Hagen. 700.000 Euro sollen die Anlieger der Hüttenbergstraße nach 55 Jahren für die Ersterschließung ihrer Straße zahlen. Die Fronten sind verhärtet.
Die Auseinandersetzung zwischen den Anliegern der Hüttenbergstraße in Eilpe und der Stadt Hagen spitzt sich zu. Nach Informationen unserer Zeitung sind 20 Eigentümer bereit, den Rechtsweg einzuschlagen, falls die Stadt weiterhin darauf besteht, die Sanierung der Wohnstraße als Ersterschließung abzurechnen und die Anwohner dafür mit insgesamt 700.000 Euro zur Kasse zu bitten. „Noch besteht von unserer Seite Gesprächsbereitschaft“, hofft Anlieger Stephan Blankenagel nach wie vor auf eine Verhandlungslösung.
Wie berichtet liegt die Ersterschließung der 280 Meter langen Hüttenbergstraße in Eilpe bereits 55 Jahre zurück. Als die Stadt vor zwei Jahren ankündigte, die marode Fahrbahn zu sanieren und in dem Zuge die Ersterschließung abzurechnen, fiel so mancher Anlieger aus allen Wolken.
Durchschnittlich 23.000 Euro pro Eigentümer
Durchschnittlich 23.000 Euro fordert die Stadt Hagen von jedem der 30 Grundstücksbesitzer, der eine Fläche an dem betreffenden Straßenabschnitt zwischen den Abzweigungen Am Weitblick und Krähnockenstraße sein Eigen nennt. Je nach Grundstücksgröße ist die Summe bedeutend höher, eine allein wohnende Dame zum Beispiel soll mit knapp 45.000 Euro zur Kasse gebeten werden.
Dass die Hüttenbergstraße saniert werden muss, bestreiten die Anwohner nicht. Einige sind auch bereit, die von der Stadt geforderte Summe ohne weitere Umstände zu bezahlen. Doch diejenigen, die sich gegen die Zahlungen wehren, hatten Hoffnung geschöpft, nachdem das Bundesverfassungsgericht im November entschieden hatte, dass Grundstückseigentümer nach dem Bau einer Straße nur für eine begrenzte Zeit an den Kosten beteiligt werden dürften.
Doch die Stadtverwaltung konterte sogleich: Die Hüttenbergstraße habe nicht zu einem früheren Zeitpunkt ausgebaut und gewidmet werden können, die Anwohner müssten zahlen, weil die Straße erst jetzt „erstmalig endgültig herzustellen“ sei.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Die Anwohner, die sich anwaltliche Unterstützung gesichert haben, ziehen aus dem Karlsruher Urteil andere Schlüsse. Sie argumentieren u.a., dass es sich bei den vorgesehenen Baumaßnahmen in ihrer Straße gar nicht um eine Ersterschließung handele. Tatsächlich hatte das Gericht hervorgehoben, dass eine Kommune das im Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerte Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit beachten müsse, das davor schütze, dass lange zurückliegende Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können.
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Anwohner Blankenagel bemängelt zudem die fehlende Kommunikation seitens der Stadtverwaltung, die seit einer Bürgerveranstaltung vor vier Jahren keine weiteren Informationen zu dem Projekt gegeben habe: „Unsere Fragen an den Fachbereich bleiben seit Jahren unbeantwortet, und versprochene Ortsbesuche, die mit Hinweis auf Corona verschoben wurden, wurden bisher nie nachgeholt.“
Appell an Verantwortliche im Rathaus
Die Anlieger rufen die Stadt Hagen jetzt zu einem ausführlichen Gespräch auf. „Sie sollte ihr obrigkeitliches Handeln im Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Bürger überdenken und stattdessen auf ein offenes faires Gespräch setzen“, appelliert Blankenagel an die Verantwortlichen im Rathaus. Wenn es wider Erwarten keine Einigung geben sollte, müsse am Ende ein Gericht entscheiden, das aber Aussagen des höchsten deutschen Gerichts sicher beachten werde: „Wir Anlieger streben eine einvernehmliche Lösung an.“ Bisher habe die Stadt allerdings nur nach Gründen gesucht, ihre Bürger zu belasten.
Dennoch könne eine Einigung doch keine unüberwindbare Aufgabe sein, so Blankenagel. Wenn etwa der Ausbau nach Kommunalabgabengesetz erfolge, würden die Kosten des Straßenausbaus und des Kanals nach künftiger Rechtslage vom Land NRW gefördert. Damit bezieht er sich auch auf die von der Landesregierung in Aussicht gestellte vollständige Abschaffung der Straßenbaubeiträge in NRW.
Doch davon will die Stadt nichts wissen. Sie beharrt darauf, dass es sich bei der Hüttenbergstraße um Erschließungsbeiträge handelt, die ihre rechtliche Grundlage im Bundesbaugesetz finden. Vom geplanten Wegfall der Straßenbaubeiträge in Nordrhein-Westfalen würden die Anwohner demnach nicht profitieren.