Hagen. Die Hochbrücke „Ebene 2“ in Hagen soll zu einem Garten werden. Warum das außergewöhnliche Projekt nun Fahrt aufnimmt.
Bundesstraße, Kunstwerk, „Ebene 2“. Diese Herren stehen eher auf Ebene 1 und blicken über die Volme hinauf zu der Hochbrücke, die die Künstlerinnen Milica Reinhart und Marjan Verkerk zur Kulturhauptstadt Ruhr 2010 entwickelt haben.
Einer der Herren, die da stehen und blicken, ist ebenfalls Künstler. Clemens Weiss lebt mittlerweile in Hagen und New York. „Dort“, sagt er, „habe ich vor Jahren erleben dürfen, wie es gelungen ist, die Highline gegen alle Widerstände zu einem Garten zu machen. Und die Grundstücksbesitzer, die sich damals gewehrt haben, sind heute dankbar, weil links und rechts neue Häuser entstehen.“
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Hagen ist nicht New York. Und doch verbindet diese beiden Städte eine Vision. Es ist die, auf der Hochbrücke, auf der Ebene 2, auf der im Sekundenrhythmus Autos an Wohnzimmern der mehrgeschossigen Gebäude vorbeirauschen, etwas Wunderbares, etwas Einzigartiges entstehen zu lassen. Einen Garten auf einer anderen Ebene – mitten in der Großstadt.
Idee von Baudezernent Keune
Es ist eine Idee, mit der Baudezernent Henning Keune (SPD) kaum, dass er nach Hagen gekommen war, die Öffentlichkeit verblüffte. Und Clemens Weiss, Bernhard Kühmel, Klaus Hirschberg, Ulf Schimmel und Wilhelm Schmeling, fünf ganz normale Bürger dieser Stadt, die sich im Forum Nachhaltigkeit engagieren, hat die Vision des obersten Hagener Stadtplaners so sehr begeistert, dass sie es sich nun zur Aufgabe gemacht haben, dafür zu sorgen, dass dieses Projekt nicht einfach in irgendeiner Schreibtischschublade vor sich hin gammelt.
Weiss ist dabei schon so weit gegangen, ein Kunstwerk, ein Modell zu schaffen, das gar im Rahmen der Feierlichkeiten zu 275 Jahre Hagen im Osthaus-Museum ausgestellt wurde. Es hat eine Rutsche, Bienenstöcke stehen im Grünen auf der Brücke, von einem Podest aus kann man die Volme betrachten, ein Wasserfall ergießt sich hinab, die Rampe wird eine Art Tribüne, davor eine Bühne oder eine Leinwand… „Es gibt so viel Platz, so viele Ideen, die man umsetzen kann“, sagt Clemens Weiss. Und der Aufwand könne im Vergleich zu einem Abriss des Betonkolosses so groß ja nicht sein.
Idee soll die Stadt Hagen verändern
„Die Grüne Brücke ist eine Idee, die Hagen, die eine ganze Stadt verändern kann“, sagt Bernhard Kühmel, „Menschen werden von überall her kommen, um diese Brücke zu sehen. Und sie werden ausschwärmen und Hagen entdecken.“ Gleichzeitig sei die Grüne Brücke ein Projekt, mit dem es gelingen könnte, mit Altenhagen einen ganzen Stadtteil aufzuwerten, der doch zuletzt eher vernachlässigt worden sei.
Weil all das eine solche Faszination ausübt, haben die engagierten Herren im besten Alter die Bewegung „Eine Grüne Brücke für Hagen“ ins Leben gerufen. Und diese Bewegung, die immerhin schon über eine eigene Homepage (www.greenbridgehagen.com) verfügt, wollen sie gemeinsam mit weiteren Mitstreitern in den nächsten Wochen und Monaten mit Leben füllen – das alles immer mit dem Ziel, dass eine Vision Wirklichkeit wird.
Dass es reichlich Unterstützung geben wird, daran zweifeln die Initiatoren nicht. „So etwas kann man nicht angehen, ohne die Menschen aus dem Umfeld von Anfang an mitzunehmen und einzubinden“, sagt Klaus Hirschberg. Immerhin: Bei einer Umfrage zum Brückenprojekt hätten 700 Hagener – viele aus Altenhagen – mitgemacht. Ergebnis: rund 90 Prozent seien von der Idee, aus dem Betonklotz aus den 60ern etwas Besonderes zu machen, angetan.
Allerdings gebe es, so die Initiatoren von „Eine Grüne Brücke für Hagen“, durchaus Bedenken. Nicht am Projekt, aber an der Machbarkeit. An der Machbarkeit speziell an diesem Ort, in dieser Stadt. „Das wird nichts. Wir sind doch in Hagen“, sei ein Argument gewesen, das die Mitglieder der Gruppe immer wieder zu hören bekamen. Ein Argument, das keines sei, das keines sein dürfe. Auch gegen dieses Vorurteil wollen Weiss, Kühmel, Hirschberg, Schimmel und Schmeling ankämpfen.
New York: Ein Park in der Höhe
„In New York waren es anfangs auch nur zwei Freunde, die sich für die Highline stark gemacht haben“, erzählt Clemens Weiss, „aber sie haben es letztlich geschafft. Und entstanden ist ein toller Park auf einer Länge von rund dreieinhalb Kilometern mit richtig hochwertiger Ausstattung. Man muss die Menschen vor Ort mit einbeziehen, ihnen zeigen, dass sie es wert sind.“
Dahinter steckt letztlich auch der Gedanke der Nachhaltigkeit, eine Stadt lebenswert zu gestalten. „Wir müssen uns schon jetzt sehr genau überlegen, dass Städte mit Blick auf den Klimawandel eine ökologische Neuorientierung brauchen“, sagt Klaus Hirschberg.
Dabei will die Bürger-Gruppe „Eine Grüne Brücke für Hagen“ auf keinen Fall auf Konfrontationskurs zur Verwaltung gehen. Im Gegenteil: „Die Ursprungsidee stammt ja von Henning Keune, von der Stadt selbst“, sagt Ulf Schimmel, „nun kann sie von den Bürgern weitergetragen werden.“