Hagen. . Jetzt organisieren die Bürger der betroffenen Stadtteile in Hagen gemeinsam den Widerstand gegen den teils unerträglichen Autobahnlärm.
Der Lärm wächst. Und mit ihm der Widerstand. der Widerstand derjenigen Hagener, die dem Autobahnlärm tagtäglich ausgesetzt sind. Nirgends sonst in Nordrhein-Westfalen ist die Belastung für die Menschen derart groß, aus dem Umweltbericht des Regionalverbandes Ruhr (RVR) ging 2017 hervor, dass Hagen die lauteste Stadt im Ruhrgebiet ist. Demnach sind 46.673 Menschen einem Lärm ausgesetzt, der oberhalb von 56 Dezibel (A) liegt. Und dass das vor allem auf die Autobahnen zurückzuführen ist.
Während sich die Bürger aus den betroffenen Ortsteilen bisher getrennt zur Wehr setzten, scheint sich der Widerstand jetzt Stadtteil übergreifend zu formieren. Auf Einladung von Bernd Widera trafen sich Einwohner von Vorhalle, Bathey und Emst/Haßley im Stadtteilhaus Vorhalle, um gemeinsam zu diskutieren. Zu Gast waren Dieter Reppenhorst, Leiter der Autobahnniederlassung Hamm des Landesbetriebs Straßen NRW, sowie seine für den Lärmschutz an den Autobahnen zuständige Abteilungsleiterin Heike Gerlach.
Die Situation in Vorhalle
Knapp 100.000 Fahrzeuge passieren laut Messungen des Landesbetriebs Straßen NRW täglich die A 1 zwischen den Anschlussstellen Hagen-Nord- und Hagen-West. Ihr Lärm gehört seit Jahrzehnten zu Vorhalle wie der Tannenbaum zum Weihnachtsfest. Besonders infernalisch ist der Krach im Umfeld von Espenweg, Ulmen- und Mühlenbrinkstraße. Jeder achte Wagen ist ein Lkw, nachts steigt der Anteil der Brummis gar auf 28 Prozent. Die Tunnel, durch die die A1 unter der Eisenbahn und der Weststraße geführt werde, wirkten wie Schalltrompeten, so Widera: „Da brüllt es regelrecht heraus.“
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Die Vorhaller fordern u.a. den Einbau von Flüsterasphalt, den Um- bzw. Ausbau der bestehenden Lärmschutzwände sowie Dämmelemente an den Unterführungen. Und tatsächlich signalisierten die Vertreter des Landesbetriebs, dass die A1 im Jahr 2021 auf 5,5 Kilometern Länge zwischen dem Rastplatz Funckenhausen und der Anschlussstelle Hagen-Nord saniert werden soll. Dann wird auch der Lärmschutz verbessert. Eine ebenfalls gewünschte Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 60 oder 80 km/h lehnen die Behörden bislang allerdings ab.
Die Situation in Bathey
Die Einwohner von Bathey drohen bei der angekündigten A1-Sanierung abgehängt zu werden. Denn der Ortsteil liegt, von Vorhalle aus gesehen, hinter der Anschlussstelle Hagen-Nord. „Werden Autobahn und Lärmschutz nur bis Hagen-Nord verbessert, haben wir davon gar nichts“, brachte es Erika Engel aus Bathey auf den Punkt.
Reinhold Külpmann übergab am Montagabend eine Liste mit 268 Unterschriften für mehr Lärmschutz an Bezirksbürgermeister Heinz-Dieter Kohaupt und den Hagener Landtagsabgeordneten Wolfgang Jörg. „Vor allem bei Südwind ist der Krach nicht auszuhalten“, so Külpmann. Ob der Sanierungsabschnitt mit Rücksicht auf den Schutz von Bathey um einige hundert Meter verlängert wird, konnten und wollten die Straßen-NRW-Vertreter nicht zusagen.
Die Situation in Haßley und Emst
An der A 45 wird der Lärmschutz dagegen definitiv optimiert – allerdings erst in einigen Jahren. Nach dem derzeit laufenden Neubau der Talbrücken Kattenohl und Brunsbecke wird die Autobahn zunächst zwischen Lennetalbrücke und Westhofener Kreuz, anschließend zwischen Lüdenscheid-Nord und Hagener Kreuz sechsspurig ausgebaut.
Talbrücken an A 45 erhalten Brüstungen aus Plexiglas
Nach dem Neubau werden die Talbrücken Kattenohl und Brunsbecke nicht mehr – wie bislang – über offene Geländer verfügen, sondern mit geschlossenen Brüstungen aus Plexiglas verstärkt.
Durch Hagen führen drei Autobahnen: die A 1, die A 45 und die A 46.
Das ist frühestens 23023 der Fall, gilt aber als Grunderneuerung der Autobahn und bedeutet, dass die alten Grenzwerte ihre Gültigkeit verlieren und der Lärmschutz neu berechnet werden muss, erläuterte Reppenhorst.
Die betroffenen Anwohner von Haßley, Emst und Bissingheim erwägen derzeit die Gründung einer Bürgerinitiative, wie Volker Kingreen verriet: „Wir möchten mitdiskutieren, wenn über konkrete Maßnahmen gesprochen wird.“
Die Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit wegen der laufenden Bauarbeiten habe sich bereits positiv bemerkbar gemacht, aber: „Auf der kurzen Strecke zwischen den Baustellen dürfen die Leute 200 km/h fahren – und das versuchen sie auch.“ Die aufheulenden Motoren sind bis weit in die Wohngebiete hinein zu vernehmen.