Hagen. Die Einkaufspassage mit 60 Shops ist seit zwölf Monaten geschlossen. Warum das für die ganze Stadt tragisch ist.

Für die etwa 60 Mieter der Ladenlokale, für die 430 Mitarbeiter, die darin arbeiten, für Kunden und im Grunde für die ganze Innenstadt ist es eine Katastrophe. Eine Katastrophe, die am frühen Abend des 14. Julis ihren Lauf nahm. An jenem Abend, als aufgrund des Starkregens die Rathaus-Galerie in unmittelbarer Nähe zur Volme geflutet wurde.

Seitdem, also seit einem Jahr, ist die Einkaufspassage in der Fußgängerzone noch immer fast vollständig geschlossen.

Genau wie die große Tiefgarage. Die Aufräum- und Trocknungsarbeiten in der Einkaufspassage setzten sofort ein, doch die Schäden, die das Hochwasser angerichtet hatte, das wurde bei der Sichtung durch Experten klar, waren immens.

„Das A und O ist Strom – wir brauchen dringend Strom. Und Licht, damit wir arbeiten und die Schäden beheben können“, sagte Christoph Höptner, Center-Management der Rathaus-Galerie, sechs Tage nach dem Chaos-Abend mit verzweifelter Stimme. Die größten Schäden waren im zur Mall gehörenden Parkhaus an der Rathausstraße, in dem die Elektrik durch das Unwetter fast komplett zerstört wurde, auszumachen. „Das 12.000 Quadratmeter große Parkhaus mit seinen 430 Parkplätzen war bis unter die dreieinhalb Meter hohe Decke überflutet“, so Höptner­.

Parkhaus als Sammelbecken

In Zahlen: Rund 42.000 Kubikmeter Wasser – 42 Millionen Liter Wasser! – haben das Parkhaus geflutet. „Ein Experte der Feuerwehr meinte, dass, wenn das Parkhaus nicht zum Sammelbecken geworden wäre, sogar ein Großteil der Fußgängerzone überflutet worden wäre“, so der Center-Manager weiter­.

Feuerwehr und Technisches Hilfswerk hatten drei Tage lang das Parkhaus leer gepumpt und dann die Fläche von Stämmen, Ästen, Unrat und Schlamm befreit. Die Geschäfte und Shops der gut 20.000 Quadratmeter großen Rathaus-Galerie waren zum Glück nicht betroffen. Da die Brandmeldeanlage nicht funktioniert, mussten – und müssen noch immer – die Läden geschlossen bleiben.

Im Laufe der Wochen und Monate wurden die Fragen zahlreicher Bürger, aber auch der ansässigen Mieter, immer lauter, warum sich die Arbeiten dermaßen hinziehen würden.

Seit einem Jahr herrscht Baustellen-Flair in und vor der Rathaus-Galerie.
Seit einem Jahr herrscht Baustellen-Flair in und vor der Rathaus-Galerie. © Michael Kleinrensing

In einer Mieterinformation, die das Center-Management der Rathaus-Galerie – Koprian mit Sitz in Hamburg – am 22. Oktober per Mail verschickte, hieß es, dass eine Wiedereröffnung der Mall sowie der Ladengeschäfte und Gastronomiebereiche „noch in diesem Jahr – also 2021 – ausgeschlossen sei“. Koprian­ konkretisierte, dass ein Neustart erst gegen Ende des ersten Quartals, also Ende März 2022 erfolgen könnte.

In einer zweiten Mieterinformation Ende Januar erklärte das Center-Management, es sähe sich einer Mammutaufgabe gegenübergestellt, arbeite aber mit Hochdruck an der Sanierung der Rathaus-Galerie. Und dann die Hiobsbotschaft: „Die Wiedereröffnung des Centers kann erst im Herbst 2022 realisiert werden.“

Zara verlässt die Einkaufspassage

Das war ein herber Schlag ins Kontor der Einzelhändler und Gastronomen. Und dem Entsetzen der Betroffenen folgten Taten:

Zara, Ankermieter der Rathaus-Galerie, bestätigte seinen Weggang aus Hagen. Am 18. Februar verkündete unsere Zeitung, dass sich der Anbieter für junge Mode dazu entschlossen habe, die Filiale in Hagen aufgrund fehlender Öffnungsper­spektive aufzugeben.

