Hagen. Ein Lebensmittel-Discounter soll bei Bettermann in der City entstehen. Warum es mit dem Verkauf der Fläche direkt am Ring Probleme geben könnte.

Das Bettermann-Gelände, ein Filetstück in der Hagener Innenstadt, gerät wieder einmal in den Fokus von Investoren. Der Unternehmer Bastian Bender (Hagener Feinstahl) hat die mehrere tausend Quadratmeter große Fläche an die Schwarz-Gruppe, zu der auch die Discounter-Kette Lidl gehört, verkauft. „Doch da das Grundstück mit einigen Problemen behaftet ist, enthält der Vertrag eine aufschiebende Bedingung“, erläutert Bastian Bender auf Nachfrage unserer Zeitung. I

m Klartext: Gelingt es dem Käufer innerhalb von 18 Monaten­ nicht, für sein geplantes Projekt auf dem Areal Baurecht zu erhalten, hat sich der Deal erledigt.

Stickstoffdioxidbelastung ist hoch

Die Bebauung des Geländes birgt Tücken, da in direkter Verlängerung der Finanzamtsschlucht die Stickstoffdioxidbelastung weiterhin hoch ist. Wie die Schwarz-Gruppe mit dem Problem umgehen will, wurde in einer Anfrage der Stadtredaktion nicht beantwortet.

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Steffen­ Mehrhoff, Immobilienleiter der Lidl-Regionalgesellschaft Bönen, teilt lediglich mit: „Lidl entwickelt sein gesamtes Filialportfolio qualitativ und quantitativ weiter. Auch in Hagen wollen wir unseren Kunden moderne Einkaufsstätten mit attraktiven Einkaufsbedingungen bieten.“ Weitere Informationen seien in dieser frühen Planungsphase nicht möglich.

Bebauungsvorschlag liegt noch nicht vor

Stadtsprecherin Clara Treude erklärt auf Anfrage lediglich, dass der Verwaltung bislang kein Bebauungsvorschlag für besagtes Grundstück vorläge.

Die Pläne zu den „Rathaus-Arcaden
Die Pläne zu den „Rathaus-Arcaden" von Projektentwickler Züblin stammen aus dem Jahr 1993.  Das Erlebnis-Center sollte aus zwei Gebäudekomplexen samt Brücke bestehen © Unbekannt | WP-Archiv

Alle paar Jahre ploppen Bebauungspläne für die sogenannte Bettermann-Insel in Hagen auf. So sollten Anfang der 1990er-Jahre – damals noch unter der Regie von Oberstadtdirektor Dietrich Freudenberger – Pläne des Stuttgarter Projektentwicklers Züblin zu den „Rathaus Arcaden“, einem Erlebnis-Center mit 10.000 Quadratmetern Einzelhandel, außerdem mit Flächen für Gastronomie, Büro/Dienstleistung, einem Hotel mit 98 Zimmern sowie einer dreigeschossigen (!) Tiefgarage mit 600 Parkplätzen realisiert werden. Entsprechend wurde dort die Kanalisation bereits in einer extremen Tiefe verlegt.

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Die „Rathaus-Arcaden“ sollten damals sowohl auf dem Bettermann-Brauereigelände als auch auf dem heutigen Vapiano-Parkplatz entstehen. Die beiden architektonisch attraktiven Gebäudeteile sollten durch eine verglaste Brücke miteinander verbunden werden. Doch aus der Vision wurde ebenso wenig etwas wie aus den Plänen, an dem zentralen City-Standort eine Feuerwache zu bauen.

Züblin hat Fläche 2010 verkauft

Stattdessen wurde das Züblin-Gelände von Parkplatzbetreiber Paul Eckhardt als Parkfläche vermietet.„Ich habe das Gelände dann 2010 von Züblin gekauft und im Juli 2011 als Parkplatz in Betrieb genommen“, blickt Unternehmer Bastian­ Bender zurück. Bis Spätsommer 2019 wurde die Fläche von Benders „Hapark GmbH“ bewirtschaftet, seit dem 1. September 2019 hat der Parkplatzbetreiber „Apcoa Parking GmbH“ die Fläche von Bender gepachtet.

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Aber zurück zu den aktuellen Plänen­, auf dem Areal einen Lidl-Discounter zu eröffnen: „Lidl war im Zusammenhang mit dem Hagener Einzelhandelskonzept schon vor Jahren mal für das Gelände im Gespräch“, erinnert sich Diplom-Ingenieur Hans-Georg Panzer, Sprecher der Grünen in der Bezirksvertretung Mitte. Doch damals – es gab weder Volme- noch Rathaus-Galerie – habe die Stadt befürchtet, die Passantenströme könnten aus der Fußgängerzone abgezogen werden und dort den Konsum schwächen.

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Kritische Einschätzung

Und was hält Panzer ansonsten von der Idee, am Fuße des Rembergs einen Lidl-Markt zu bauen? „Ich sehe das Vorhaben kritisch, da auf jeden Fall die Schadstoffbelastung in der Finanzamtsschlucht erhöht würde.“

Traditionsreiche Familie Bettermann

Die Weinhändlerfamilie Bettermann hat 1911 das Weinhaus Bettermann am Emilienplatz 9 (dort ist heute das Restaurant Enotria mit Gewölbekeller) ansässig, erbaut. Das Bettermann-Gelände befindet sich in unmittelbarer Nähe.Die Lidl-Bauplaner werden wohl kaum, davon ist beim Vergleich mit anderen Discounter-Märkten auszugehen, versuchen, eine kostspielige Tiefgarage auf dem Bettermann-Areal zu realisieren.Ralf Quardt, Bezirksbürgermeister Hagen-Mitte, kannte die Lidl-Pläne bis dato nicht, „aber nun bin ich für das Thema sensibilisiert“.

Der Grüne Stadtentwickler sieht vor allem die Frischluftschneise in Gefahr, wenn eine Bebauung nah an den stark befahrenen Ring angrenzt.

Außerdem kritisiert er die schon heute versiegelte, nahezu unbegrünte Fläche, die kaum Wasser aufnähme und somit zu einer regelrechten Wärmeinsel werde.

Das attraktive­ Areal sollte Panzers Ansicht nach keinesfalls als reine Discounter-Fläche genutzt, sondern (wenn überhaupt) mit einem gestapelten Bau bestehend aus verschiedenen Geschäften im Erdgeschoss sowie Wohnungen oder einer Parkfläche darüber gestaltet werden, „aber auch das würde die Frischluftbedingungen natürlich verschlechtern“. Auf die Frage, was Hagen auf dem Bettermann-Gelände benötige, antwortet Hans-Georg Panzer: „Natürlich eine Grünfläche, aber Geld regiert die Welt.“