Hagen. Auf den städtischen Friedhöfen in Hagen entstehen immer neue Blumenwiesen. Das Leben hält an diesen Orten der Stille Einzug.
Es ist ein stiller Ort. Einer, an dem man durchatmen kann, Ruhe findet. Auch deshalb machen sich die Bediensteten des Polizei-Präsidiums auf der Hoheleye in Hagen in der Mittagspause auf den Weg. Sie kommen die paar Meter herüber. Spaziergänger wie diese machen den Friedhof Loxbaum zu einem besonderen Ort. Zu einem Ort, an dem auch das Leben eine Rolle spielt.
Es summt, es brummt. Gleich hinter der Andachtshalle. Weil Honigbienen aus ihrem Stock in Richtung Blumenwiese fliegen, auf die Trauernde durch das große Glasfenster blicken. Leben und Tod finden so zueinander.
Neue Lebensräume für Insekten
Das ist kein Zufall. Für den Wirtschaftsbetrieb Hagen steckt dahinter ein Konzept. Eines, das sogar so weit führen kann, dass auf einem Friedhof nicht nur neue Lebensräume für Insekten entstehen. „In Haspe haben wir sogar Spielgeräte auf dem kommunalen Friedhof aufgestellt“, sagt Martin Kümper, Fachbereichsleiter Friedhofsunterhaltung beim Wirtschaftsbetrieb Hagen.
Neun dieser kommunalen Friedhöfe (plus Ruheforst) gibt es im Stadtgebiet. Und sie alle unterliegen einem stetigen Wandel. Was auch mit einer Änderung der Begräbniskultur zu tun hat. „Als ich angefangen habe, haben noch 60 Prozent der Toten in einem Sarg die letzte Ruhe gefunden“, sagt Kümper, „mittlerweile hat sich das umgekehrt. 80 Prozent werden eingeäschert und in einer Urne beigesetzt.“
Eine Wiese voller Orchideen auf Friedhof Loxbaum
Die Folge: Gräber laufen aus und werden nicht mehr gebraucht. Es entsteht Platz auf den kommunalen Friedhöfen. Und auf diesem Platz wachsen plötzlich Blumen, die sich auf den Gräbern rundherum nicht unbedingt finden.
Eine Wiese voller Orchideen war der eher zufällige Start für das Projekt der Renaturierung. „Auf einer Fläche sind diese eher zufällig gewachsen“, sagt Andreas Ebenhardt, Vorarbeiter auf dem Friedhof Loxbaum. „Wir haben uns dann entschieden, diese Fläche in den nächsten Jahren sich selbst zu überlassen.“ Orchideen blühen in immer größerer Zahl in jedem Jahr. Und immer neue Blumen kommen hinzu.
Blumenmischungen ausgesät
Anderswo haben die Mitarbeiter des Wirtschaftsbetriebs Hagen der Natur auf die Sprünge geholfen. Bestehende Wiesenflächen wurden gefräst, mehrjährige Blumenmischungen anschließend ausgesät. „Das Ergebnis kann sich sehen lassen“, sagt Ebenhardt über die Wiesen, die nur einmal pro Jahr gemäht wurden. „In jedem Jahr wirken die Flächen anders. Immer neue Blumen wachsen. Auch im Laufe eines Jahres verändert sich der Anblick immer wieder.“!
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Gab es anfangs noch Beschwerden darüber, dass sich Samen auf anliegende Gräber verteilen und zu einem unerwünschten Bewuchs führen konnten, so ist die Resonanz mittlerweile überwiegend positiv. „Wir ziehen zu den Wegen hin eine klare, sichtbare Grenze“, sagt Martin Kümper, „es soll nicht der Eindruck entstehen, dass wir uns nicht mehr um die Friedhöfe kümmern und die Grünflächen aus lauter Bequemlichkeit sich selbst überlassen.“
Das Projekt wächst. Mehr Blumenwiesen kommen hinzu. „Wann immer das letzte Grab auf einer Fläche ausläuft, wollen wir diese neu gestalten“, erklärt Martin Klümper. Das Leben kehrt so langsam zurück – auf die Orte der Stille.