Hagen-Mitte. Die neue Marktbrücke soll im April für den Verkehr freigegeben werden. Corona und die Jahrhundertflut haben das Projekt stark ausgebremst.

Irgendwie stand die Erneuerung und Verbreiterung der Marktbrücke, die den Innenstadtring über die Volme führt, von Beginn an unter keinem glücklichen Stern. Erst in der zweiten Ausschreibungswelle fand die Stadt Hagen überhaupt eine qualifizierte Fachfirma, die sich des Acht-Millionen-Auftrags annehmen wollte. Dann sorgte die Corona-Pandemie durch Ansteckungswellen in den Arbeiterteams sowie Materialengpässe durch brüchige Lieferketten immer wieder für Bauverzögerungen. Obendrein schwappte im Juli noch die Jahrhundertflut über das Ingenieurprojekt, die bereits Erbautes wieder zerstörte und die Prioritäten völlig auf den Kopf stellte. Jetzt scheint die Fertigstellung der innerstädtischen Flussquerung jedoch tatsächlich vor dem Abschluss zu stehen: „Rund um Ostern wird der Verkehr hier wieder rollen“, blickt Arne Schwarz, Leiter des Baufachbereichs beim Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH), voller Zuversicht auf den April.

An dem eigentlichen Brückenbauwerk hat bereits die Abdichtung der Fahrbahn begonnen. Hier ist die Firma beim Baufortschritt stark auf die Witterung angewiesen. Der Anschluss ans Straßennetz gilt dann eher als kleinere Etappe.
An dem eigentlichen Brückenbauwerk hat bereits die Abdichtung der Fahrbahn begonnen. Hier ist die Firma beim Baufortschritt stark auf die Witterung angewiesen. Der Anschluss ans Straßennetz gilt dann eher als kleinere Etappe. © WP | Michael Kleinrensing

Unter dem Namen Simon-Cohen-Brücke (jüdisches Opfer der Nazi-Schergen) wird die Querung künftig die vierspurige Verbindung zwischen der Volmestraße und dem Areal vor der Johanniskirche, das nach dem ersten Hagener Stadtoberhaupt „Bürgermeister Dr. Emminghaus-Platz“ benannt wird, schaffen. Dabei ist das ganz große Verkehrschaos, das mit der im September 2020 eingerichteten Umleitung an der Stadthalle vorbei in Richtung Oberhagen und Frankfurter Straße befürchtet wurde, weitgehend ausgeblieben. Als der Abriss im Herbst über die Bühne ging, dominierte noch der Optimismus, dass zum Weihnachtsgeschäft 2021 das Projekt realisiert sein könnte. Das galt auch noch, als wenig später 33 bis zu 1,20 Meter dicke Betonpfähle für die Widerlager acht Meter tief im Erdreich versenkt und im April schließlich 13 bis zu 32 Meter lange und 52 Tonnen schwere Stahlträger eingesetzt wurden.

Treibgut als Rammbock

Doch die Starkregenflut am 14. Juli veränderte alles: Das Hochwasser überschwemmte und verschlammte nicht bloß die gesamte Baustelle, sondern mächtige Baumstämme zerstörten als Treibgut im Stile eines Rammbocks weite Teile der Verschalung. „Die beauftragte Firma mitsamt ihren Gerätschaften wurde von uns im Zuge der Soforthilfe im gesamten Stadtgebiet zur provisorischen Beseitigung von Schäden, Gefahrenstellen und bei der Entfernung von Treibgut eingesetzt“, blickt Schwarz auf den gut zweimonatigen Stillstand zurück, der nach der Naturkatastrophe an der Baustelle entstand. Unter dem ohnehin schon flach über dem Wasser verlaufenden Bauwerk hatte sich zudem so viel Geschiebe angesammelt, dass die Flusssohle dort zwei Meter höher lag als vor den Fluten. Daher musste hier akut ausgebaggert werden, damit der Durchflussquerschnitt halbwegs wieder passte. Allerdings türmt sich bis heute in der Volme überreichlich Geröll – hier wird der WBH noch einmal nachbaggern müssen.

Arne Schwarz, Fachbereichsleiter Bau beim Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH), geht davon aus, dass rund um Ostern der Verkehr wieder über die neue Brücke rollen kann.
Arne Schwarz, Fachbereichsleiter Bau beim Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH), geht davon aus, dass rund um Ostern der Verkehr wieder über die neue Brücke rollen kann. © WP | Michael Kleinrensing

Reparatur am Ischeland

Parallel zum Neubau der Marktbrücke wird auch das Straßenbauwerk über dem Ischeland-Teich instandgesetzt. Dabei geht es um eine umfassende Sanierung der Fahrbahn und Gehwege sowie der Abdichtungen und Entwässerung.Außerdem wird der Anstrich unter der Brücke erneuert, die aufgrund ihrer Substanz lediglich noch von Fahrzeugen bis zu 30 Tonnen Gesamtgewicht genutzt werden darf.Der Wirtschaftsbetrieb Hagen geht davon aus, dass – sollten keine weiteren überraschenden Defizite im Rahmen der Sanierung auftauchen – die Arbeiten im Mai abgeschlossen sind.

Doch inzwischen sind die eigentlichen Brückenarbeiten weit fortgeschritten: Die Kappen an den Rändern, über die die Bürgersteige verlaufen werden, sind bereits fertig. Die Abdichtung der eigentlichen Fahrbahn läuft zurzeit. Es fehlen noch der Gussasphalt, die Geländer sowie unter dem Bauwerk die Konsolen für die Versorgungsleitungen. „Bei vielen dieser Arbeiten sind wir natürlich auf mildere Temperaturen und trockenes Wetter angewiesen“, weiß Schwarz, dass Straßenbau in den Wintermonaten mit vielen meteorologischen Unwägbarkeiten verbunden ist. Fertig ist auch der Mauerabschluss (Kopfbalken) am Volmeufer (Am Hohen Graben), der bloß noch mit einem Geländer versehen werden muss. Hier ist die Kragplatte verschwunden, die sich bis zu 2,50 Meter weit über die Volme reckte, aber völlig marode war.

Zwei Linksabbiegerspuren

Sobald die Temperaturen stabil über der Fünf-Grad-Marke liegen, beginnt dann die Fertigstellung der Volmestraße, unter der bereits die neuen Versorgungsleitungen verlegt wurden. Hier soll der Verkehr bald wieder vierspurig an der Baustelle vorbeifließen können. Dazu gehört auch, dass aus Richtung Stadthalle eine zweite Linksabbiegerspur auf den Ring entsteht. Der Platz dafür wird geschaffen, indem auf der Uferseite ein Teil des Parkplatzes unter den alten Bäumen weichen muss. „Wir haben jetzt das Ziel vor Augen“, blickt Schwarz inzwischen nicht bloß optimistisch auf den Zeitplan, sondern auch gelassen auf die Einhaltung des vorgesehenen Budgets.

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