vorstellte und die immerhin 794 Häuser miteinbezogen, hätten, so sie denn verwirklicht würden, mal mehr, mal weniger Lärmminderung zur Folge.
Kein befriedigendes Ergebnis für Vorhalle
Aber ein Ziel erreichten sie allesamt nicht, wie Dr. Bernd Widera, Sprecher der Bürgerinitiative, beklagte: „Dass die Lärmbelastung an allen Häusern unter den Grenzwert gesenkt würde. Eine Behörde hat ihre Algorithmen und rechnet damit. Wir aber sind subjektiv betroffen, wir leiden täglich unter dem Krach.“
Sein Fazit: Keine der Varianten führe zu einem befriedigenden Ergebnis. Selbst in der weitreichendsten der untersuchten Varianten blieben allein in Vorhalle immer noch 179 Häuser von Lärmimmissionen betroffen, die nachts über dem Auslösewert für Lärmschutzmaßnahmen von 54 dB/A lägen, so Widera: „Das ist für uns definitiv nicht akzeptabel.“
Zumal, wie zum Erschrecken mancher Zuhörer offenbar wurde, ab 2025 lediglich der A1-Abschnitt zwischen der Anschlussstelle Hagen-Nord und der Brücke über die Nöhstraße saniert wird. Für die Einwohner von Bathey eine Hiobsbotschaft. „Bei uns im Dorf hat mittlerweile niemand mehr die Kraft zu kämpfen und sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen“, sagte Erika Engel frustriert und verließ bald darauf den Saal.
Effektiver Lärmschutz sieht anders aus
Aber auch auf der anderen Seite, zwischen Nöhstraßenbrücke und Anschlussstelle Haspe, sollen keine Lärmschutzmaßnahmen erfolgen. Für Manfred und Sabine Krink sowie viele weitere Vorhaller bedeutet das, dass das Rauschen und Dröhnen unvermindert weitergehen wird. „Bei uns im Schlafzimmer hat man das Gefühl, man befinde sich direkt auf der Autobahn“, beschrieb Sabine Krink die unerträgliche Geräuschkulisse.
Und Widera forderte: „Um einen effektiven Lärmschutz für den gesamten Hagener Norden zu erreichen, müsste das Baulos mindestens auf den Bereich zwischen Rasthof Lennhof und Rastplatz Funckenhausen ausgedehnt werden.“
In Corona-Jahren war es ruhiger
Das aber dürfte so gut wie ausgeschlossen sein. Ihre Kollegen hätten Regelwerke, nach denen sie sich richten müssten, erläuterte Autobahn-Sprecherin Susanne Schlenga die Vorgehensweise ihrer Behörde: „Irgendwo ist dann immer der Punkt erreicht, an dem einer hinten runter fällt.“
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Darüber hinausgehende Lösungen lägen nicht im Einflussbereich der Autobahn GmbH, sondern seien letztlich Sache der Politik. Und ihre Kollegin Kirsten Peveling fasste das Dilemma der Autobahn-Anrainer in einem markanten Satz zusammen: „Einen Vollschutz wird es für Hagen nicht geben.“
Manfred und Sabine Krink trauern da schon fast den Corona-Jahren 2020 und 2021 nach, in denen das Verkehrsaufkommen auf der A1 um bis zu 80 Prozent zurückging und es auf einmal wundersam ruhig war in dem gepflegten Garten hinter ihrem Haus. Da kam niemand auf die Idee zu fragen, wie sie es denn nur aushielten so nah an der Autobahn...