Hagen. Die Anwohner der Hüttenbergstraße sollen zahlen, die Stadt Hagen hält einem Urteil des Verfassungsgerichts zum Trotz an ihrer Auffassung fest.

Trotz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, dass Erschließungsbeiträge zeitlich nicht unbegrenzt erhoben werden dürfen, will die Stadt Hagen die Anwohner der Hüttenbergstraße bei der bevorstehenden Sanierung ihrer Straße zur Kasse bitten. Die Festsetzungsverjährung, auf die das Gericht mit seiner Entscheidung abziele, beginne mit dem Eintritt der tatsächlichen Vorteilslage, argumentiert die Stadtverwaltung. Bei der Hüttenbergstraße sei die tatsächliche Vorteilslage jedoch noch nicht eingetreten.

Wie berichtet liegt die Ersterschließung der 280 Meter langen Hüttenbergstraße in Eilpe bereits 54 Jahre zurück. Als die Stadt vor zwei Jahren ankündigte, die marode Fahrbahn zu sanieren und in dem Zuge die Ersterschließung abzurechnen, fiel so mancher Anlieger aus allen Wolken.

Durchschnittlich 23.000 Euro fordert die Stadt Hagen von jedem der 30 Grundstücksbesitzer, der eine Fläche an dem betreffenden Straßenabschnitt zwischen den Abzweigungen Am Weitblick und Krähnockenstraße sein Eigen nennt. Je nach Grundstücksgröße ist die Summe bedeutend höher, eine allein wohnende Dame zum Beispiel soll mit knapp 45.000 Euro zur Kasse gebeten werden.

Keine eindeutige Regelung

Dass die Hüttenbergstraße saniert werden muss, bestreiten die Anwohner nicht. Einige sind auch bereit, die von der Stadt geforderte Summe ohne weitere Umstände zu bezahlen. Andere dagegen wollen gegen den zu erwartenden Gebührenbescheid vorgehen.

Sie hatten Hoffnung geschöpft, nachdem das Bundesverfassungsgericht im November entschieden hatte, dass Grundstückseigentümer nach dem Bau einer Straße nur für eine begrenzte Zeit an den Kosten beteiligt werden dürften. Zwar nannten die Richter keine konkrete Vorgabe für eine zeitliche Höchstgrenze, doch eine Kommune müsse das im Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerte Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit beachten, das davor schütze, dass lange zurückliegende Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können.

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In Nordrhein-Westfalen beschäftigt sich derzeit der Landtag mit kürzeren Verjährungen für das Eintreiben von Erschließungskosten. Die SPD fordert eine 20-jährige Frist, CDU und FDP 15 Jahre.

Straßenausbau in Hagen: Stadt verweist auf Regelung durch den Gesetzgeber

Auch die Stadt Hagen verweist darauf, dass in NRW zunächst der Gesetzgeber eine eindeutige Regelung treffen müsse. Nach der Entscheidung aus Karlsruhe beginnt die Festsetzungsverjährung mit dem Eintritt der tatsächlichen Vorteilslage. Bei der Hüttenbergstraße sei diese jedoch noch nicht eingetreten. Vielmehr habe der für den Ausbau der Erschließungsanlage erforderliche Grunderwerb in der Hüttenbergstraße erst 2020/21 realisiert werden können, so dass die Straße vorher gar nicht habe ausgebaut und gewidmet werden können. Darüber hinaus bestehe in dem Teilstück von „An der Koppel“ bis „Krähnockenstraße“ noch keine Entwässerung, so die Stadt.

Die uneingeschränkte Vorteilsnahme sei somit in der Hüttenbergstraße von „Am Weitblick“ bis „Krähnockenstraße“ noch nicht gegeben und die Verjährungsfrist somit noch nicht in Gang gesetzt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts könne, so die Rechtsauffassung der Stadt, demnach erst dann Auswirkungen auf die Beitragserhebung der Hüttenbergstraße haben, wenn der technische Ausbau der gesamten Erschließungsanlage entsprechend dem Ausbauprogramm erfolgt sei.

Im Klartext: Auch wenn die Anwohner schon länger als ein halbes Jahrhundert an der Hüttenbergstraße wohnen, müssen sie zahlen, weil die Straße erst jetzt „erstmalig endgültig herzustellen“ sei.

Man darf gespannt sein, wie es weitergeht, da die Anwohner bereits angekündigt haben, notfalls gerichtlich gegen die Kostenbeteiligung vorzugehen.