Hagen-Mitte. Der millionenschwere Neubau der Marktbrücke ist eines der wichtigsten Projekte in Hagen. Doch bislang will ihn keine Baufirma übernehmen.
Man stelle sich vor, eine Kommune möchte Millionen für den Bau einer neuen Brücke sowie eines Kreisverkehrs ausgeben, aber keine Firma möchte das Geld für den fetten Auftrag verdienen. Klingt absurd, ist der Stadt Hagen allerdings tatsächlich passiert.
Alles fein säuberlich europaweit ausgeschrieben, aber kein einziger Bewerber für die so wichtigen Infrastrukturprojekte. Jetzt folgt der zweite Versuch: gleiche Baustellen, gleiche Doppel-Ausschreibung – im Februar soll jetzt endgültig der Zuschlag an dann hoffentlich bauwilligere Interessenten erteilt werden.
Mit der Fertigstellung der Bahnhofshinterfahrung im Februar 2020 wollten die Straßenplaner direkt im Anschluss die Erneuerung und Verbreiterung der Marktbrücke sowie die im Vorfeld unabdingbare Errichtung eines Kreisverkehrs an der Einmündung Eilper Straße/Volmestraße in Angriff nehmen.
Beide Maßnahmen, die zwar nacheinander realisiert werden, sich allerdings gegenseitig bedingen, wollte der federführende Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) gerne aus einer Hand realisieren lassen, damit der Bauablauf sich besser koordinieren lässt. Zumal damit obendrein auch die durchaus komplexe Organisation der Umleitungsverkehre durch die Hoch- und Frankfurter Straße sowie die Erneuerung einer Gas-Versorgungsleitung für die Enervie verbunden ist.
Auftragsbücher sind prall gefüllt
Allerdings, so die Erfahrung der ersten Ausschreibungsrunde, sind die Auftragsbücher der Bauschaffenden zurzeit so prall gefüllt, dass sich niemand mangels entsprechender Kapazitäten des komplexen Auftrags annehmen will. Das haben zumindest die WBH-Recherchen ergeben. Dieser hatte anhand der Online-Abfragen für die Ausschreibungsunterlagen den Kontakt zu potenziellen Interessenten gesucht, um die Gründe für die bisherige Zurückhaltung bei dem Millionen-Auftrag zu erfragen.
Versorgungsleitungen werden erneuert
Bei der Planung für die Erweiterung der Marktbrücke wurde seitens der Bauverwaltung auch die Möglichkeit geprüft, an der Stelle einen großen Kreisverkehr entstehen zu lassen. Dabei stellte sich jedoch heraus, dass an der Einmündung lediglich ein maximaler Durchmesser von 35 Metern realisiert werden kann.
Bei dieser Dimensionierung stößt ein Kreisel – je nach Anzahl der Fußgängerbewegungen – spätestens bei 25.000 Fahrzeugen am Tag an seine Grenzen. Am Zusammenfluss von B 7 und B 54 sind zurzeit jedoch 46.000 Fahrzeuge täglich unterwegs.
Teil des Brückenbau-Projektes und somit der erneuten Ausschreibung ist die Erneuerung der Versorgungsleitungen für Gas, Wasser und Strom, die seit den 60er-Jahren an dem Brückenkörper entlang geführt werden.
Außerdem werden in dem Zuge auf einer Länge von etwa 150 Metern zwischen der Oberen Wasserstraße und der Buschhofstraße ebenfalls die in die Jahren gekommenen Leitungen ausgetauscht. Zudem müssen im Zuge des Kreuzungsumbaus auch die Trafostationen versetzt und erneuert werden. Die Gesamtinvestition liegt im oberen sechsstelligen Bereich.
Mit dem Start ins neue Jahr, so die Hoffnung der Stadt, sei es jedoch absehbar aussichtsreicher, noch ein freies Plätzchen in den Auftragsbüchern der Baufirmen zu ergattern. Voraussichtlich. Sicher erscheint im Moment nur, dass die bisherige Terminplanung ins Rutschen zu geraten droht. Ursprünglich war angedacht, dass bereits im Frühjahr der Kreisel im Schatten der Stadthalle, der in Zukunft einen ampelfreien Verkehrsfluss garantieren soll, angegangen wird, so dass noch in der zweiten Jahreshälfte die Erneuerung der Marktbrücke beginnen kann. Eine enge Zeitplanung, die inzwischen fast utopisch erscheint.
Innenstadt-Ring zwei Jahre durchtrennt
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Kern des Projektes ist es, nicht bloß die marode Volme-Querung zu erneuern, sondern zugleich das letzte Nadelöhr auf dem Innenstadtring von drei auf vier Spuren zu erweitern. Dazu wird die zentrale Aorta des City-Straßennetzes, über die täglich fast 30.000 Autos rollen, für etwa zwei Jahre komplett durchtrennt. Eine schrittweise Erneuerung der Brücke mit jeweils nur einer Fahrtrichtung, so der Alternativvorschlag aller Verkehrschaos-Mahner, würde die Bauzeit um ein weiteres Jahr verlängern.
Bei dem Neubau muss es sich um eine ausgesprochen flache Konstruktion handeln, damit an der Unterkante ausreichend Spielraum für den Hochwasserdurchfluss der darunter strömenden Volme bleibt. Zudem muss der Parkplatz an der Einmündung Märkischer Ring/Volmestraße verkleinert werden, um den entsprechenden Platz für die neuen Fahrspuren, den neuen Abbiegerabzweig in Richtung Stadthalle sowie ausreichend breite Fuß- und Radwege an den Brückenrändern zu schaffen.
Ob der zusätzliche Brückenquerschnitt dem klassischen Verkehr zur Verfügung gestellt wird, hängt von der künftigen Planung für den Innenstadtring – Stichwort: Einbahnstraßenregelung – ab. Dann wären auch eigene Fahrspuren beispielsweise für den Bus- und Radverkehr vorstellbar.