Den rund 20 Mitarbeitern der sich über zwei Etagen erstreckenden Filiale sei ein Angebot unterbreitet worden, an einem anderen Standort die Arbeit für das Unternehmen fortzusetzen.

Unsicherheit bezüglich des Wiedereröffnungstermins

Und ein weiterer wichtiger Mieter der Rathaus-Galerie strich ebenfalls (vorläufig) die Segel: Die Hagener Wirtschaftsentwicklung (früher Hagen-Agentur), die seit gut zweieinhalb Jahren mehr als 500 Quadratmeter­ Büroflächen in der oberen Etage der Shopping-Mall gemietet hat, hatte aufgrund der Unsicherheit bezüglich eines Wiedereröffnungstermins der Galerie die Notbremse gezogen. Die Gesellschaft zog Anfang April mit einem Großteil der Mitarbeiter in die ehemalige Mark-E-Hauptverwaltung in der Körnerstraße 40 (Kö 40).

Eine Fotostrecke zur Flut finden Sie hier.

Zumindest ein wenig Bewegung in die vertrackte Sache kam dann am 8. April, als neue Rolltreppen in der Tiefgarage der Einkaufspassage platziert wurden. Die zwei jeweils sechs Tonnen schweren und 16 Meter langen Rolltreppen wurden mit Kränen transportiert und durch den Haupteingang der Einkaufspassage ins Untergeschoss manövriert.

Ein Lichtblick: Am 8. April werden zwei Rolltreppen für die Tiefgarage der Rathaus-Galerie angeliefert.
Ein Lichtblick: Am 8. April werden zwei Rolltreppen für die Tiefgarage der Rathaus-Galerie angeliefert. © Yvonne Hinz

Am Tag zuvor waren die „Vorgänger“ demontiert und aus der Tief­garage der Rathaus-Galerie transportiert worden. Die Rolltreppen hatten in der Parkgarage das Untergeschoss mit dem Erdgeschoss verbunden.

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Am 5. Mai teilte das Center-Management in seiner dritten Mieterinformation mit, dass wohl zumindest einige Mieter mit separaten Eingängen eher als Herbst wieder an den Start gehen könnten. Konkret gemeint waren Rewe, die Märkische Bank, die Rathaus-Galerie-Apotheke sowie die Hagen-Wirtschaftsentwicklung.

Eine weitere Hiobsbotschaft traf die Mieter dann Anfang Juni: Das Center-Management der Rathaus-Galerie - Koprian iQ – meldete Insolvenz an. Am 1. Juni wurde über das Vermögen der Koprian iQ Management GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung vor dem Amtsgericht Hamburg das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Mieter in Hagen wurden über den Vorgang nicht informiert.

Koprian iQ insolvent

Eigentümerin der Rathaus Galerie ist die GNO Grundstücksverwaltung. Die Gesellschaft ist eine Tochter der GEDO Grundstücksentwicklungs- und Verwaltungsgesellschaft.

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Gedo-Geschäftsführer Dr. Hen­drik­­ Meier beteuerte wenige Tage später, die Koprian-Insolvenz solle keinerlei Auswirkungen auf den Standort Hagen haben. Und weiter: „Für den Fall, dass die Firma Koprian­ iQ ihre Leistung nicht mehr erbringen sollte, werden wir einen geeigneten Nachfolger implementieren. Aufgrund der Situation bei Koprian iQ haben sich dafür bereits einige Interessenten gemeldet.“ Meier betonte, dass der Sachverhalt um die Firma Koprian iQ kein Hindernis für die geplante Wiedereröffnung darstelle.

Das hoffen auch die zahlreichen Mieter der Einkaufspassage, die zwar seit einem Jahr keine Miete zahlen müssen, jedoch seitdem auch keinen Cent verdient haben.