Hagen. Mit Millionen und mehr Digitalisierung möchte der Hagener Entsorgungsbetrieb den Sprung ins 21. Jahrhundert schaffen. Hier die aktuellen Pläne.

Der Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) hat sich in nicht-öffentlicher Sitzung von der Politik ein millionenschweres und über mehrere Jahre angelegtes Investitionsprogramm absegnen lassen. Schwerpunktthemen der Offensive, die bislang nicht an die Gebührenzahler kommuniziert wurde, sind die Digitalisierung der Behälterbewirtschaftung, die geplanten Fahrzeugbeschaffung bis in das Jahr 2026, die Modernisierung von IT und Telefonie durch einen Servicedienstleister sowie die Errichtung eines neuen Streumittellagers auf dem Betriebsgelände an der Fuhrparkstraße. Mit diesem Anbau ist zugleich die einst angedachte Aufgabe des angestammten Standortes zwischen der Eckeseyer Straße und den Bahnanlagen zugunsten eines Lebensmittelhandels vom Tisch.

Digitalisierte Mülltonnen

Von der Umstellung von einer analogen auf eine digitale Behälterbewirtschaftung verspricht sich der kommunale Entsorger vor allem eine Reduzierung der Lagerbestände, eine passgenauere Erneuerung der oft arg beanspruchten Behälter sowie eine exaktere Zuordnung und somit die Vermeidung von Doppel- oder nicht abgerechneten Leerungen. Dazu werden sämtliche Tonnen mit einem Transponder (ca. 4 Euro) sowie die Fahrzeugflotte mit Lesegeräten (bis zu 9000 Euro) ausgestattet. Dort sind per EDV sämtliche Daten zu Behältergröße, Abfallart und Grundstück hinterlegt. Damit können jede Leerung dokumentiert, Störungen registriert und Beschwerden schneller bearbeitet werden. Die Anschaffungskosten des Systems für 55.000 Restmüll-, 25.000 Altpapier- und 2500 Wertstoff-Tonnen sowie 13 Fahrzeuge belaufen sich inklusive Software auf 435.000 Euro.

Mit dem neuen Transponder an jeder Mülltonne werden die Abläufe rund um die Leerungen künftig effektiver und transparenter gestaltet. So lässt sich über die Behälter-ID ermitteln, wann welche Tonne geleert wurde, es lassen sich Touren besser planen und der Gesamtbestand an Abfallbehältern besser verwalten. Positive Auswirkungen erwarten der HEB auch für das Reklamationsmanagement.
Mit dem neuen Transponder an jeder Mülltonne werden die Abläufe rund um die Leerungen künftig effektiver und transparenter gestaltet. So lässt sich über die Behälter-ID ermitteln, wann welche Tonne geleert wurde, es lassen sich Touren besser planen und der Gesamtbestand an Abfallbehältern besser verwalten. Positive Auswirkungen erwarten der HEB auch für das Reklamationsmanagement. © WP | Michael Kleinrensing

Branchenfachverbände rechnen vor, dass die Einführung solcher Systeme erfahrungsgemäß für Gebührenmehreinnahmen von etwa 2,85 Prozent führen, was angesichts eines Gebührenvolumens in Hagen von etwa 23 Millionen Euro bereits nach einem Jahr für eine Deckung der Investitionskosten sorgen und im Anschluss der Gebührengerechtigkeit zugutekommen würde.

Beschaffung neuer Fahrzeuge

Angesichts des immer größeren Unterhaltungsaufwands bei den Altfahrzeugen plant HEB-Geschäftsführer Uwe Unterseher-Herold, der eine Herdecker Unternehmensberatung begleitend ins Boot geholt hat, eine schrittweise Erneuerung des Fuhrparks. Insgesamt sollen zwischen 2023 und 2026 in mehreren Ausschreibungspaketen 1,7 Millionen Euro investiert werden für vier Müllsammelfahrzeuge, einen mobilen Saugcontainer, ein Abrollkipperfahrzeug, einen Kolonnenwagen, einen Elektro-Pkw, eine Behälterwaschanlage sowie acht Abrollcontainer für Papier, die inzwischen mehr als zwei Jahrzehnte in Betrieb sind. Durch die langfristige Planung möchte der HEB mit Blick auf die anhaltenden Lieferschwierigkeiten möglichen Engpässen aus dem Weg gehen.

Modernisierung IT und Telefon

Breite Rückendeckung der Politik

Die Hagener Politik hat hinter verschlossenen Türen den Investitionsplänen von HEB-Geschäftsführer Uwe Unterseher-Herold zugestimmt, nachdem es bereits im Aufsichtsrat nach entsprechender Vorberatung eine einstimmige Beschlussempfehlung gegeben hatte.Allerdings hat der Haupt- und Finanzausschuss nach Informationen der Stadtredaktion dem HEB obendrein ins Stammbuch geschrieben, bei den künftigen IT-Servicedienstleistungen auch dem kommunalen Fachbereich für Informationstechnologie eine Chance im Rahmen der Ausschreibung einzuräumen.Zudem soll der HEB prüfen, ob es nicht zeitgemäß wäre, ebenfalls bei den Großcontainern in eine digitale Füllstandsmengenerfassung einzusteigen, um die Müllbehältnisse in Zukunft bedarfsgerechter leeren zu können.

Dieser arg in die Jahre gekommene HEB-Bereich wird zurzeit lediglich von einem Mitarbeiter getragen, nachdem ein zweiter Fachkollege dem Unternehmen im August vergangenen Jahres den Rücken gekehrt hat. Um den Dienstleister technologisch ins 21. Jahrhundert zu hieven, plant die Geschäftsführung die IT-Dienstleistungen, aber auch die Servertechnologie, Lizenzen und Gerätschaften für die insgesamt 75 HEB/HUI-IT-Arbeitsplätze extern auszuschreiben. Hier steht ein Finanzaufwand von einer halben Million Euro pro Jahr im Raum.

Erweiterung des Salzlagers

Bis zum Beginn der Wintersaison 2022/23 soll auf dem HEB-Areal an der Fuhrparkstraße ein erweitertes Salzlager mit Soleaufbereitung für den Streudienst entstehen. Denn ein Teil der kommunalen Salzreserve (1500 Tonnen) lagert zurzeit provisorisch und von der Unteren Wasserbehörde lediglich als Provisorium geduldet neben den technischen Gebäuden der Müllverbrennungsanlage. Dieses lose Depot entspricht nicht mehr dem Stand der Technik und stört natürlich auch die angrenzende Wohnbebauung, wenn dort in den frühesten Morgenstunden keineswegs geräuschfrei die Streufahrzeuge befüllt werden.

Zudem wäre ein Zentrallager mit einem Volumen von 2500 Tonnen direkt an den Fahrzeughallen die wirtschaftlichste Lösung, zumal sich dort noch eine Soleherstellung integrieren ließe. Damit könnte der externe Solebezug per Tankwagen künftig wegfallen. Der Anbau kostet den HEB eine jährliche Pacht-Mehrbelastung an die HUI (Hagener Umweltservice- und Investitionsgesellschaft) von 28.000 Euro.