Hagen-Mitte. Was fehlt in der Hagener Innenstadt, um sie für die Bürger attraktiver zu machen? Bezirksbürgermeister Ralf Quardt fällt dazu eine Menge ein.

„Eine kosmetische Operation, ein bisschen hier und da Aufhübschen, das reicht nicht aus. Wir reden hier nicht über kleines Geld.“ Ralf Quardt ist seit gut vier Jahren Bezirksbürgermeister in Hagen-Mitte und spricht über die Entwicklung der Innenstadt, die er und seine Mitstreiter in der Bezirksvertretung zwangsläufig besonders im Visier haben.

Fußgängerzone mit 1970er-Jahre Charme

Während eines im vergangenen Sommer stattgefundenen Rundgangs von Mitgliedern der Hagener Werbegemeinschaft, Innenstadtimmobilienbesitzern und Parkplatzbetreibern wurde über die Hagener Fußgängerzone ein vernichtendes Urteil gefällt: Sie sei nicht mehr zeitgemäß und ihr 1970er-Jahre-Charme könne heute kaum noch überzeugen.

SPD fordert Aktionsprogramm für die City

Auch die Hagener SPD fordert ein Aktionsprogramm für die Fußgängerzone, die Stadt Hagen müsse dringend investieren. U.a. sollen Konzepte zur Innenstadtentwicklung, für Interessengemeinschaften und für Marketingmaßnahmen gefördert werden.

Ralf Quardt war bis Ende 2000 selbst Einzelhändler; er hat das Fachgeschäft „Inter Sport Stadion“ in der Kampstraße betrieben. Später besetzte er beim Einzelhandelsverband die Stelle des Büroleiters des Wirtschaftsdienstes. Außerdem war er lange Jahre gemeinsam mit Hans-Hermann Hesse Vorsitzender der Hagener Werbegemeinschaft.

„Natürlich muss ein Gesamtkonzept entwickelt werden“, unterstreicht auch Ralf Quardt, er befürchtet allerdings ein zeitliches „auf die lange Bank schieben“. Damit spielt er auf das Ende 2019 vom Rat der Stadt Hagen beschlossene Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK), das unter dem Motto „Hagen plant 2035“ steht, an.

„Nach der ISEK-Priorisierung werden Schritte in Richtung Attraktivitätssteigerung der Hagener Fußgängerzone erst nach Maßnahmen in Hohenlimburg kommen. Vermutlich werden konkrete Vorplanungen für die Hagener Innenstadt also erst 2022 starten. Bis Fördergelder dann zur Verfügung stehen, kann es locker 2024 werden.“

Untere Elberfelder Straße wie abgeschnitten

Die dringlichsten Baustellen sieht der Bezirksbürgermeister im Beseitigen des Flickenteppichs, sprich, der unschönen Teerlöcherausbesserungen, die die Elberfelder Straße „zieren“. Der Vier-Flüsse-Brunnen vor C&A störe seiner Meinung nach, da die hohen Stelen den Kundenstrom unterbrechen und die Hauptfußgängerzone von der unteren Elbe abschneide. Außerdem gebe es in der Elberfelder Straße zu wenig Sitzgelegenheiten für City-Besucher, die sich einfach mal für ein paar Minuten auf einer Bank ausruhen wollten, „und mehr Platz für Außengastronomie wäre ebenfalls wünschenswert.“

Man müsse Zonen schaffen, die zum Verweilen einladen, schließlich werde eine Innenstadt künftig kein reiner Raum zum Einkaufen mehr sein, „Gastronomie, Dienstleister und Events werden einen höheren Stellenwert einnehmen.“

Apropos Events: „Man sollte nicht unterschätzen, dass Feste und Märkte auch heute noch zahlreiche Menschen in die Innenstadt locken. Im Gegenzug hat der Schaufensterbummel, für viele früher Highlight des Sonntags, total an Beliebtheit verloren.“

Die Hagener City hat neben der Fußgängerzone auch zwei Einkaufsgalerien. Für manchen Bürger ist das zuviel.
Die Hagener City hat neben der Fußgängerzone auch zwei Einkaufsgalerien. Für manchen Bürger ist das zuviel. © WP | Michael Kleinrensing

Welche Schritte die Bezirksvertretung Mitte in puncto lebenswerte Innenstadt gehen will? „Wir werden uns bei anderen Kammern und beim Handelsverband erkundigen, wie mit Hagen vergleichbare Städte mit der Fragestellung der Steigerung der Aufenthaltsqualität und dem Entgegensteuern der Verödung der City umgehen beziehungsweise in den vergangenen Jahren umgegangen sind“, sagt Quardt. Hagen brauche sich nicht mit München, Hamburg oder Berlin zu vergleichen, „es wäre schön, wenn wir eine Stadt mit etwa gleichgroßer Einwohnerzahl und ähnlicher Bevölkerungsstruktur wie Hagen finden würden, eine Stadt, deren Vertreter uns berichten könnten, welche ihrer eingeschlagenen Wege und Investitionen erfolgreich und was vielleicht auch Fehlentscheidungen waren.“ Ralf Quardt lächelt: „Abkupfern und ,Klauen mit den Augen‘ schadet nie.“

Randlagen sollten künftig verstärkt auf den Bereich Dienstleistung setzen

Dass die Fußgängerzone durch die Umgestaltung des Friedrich-Ebert-Platzes (Quardt: „Den Ausbau finde ich sehr gelungen“) leide, verwundert den 54-Jährigen nicht: „Durch die Zentralisierung und den Bau zweier Einkaufsgalerien endet für viele Bürger die Fußgängerzone bei C&A und in Höhe der Dahlenkampstraße, „in diesen neuen Randlagen sollte künftig verstärkt auf Dienstleistung gesetzt werden.“ Außerdem, ergänzt der Bezirksbürgermeister, „sind die Leute fußfaul geworden.“

Das Angebot im Einzelhandel sei zu beliebig, „der Kunde bekommt fast alles an zig Stellen, bei vielen Anbietern fehlt einfach der Pfiff.“

Aber zurück zum Gesamtkonzept: „Um an Fördergelder zu kommen, sollte schnellstens ein schlüssiges Konzept erarbeitet werden, das wir Land, Bund und vielleicht auch der EU vorlegen können. Es müsste bauliche Veränderungen wie die Verlegung oder Schaffung von Laufflächen und Verweilzonen, aber auch Ideen, um mehr Leben in die City zu bekommen, enthalten.“