Zurstraße. Weit hat Werner Remmert aus Breckerfeld es nicht zu seinem Lieblingsplatz. Es sind die Bienenstöcke in seinem Garten.
Tür zum Garten auf, Gesichtsschutz überstreifen, und dann sind es nur noch ein paar wenige Schritte. Dieser Lieblingsplatz hinten im Winkel seines Grundstücks, da wo es summt – Werner Remmert steht davor, öffnet den Deckel und blickt von oben auf sein Volk. „Hier kann ich runterkommen“, sagt er. Und dann grinst er verschmitzt: „Hier kann ich sogar den lieben Gott spielen. Hier kann ich ganze Völker schaffen.“
Er kommt runter, er entspannt. Und das schon seit langen Jahren. „Ich habe ja viele Jahre im Vollzugsdienst gearbeitet“, sagt Werner Remmert, „ich hatte immer einen guten Kontakt zu den Gefangenen, habe viel mit ihnen gesprochen. Dafür ist es wichtig, dass man auch mal abschalten kann. Dabei helfen mir meine Bienen.“
Nach Kaltstart zum Bienen-Experten
Sie helfen ihm seit mehr als 50 Jahren. So lange ist es her, dass Remmerts Bruder sich in die Schweiz verabschiedete, ihm zwei Fachbücher in die Hand drückte und ihm seine Völker hinterließ. „Bienen haben mich bis dahin nicht die Bohne interessiert. Das war ein echter Kaltstart“, sagt Remmert, „ich hatte von der Materie anfangs überhaupt keine Ahnung.“
Das aber soll sich ändern. Werner Remmert besucht parallel zu seiner Zeit bei der Bundeswehr Kurse, bildet sich weiter. Von der Kaserne in Hemer fährt er immer wieder zu einem Bauernhof nach Haßley, wo seine Völker in einem Bienenhaus leben. „Ich habe mich da reingearbeitet. Und als ich 1970 nach Zurstraße gezogen bin, sind die Bienen mit. Da habe ich auch die ersten Völker mitten im Wald angesiedelt.“
Großes Engagement im Imkerverein
Seither erntet er, kümmert sich, gründet Völker, wird Bienen-Sachverständiger und engagiert sich auf lokaler und auf Kreisebene. „Acht Jahre lang war ich Vorsitzender des Imkervereins Hagen“, sagt Werner Remmert, „Mittlerweile haben wir unsere Mitgliederzahl auf 120 verdoppelt. Darunter sind auch sehr viele junge Imker.“
Diese Entwicklung freut jemanden wie Remmert, der schon seit mehr als 50 Jahren diesem außergewöhnlichen Hobby nachgeht. Aber es gibt auch Nachrichten, die ihn traurig stimmen. „Man merkt deutlich, dass die Anzahl der Bienen sinkt“, sagt er, „im letzten Jahr hatte ich selbst rund 30 Prozent Verluste zu beklagen.“
Zu wenig Unkraut und Blühpflanzen
Die Ursachen für diesen Trend sind unterschiedlich. „Hier in Zurstraße gibt es etliche Flächen, die die Landwirte bis zum Rand gepflügt haben“, sagt Werner Remmert, „seitdem keine Rüben mehr angebaut werden, gibt es auf den Feldern auch nicht mehr ausreichend Unkraut. In der Masse muss man sagen, dass einfach viel zu wenig blüht. Es gibt zu wenig Pollen und Nektar. Die Bienen sind unterernährt.“
Dazu kommen klimatische Veränderungen, die den eigentlich so schwarm-intelligenten Völkern zusetzen. „Die Hitze macht den Bienen zu schaffen“, sagt Werner Remmert und blickt sorgenvoll auf die vergangenen Wochen mit immer neuen Rekorden zurück. „Die Bruttemperatur im Stock liegt zwischen 34 und 36 Grad. Die Bienen kühlen mit Wasser. Sie erhalten die Temperatur aufrecht, indem sie ihre Muskulatur bewegen, ohne mit den Flügeln zu schlagen. Wenn es drinnen zu heiß wird, sitzen sie vor den Fluglöchern und fächeln kalte Luft in den Stock.“
Kundschafter suchen nach einer neuen Bleibe
In Hagen gibt es drei Imkervereine: Hohenlimburg, Haspe und Hagen. Zusammen mit dem Imkerverein Voerde bilden sie den Kreisimkerverein.
Schlüpft in einem Stock eine neue Königin, bildet die alte Königin einen Schwarm. Kundschafter werden auf der Suche nach einer neuen Heimat ausgeschickt.
Der Imker versucht das Ausschwärmen eines Volkes zu verhindern. Gelingt das nicht, muss er es wieder einfangen.
Ein paar Schritte nur vom Lieblingsplatz entfernt, Gesichtsschutz abstreifen, Terrassentür auf, hinein ins Wohnzimmer, wo zwei Wespen nervend ihre Runden ziehen. Remmert holt ein Glas Honig hervor – ein reines Naturprodukt, ohne jeden Zusatz. „Probieren Sie mal - schmeckt köstlich.“
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