Hagen. Das Wasserschloss Werdringen im Norden von Hagen ist einer der schönsten Orte der Stadt. Ein Rundgang um den Wassergraben lohnt.
Irgendwo hier würde er wohl sitzen. Die hölzerne Staffelei aufgebaut, den Pinsel in der Hand, würde er den Moment wirken lassen. Claude Monet würde auf die Büsche, auf die Bäume und in den Graben blicken, der das Ensemble umgibt. Und er würde die Farbe Grün wählen – in all ihren Ausprägungen, um diesem Bild einen Rahmen zu geben.
Dass Monet jemals am Wasserschloss Werdringen im Norden von Hagen gesessen hat, ist nicht überliefert. Und weil es keinen Sinn ergeben würde, wenn ein Redakteur, dessen Farben im Kunstunterricht sich mit schöner Regelmäßigkeit wild aber ohne jeden Sinn und Anspruch über ein weißes Blatt Papier ergossen haben, malt, müssen an dieser Stelle mal die Worte (und die Fotos) sprechen.
Ein kleiner Traum im Norden von Hagen
Den Glockenklang einer Kirche, der sich mit seichtem Industrielärm aus der Ferne mischt. Das Gezwitscher der Vögel. Das Flattern der beiden Tauben, die sich auf einer der Fensterbänke niederlassen – all das hätte auch der Meister nicht auf die Leinwand bringen können. Dafür aber hätte sich auch aus seinem Werk dieses simple Fazit vorab ergeben: Das Wasserschloss in Vorhalle ist ein kleiner Traum.
Einer, den man kaum vermutet, wenn man auf dem Weg in Richtung Werdringen unmittelbar vor dem Ziel die Wohn-Klötze in Brockhausen passiert. Die Hochhäuser sind das genaue Gegenteil. Auch wenn eine Gesellschaft hier luxuriöses Wohnen zu niedrigen Mietpreisen anpreist. Denn selbst wenn man den Begriff „luxuriös“ gar unterschiedlich interpretieren mag – die Vorstellung fällt hinter diesen Fassaden doch schwer.
Ein Rundgang um das Wasserschloss Werdringen
Wie anders, wie unterschiedlich mag da das Wohnen gewesen sein, das dem Adel einst auf diesem Märchenschloss beschert war? Zumindest in den fixen Träumen mag man völlig ausklammern, dass durch die alten Gemäuer im Winter auch ein kühler Wind gerauscht sein mag und dass es Bereiche für Personal gegeben haben mag, in denen mehr gehaust denn gewohnt wurde. Die Vorstellung eines wohligen Lebens, in dem es einem geschützt hinter Wassergraben und Mauern an nichts fehlt, drängt sich in den Vordergrund.
Wer das Wasserschloss Werdringen und alles, was es umgibt, mit den Sinnen erfahren will, sollte mit einem Rundgang um die Gräfte starten. Grün – siehe oben – dominiert. Immer wieder fällt der Blick auf das Gemäuer, dessen Ursprünge laut einer Tafel bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen. Wie es damals genau ausgesehen hat, weiß niemand. Von einem steinernen Wohnturm mit Wall und Graben ist die Rede.
Farbenspiel in den Baumkronen
Es lohnt aber nicht nur der Blick aufs Schloss. Es lohnt auch der Blick nach oben. Die Sonne entfacht ihr Farbenspiel immer wieder aufs Neue in den Kronen der Bäume, von denen manche gleich mehrere hundert Jahre auf dem Buckel haben dürften. Noch so ein Fall für Monet.
Aber es gibt auch Dinge, die das kleine Paradies trüben: Die Krombacher-Flaschen, die ein Pilsfreund hinter einer der runtergekommen Bänke hat liegen lassen, würden ein Gemälde kaum schmücken. Gleiches gilt für ein Schild „Bitte nicht betreten“, das aus dichten Brennnesseln herausragt. Wer bitte würde freiwillig (noch dazu in kurzen Hosen) diese Fläche betreten wollen. Und dann sind da noch die offenen Müllsäcke, die hinter einem Tor, aber neben den Behältern liegen.
Tor an einigen Tagen verschlossen
Hätte Monet noch rot und weiß im Farbkasten, so könnte er immerhin die Baken, mit denen der Wirtschaftsbetrieb Hagen den Zugang über den Graben flankiert hat, malen. Schmücken würden diese Kunststoff-Ungetüme das Werk aber kaum.
Wer die Baken passiert hat, steht vor einem geschlossenen Tor. Zumindest, wenn er unvorbereitet wie der Redakteur das Schloss aufsucht. Geöffnet ist der Hof nur, wenn das Museum für Ur- und Frühgeschichte oder aber das Café seine Pforten öffnet.
Wasserschloss ist Ort zum Verweilen
Noch so ein Punkt, der in Werdringen für Ärger sorgt und der sich kaum malen, aber doch beschreiben lässt: Denn wie lange das Café noch öffnet, steht in den Sternen. Die Stadt, die das Wasserschloss 1977 erworben hat, hat dem Pächter gekündigt. Der wiederum wehrt sich vor Gericht. Ausgang offen.
Noch sind die Sonnenschirme geöffnet. „Coffee to go“ steht auf einem Schild. Gehen aber will ich nicht. Das Wasserschloss ist ein Ort, an dem man lange verweilen möchte.