Hagen. Die Stadt Hagen hat eine neue Chef-Denkmalpflegerin. Was Mirjam Kötter über das denkmalgeschützte Finanzamt und über Stadtentwicklung denkt.

„Ich hab‘ mich immer für meine Heimatstadt interessiert. Und in Hagen gibt es noch viele archäologische weiße Flecken“, sagt Mirjam Kötter. Grund für die 31-Jährige, diese weißen Flecken anzugehen und das „archäologische Brachland“ zu beackern. Seit April ist Mirjam Kötter die oberste Denkmalpflegerin in Hagen. Sie hat Ina Hanemann (53), die nun Karriere als Chef-Denkmalpflegerin in Essen macht, im Amt beerbt.

Expertin in Sachen Bodendenkmäler

Während Ina Hanemann ihren Schwerpunkt auf Baudenkmalpflege gelenkt hatte (also auf Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen), ist Mirjam Kötter Expertin in Sachen Bodendenkmäler (Ruinen und archäologische Funde), „doch beide Bereiche haben natürlich eine große Schnittmenge“, unterstreicht die 31-Jährige und liefert Beispiele: „Das Schloss Hohenlimburg sowie das Wasserschloss Werdringen sind Bau- sowie Bodendenkmäler, da es sich um schützenswerte Gebäude handelt, dort aber auch archäologische Funde gemacht wurden.“

Ob Mirjam Kötters Herz schon immer für alte Dinge geschlagen hat? Sie lacht, „nein, als Kind hatte ich andere Sachen im Kopf, wobei ich gern und viel draußen gespielt habe. Allerdings fand‘ ich schon immer, dass Historisches etwas Geheimisvolles und Spannendes hat.“

Dass sie sich in ihrem Job als Denkmalpflegerin in einem Spannungsfeld bewegt, ist Mirjam Kötter bewusst: „Der Denkmalschutz birgt immer auch Konfliktpotenzial. Einerseits geht es darum, privates Eigentum zu akzeptieren, gleichzeitig aber auch darum, Stadtplanung und -entwicklung möglich zu machen. Wichtig ist für mich, Kulturgüter zu schützen und Traditionen zu bewahren.“ Dabei wolle sie, unterstreicht sie, natürlich niemanden mit Auflagen, die eventuell hohe Investitionen erforderlich machen würden, ärgern, „wir setzen vielmehr die geltenden Gesetze um.“ Sie sähe sich und den Denkmalschutz nicht als Verhinderer, der nicht zukunftsorientiert agiere, „im Gegenteil, wir zeigen wertvolle Schätze auf.“

Fördermöglichkeiten und Steuererleichterungen

Einige Bürger würden sich, wenn es um Denkmalschutz geht, vielleicht in ihren Rechten beschränkt fühlen, „manchmal kann man ihnen diesen Eindruck auch nicht nehmen, doch vieles klärt sich in Gesprächen.“ Oftmals gäbe es auch, wenn der Denkmalschutz eines Gebäudes dem Eigentümer Mehrkosten verursache, Fördermöglichkeiten und Steuererleichterungen.

Dass einige denkmalgeschützte Gebäude wie das Finanzamt „in der Feinstaubschlucht“ von den Hagener kritisch hinterfragt werden, ist Mirjam Kötter nicht neu. „Natürlich wirkt der städtebauliche Standort des Gebäudes aus heutiger Sicht ungünstig, doch es gibt eben die fachlich untermauerte Gebäudeeinschätzung, die sagt, dass der Komplex schützenswert ist. „Außerdem“, fährt die Expertin fort, „handelt es sich meiner Meinung nach um einen schönen, expressionistischen Backsteinbau. Wobei Schönheit in der Denkmalpflege keine Rolle spielt; es wird nach fachlichen Kriterien entschieden.“

Seit 2018 bei der Stadt Hagen beschäftigt

Themenwechsel – wie Mirjam Kötter zur Stadtverwaltung kam? Nach der Absolvierung ihres Masters in Archäologie und Kunstgeschichte wurde sie 2018 bei der Stadt Hagen als technische Sachbearbeiterin im Bereich Bodendenkmalpflege angestellt, „während meines Studiums hatte ich aber schon zur Unteren Denkmalbehörde und zu Ina Hanemann Kontakt.“

Da Hagen eine breitgefächerte Fundlandschaft hat, wurde besagte Stadtarchäologie-Stelle neu geschaffen. Erst kürzlich, am 1. Mai, ist ein weiterer Kollege – Dr. Roland Feitenhansl - in der Unteren Denkmalpflege angefangen. Der Kunsthistoriker erstellt ein Buch, das schützenswerte Gebäude auflistet und begutachtet; der Katalog soll künftig bei der Stadtplanung und -entwicklung hinzugezogen werden.

Bei dem denkmaltopografischen Projekt handelt es sich um eine Kooperation mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), der die auf zweieinhalb Jahre ausgerichtete Stelle mitfinanziert. „Solch eine Stelle gibt es bislang noch nicht in vielen Städten, darauf sind wir schon ein wenig stolz“, gesteht Mirjam Kötter, deren Team - sie selbst mitgerechnet – nun aus vier Leuten besteht.

Stadtarchäologie nutzt Räume im Wasserschloss

Im Anbau des Wasserschlosses Werdringen sollen künftig Räume von der Stadtarchäologie genutzt werden.

Die Räume werden Funden Platz bieten und Archäologen einen temporären Arbeitsplatz bieten. Für Besucher sollen die Räumlichkeiten jedoch nicht zugänglich sein.

Die größten Projekte, die sie in den vergangenen Jahren beschäftig haben und noch immer beschäftigen? „Haus Harkorten und die Villa Hohenhof“, muss Mirjam Kötter nicht lange überlegen. Ihr spannendstes Projekt sei aber zweifellos die Blätterhöhle, „die liefert ständig neue Ergebnisse.“ Und ihr Lieblingsplatz in Hagen? „Das Wasserschloss Werdringen, die Atmosphäre dort ist herrlich und die Verbindung zum Museum für Ur- und Frühgeschichte wirklich gelungen.“